BILDTRADITION
I. METHODENLEHRE: „IKONOLOGIE"
294 HOOGEWERFF, GODEFRIDUS JO-
ANNES, L’iconologie et son importance
pow l’etude systematique de l’art chretien.
In: Riv. arch. crist. 8, S. 53—82.
9 Abb.
Der Begriff der „Ikonologie“ wird, aus-
gehend von der Bedeutung des Wortes bei
Cesare Ripa (zuerst 1593), von der Ikono-
graphie unterschieden und als „semantique
des symboles“, d. h. als Deutung des inten-
dierten Bildinhaltes charakterisiert. Daraus
ergeben sich gewisse methodische Forde-
rungen: die Deutung, die aus dem Bild
allein nicht abgelesen werden kann, bedarf
der Ergänzung durch das literarische Zeug-
nis; zur ikonologischen Interpretation
christlicher Bildwerke müssen ferner Doku-
mente anderer Religionen herangezogen,
und außer der christlichen Liturgie, Hagio-
graphie und Kirchengeschichte muß die Ge-
schichte des Aberglaubens berücksichtigt
werden. An dem Beispiel einer solchen
Interpretation, das der Vf. gibt, wird klar,
daß die Ikonologie zu einer Reihenbildung
verwandter Monumente führt, die der nach
formalen, stilistischen oder ikonographi-
schen Gesichtspunkten orientierten Kunst-
geschichte fremd ist (z. B. Apsis-Mosaik
von S. Giovanni in Laterano — Genter
Altar ■— Raffaels Disputa als Beispiele der
Vereinigung von sog. Deesis mit symbo-
lischen Darstellungen der Eucharistie). Als
vollkommener Vertreter der Ikonologie
wird Male hingestellt; unter den übrigen
modernen Autoren, deren Methode im
Hinblick auf die Ikonologie besprochen
wird, wird Warburg als derjenige zitiert,
der als erster wieder das Wort gebraucht.
Für seine Methode aber erscheint der so
definierte Begriff der Ikonologie doch zu
eng, da Warburg sich nicht auf die Entziffe-
rung von emblematischen Bildsymbolen be-
schränkt, sondern auf den dahinterliegenden
Prozeß der Bildprägung und Bildverwand-
lung, und damit auf die Funktion des Bildes
innerhalb der Gesamtkultur zurückzu-
gehen sucht. Die Rolle, die die Antike durch
ihre Bedeutung als einer der Hauptinhalte
der europäischen Bildung gerade bei dieser
Art der Interpretation zu spielen hat, wird
von Hoogewerff gestreift, aber nicht aus-
führlich erörtert. G. B.
DOBSCHÜTZ, ERNST VON, Vom Ver- 295
stehen in der Kunst (Zur Darstellung des
Unsichtbaren). In: Forschungen zur
Kirchengeschichte und zur christlichen
Kunst. (Johannes Ficker zum 70. Ge-
burtstag.) Leipzig: Dieterich. S. 139
bis 154. Mit 2 Abb.
Daß zum Verstehen von Werken christ-
licher Kunst die Kenntnis der Darstellung
unerläßlich ist, wird an einigen ikono-
graphischen Beispielen belegt. So wird
etwa die Darstellung des Traumes des
Pharao (S. 148!.) von der Maximians-
kathedra über die Wiener Genesis bis zu
Raffaels Loggien verfolgt. E. K.
EVANS, JOAN, Pattern. A study of orna- 296
ment in Western Europe from 1180
to 1900. Vol. 1. 2. Oxford: Claren-
don Pr.
Nach der Einleitung will die Vf.
unter „Pattern" jede rhythmische Wieder-
holung gleichförmiger oder ähnlicher Ein-
heiten auf einer begrenzten Fläche ver-
standen wissen. Das ließe also auf die
Behandlung reiner Schmuckformen schlie-
ßen, die an sich abstrakt oder wenig-
stens in einem Sinne verwandt sein könn-
ten, der jede inhaltliche Bedeutung aus-
schlösse. Die Verf. dehnt aber ihr Thema
auch auf die Behandlung der menschlichen
Figur aus, sie bezieht auch die Fälle ein,
in denen nicht eine bedeutungsgleiche Fi-
gur rhythmisch wiederholt wird, sondern
I. METHODENLEHRE: „IKONOLOGIE"
294 HOOGEWERFF, GODEFRIDUS JO-
ANNES, L’iconologie et son importance
pow l’etude systematique de l’art chretien.
In: Riv. arch. crist. 8, S. 53—82.
9 Abb.
Der Begriff der „Ikonologie“ wird, aus-
gehend von der Bedeutung des Wortes bei
Cesare Ripa (zuerst 1593), von der Ikono-
graphie unterschieden und als „semantique
des symboles“, d. h. als Deutung des inten-
dierten Bildinhaltes charakterisiert. Daraus
ergeben sich gewisse methodische Forde-
rungen: die Deutung, die aus dem Bild
allein nicht abgelesen werden kann, bedarf
der Ergänzung durch das literarische Zeug-
nis; zur ikonologischen Interpretation
christlicher Bildwerke müssen ferner Doku-
mente anderer Religionen herangezogen,
und außer der christlichen Liturgie, Hagio-
graphie und Kirchengeschichte muß die Ge-
schichte des Aberglaubens berücksichtigt
werden. An dem Beispiel einer solchen
Interpretation, das der Vf. gibt, wird klar,
daß die Ikonologie zu einer Reihenbildung
verwandter Monumente führt, die der nach
formalen, stilistischen oder ikonographi-
schen Gesichtspunkten orientierten Kunst-
geschichte fremd ist (z. B. Apsis-Mosaik
von S. Giovanni in Laterano — Genter
Altar ■— Raffaels Disputa als Beispiele der
Vereinigung von sog. Deesis mit symbo-
lischen Darstellungen der Eucharistie). Als
vollkommener Vertreter der Ikonologie
wird Male hingestellt; unter den übrigen
modernen Autoren, deren Methode im
Hinblick auf die Ikonologie besprochen
wird, wird Warburg als derjenige zitiert,
der als erster wieder das Wort gebraucht.
Für seine Methode aber erscheint der so
definierte Begriff der Ikonologie doch zu
eng, da Warburg sich nicht auf die Entziffe-
rung von emblematischen Bildsymbolen be-
schränkt, sondern auf den dahinterliegenden
Prozeß der Bildprägung und Bildverwand-
lung, und damit auf die Funktion des Bildes
innerhalb der Gesamtkultur zurückzu-
gehen sucht. Die Rolle, die die Antike durch
ihre Bedeutung als einer der Hauptinhalte
der europäischen Bildung gerade bei dieser
Art der Interpretation zu spielen hat, wird
von Hoogewerff gestreift, aber nicht aus-
führlich erörtert. G. B.
DOBSCHÜTZ, ERNST VON, Vom Ver- 295
stehen in der Kunst (Zur Darstellung des
Unsichtbaren). In: Forschungen zur
Kirchengeschichte und zur christlichen
Kunst. (Johannes Ficker zum 70. Ge-
burtstag.) Leipzig: Dieterich. S. 139
bis 154. Mit 2 Abb.
Daß zum Verstehen von Werken christ-
licher Kunst die Kenntnis der Darstellung
unerläßlich ist, wird an einigen ikono-
graphischen Beispielen belegt. So wird
etwa die Darstellung des Traumes des
Pharao (S. 148!.) von der Maximians-
kathedra über die Wiener Genesis bis zu
Raffaels Loggien verfolgt. E. K.
EVANS, JOAN, Pattern. A study of orna- 296
ment in Western Europe from 1180
to 1900. Vol. 1. 2. Oxford: Claren-
don Pr.
Nach der Einleitung will die Vf.
unter „Pattern" jede rhythmische Wieder-
holung gleichförmiger oder ähnlicher Ein-
heiten auf einer begrenzten Fläche ver-
standen wissen. Das ließe also auf die
Behandlung reiner Schmuckformen schlie-
ßen, die an sich abstrakt oder wenig-
stens in einem Sinne verwandt sein könn-
ten, der jede inhaltliche Bedeutung aus-
schlösse. Die Verf. dehnt aber ihr Thema
auch auf die Behandlung der menschlichen
Figur aus, sie bezieht auch die Fälle ein,
in denen nicht eine bedeutungsgleiche Fi-
gur rhythmisch wiederholt wird, sondern