Mitteilungen des Württembergischen Kunstgewerbevereins (2.1903-1904)

Von 6. f. Berner.

M. j(. Gradl, Stuttgart. Brötchen. Silber, l u. 2 mit Steinen und 6maü, geftanzt, 3 gegoKen.

Gifenarbeit febön ift, dafs es lieb auch für eine fUberne oder
goldene Brofcbe eignet und konfluieren Scbmuckfacben, die mehr
den Gindruck machen, als wären Tie beftimmt, Eaften zu tragen,
als dazu, als Schmuck getragen zu werden. Bier wie dort fehlt die
Grkenntnis für den Hufbau, für die Grundlagen der angewandten
Kunft, die JJnpaffung an Zweck und Material.

Das gerunde Bedürfnis nach einfacheren (oegenftänden im all-
gemeinen bat auch in der feinmetallinduftrie einfache Hrbcitcn
gezeitigt.

Hn öegenftänden aus Gdelmetall möchte ich aber doch mehr als
nur reine fcbmuchlofe Konftruktionsformen, denn es liegt gewiffer-
mafsen die Bedingung im Material, dafs es weder primitiv noch
ingenieurmäTsig einfach ausgebildet wird.

Ich habe weiter oben geragt, dafs die JVIafcbine nicht die Schuld
bat an den <3efcbmacklofigkeiten, die mit ihrer Bilfe fabriziert werden,
fondern der JVIenfcb, der fie mifsbrauebt, alfo derjenige, der eine
Hrbeit, die nicht für die Berftcllung mit der JVIafcbine gedacht ift,
doch mit der JVIafcbine berftellt, oder derjenige, der einen 6egenftand
entwirft, ohne Rückficbt auf die Sigenart der JVIafcbine zu nehmen,
mit welcher der betreffende ©cgenftand vervielfältigt werden foll.
JVIancbmal kommt zwar trotzdem noch etwas ©utes dabei zuftandc,
aber febr oft wird gerade das künftlerifcb ölertvolle dabei verloren
geben. Xüenn zum Beifpiel bei einem Ornament Onterfcbncidungen
find und gerade hierin feine befondere Qlirkung liegt, fo wird diefe
verloren geben, wenn das Ornament für die Stanze umgearbeitet
und deshalb die önterfebneidungen aufgehoben werden müffen. Oder
wenn bei einem Ornament für Bandftickerei die Reinheit der Älirkung
aus der beftimmten Lagerung der fäden, fowie febarfen 6cken und
Spitzen der Umrifslinien refultiert, fo gebt diefe Reinheit verloren,