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Manchen, 6, Juli 1914.

Beilage znr „Werkstatt der Kunst" (E. A. Seemann, Leipzig).
Erscheint !4tägig unter Leitung von Maier Prof. Ernst Berger.

X. jahrg. Nr. 21,

Inhalt: Ad. Bayersdorfer: Ueber das Pettenkofersche Regenerationsverfahren. — Kaiendermaterei. Von
Chr. Mangold. — Das Bössenrothsche Temperapasteli und die Pastellüxage.

Ad. Bayersdorier: Ueber das Pettenkofersche Regenerationsveriahren*')

Vorbemerkung.
Bekanntlich sind kürziich 50 Jahre verflossen, seit
Max v. Pettenkofer sein berühmtes Regenerationsver-
fahren bekannt machte. Von dem Meinungsstreit, der
sich darüber baid hernach entspann, gibt der hier wie-
der abgedruckte Artikel des vor einem Jahrzehnt ver-
storbenen Konservators der Kgl. Pinakothek, Dr. Ad.
Bayersdorfer, einen interessanten Beitrag.
Herr Direktor Foltz**) hatte den vortrefflichen
Satz aufgestellt, dass an Bildern so wenig ge-
macht werden müsse als möglich; ein wirklich
verdorbenes Bild könne nicht mehr hergestellt
werden, und was auf einem Bilde von Rembrandt,
Rubens usw. nicht mehr vorhanden sei, das könne
eben nur wieder der Meister und kein Restau-
rator der Welt ergänzen, und wenn er auch alle
Meister bis auf die Pinselführung studiert hätte,
wie es Herr Förster***) wünscht. Was mecha-
nisch beschädigt sei, solle ergänzt werden; je-
doch mit absoluter Schonung des Vorhandenen,
und zwar nur, um die gestörte Harmonie herzu-
stellen und durchaus ohne die quasi betrügerische
Absicht, das Auge über diejenigen Teile zu
täuschen, welche als von Meisterhand herrührend
erhalten geblieben sind. Wenn also die Er-
gänzung sichtbar bleibt, so ist dies, vorausgesetzt,
dass sie mit Pietät gegen die erhaltenen Teile
*) Der Artikel erschien 1869 in der Zeitschrift
„Walhalla" und ist wieder abgedruckt in Ad. Bayers-
-dorfers Leben und Schriften. Aus seinem Nachlass
herausgegeben. München 1902. S. 285.
**) Historienmaler, geb. 1805 in Bingen, gest. 1877
in München. Von 1865 —1875 war er bayer. Zentral-
gemäldedirektor. Seine Restaurationen alter Bilder
wurden viel besprochen und erfreuen sich zum Teil
heute noch eines zweifelhaften Rufes. (Anmerkung
d. Herausgeb. von Bayersdorfers Leben.)
***) Meiningscher Rat Förster, Verfasser einer
tendenziösen Broschüre „Ueber den Verfall der Restau-
ration alter Bilder in Deutschland und Protest gegen
das Pettenkofersche Regenerationsverfahren".

verfuhr, eher zu loben als zu tadeln. Nach dem
vernünftigen Grundsätze des Direktors Foltz sollen
die Bilder, von denen natürlich der Einfluss der
Zeit auf die Dauer nicht abgewendet werden
kann, in einem möglichst guten Zustand erhalten,
nicht aber verbessert werden und als Arena für
Falschmünzerkunststückchen eines Restaurators
dienen. Um einer grossen Anzahl trocken und
unklar gewordener Bilder die nötige Nahrung zu
geben, wurden sie mit Kopai'va-Balsam einge-
rieben, nachdem man sie, wo es nötig war, vor-
her mit einem feuchten Schwamme gereinigt hatte.
Das Pettenkofersche Verfahren wurde deshalb
so selten angeordnet, weil es sich als ein sehr
mechanisches nur äusserst -selten zu einer sum-
marischen Anwendung eignet, und eine partikulare
Anwendung eine durch die ungleiche Beschaffen-
heit der Oberfläche der meisten Bilder gebotene
äusserste Vorsicht erheischt, und schliesslich ein
Resultat ergibt, das auch auf anderem Wege mit
gleicher Sicherheit erreicht werden kann. Bilder,
die einige hundert Jahre alt sind (und um solche
handelt es sich ja), haben im Laufe der Zeit eine
Anzahl von Prozeduren durchzumachen gehabt,
die bald gleichmässig das ganze Bild, bald ein-
zelne Teile betrafen, die verschiedenes Material
an Oelen, Firnissen und Farben benutzten und
deren komplizierte Wirkung den gegenwärtigen,
gar nicht mehr zu kontrollierenden Zustand be-
gründete. Zudem sind die Gemälde der hollän-
dischen Kleinmeister (und das ist ja das alte
Schmerzenskind der Restauration) mit den raffi-
niertesten Feinheiten des Traktaments, dessen
künstlerische Einheit neben und trotz der Ver-
schiedenheit in der materiellen Textur der Schichten
besteht, an verschiedenen Teilen eines Bildes ver-
schieden, je nach der beabsichtigten Sinnenfällig-
keit mit den subtilsten Kombinationen von Grund-
 
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