Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
/

>

Einführung 26

3. Traditionelle Vorstellungen von Krankheit in Sri Lanka

Bevor die moderne westliche Medizin in Sri Lanka eingeführt
wurde, folgten die Vorstellungen über Gesundheit und Krankheit
dem indischen Modell von der Zusammensetzung des menschlichen
Körpers. Danach war die Gesundheit vom mengenmäßigen Gleichge-
wicht dreier Kategorien von Substanzen des menschlichen Körpers
bestimmt: dem Vind (Atem, Gase, u. S.), Schleim und den Säften, zu
denen auch Blut und Galle gehören (Obeyesekere 1969:175). Ein
Zuviel oder Zuwenig an einer oder mehreren dieser Substanzen, ein
Ungleichgewicht, führte zu Störungen der Körperfunktionen und
damit zur Krankheit (Kapferer 1979:110, 1977a:94, 1983:51;
Obeyesekere 1969:175, 1970:293f). Die Sammelbezeichnung für
Krankheiten, die auf der Verwirrung der Substanzen beruhen, ist
tun dosa, 'the three troubles'.

Für die Störung sind bestimmte Faktoren verantwortlich, die im
aligemeinen mit dem Essen und Hitze und Kälte zu tun haben.
Nahrung wird unter dem Gesichtspunkt ihrer erhitzenden oder
kühlenden Wirkung in Kombination mit der Tageszeit, zu der sie
genossen wird, betrachtet (Kapferer 1979:111, 1983:51). Kühlend
sind meist wasserhaltige oder säuerliche Speisen; sie sollten
demzufolge zu warmen Zeiten des Tages gegessen werden. Umgekehrt
ist es mit den erhitzenden, rötliche Früchte, rotes Fischfleisch
und Fleisch. Reis ist neutral, überhitzung, vor allem mittags und
frühabends, führt zu einem Überschuß der Säfte und infolgedessen
Fieber, beschleunigtem Puls und Kopfschmerzen, in schwereren
Fällen auch zu Magenschmerzen und einer Störung der Reproduk-
tionsorgane. Eine Unterkühlung, die vor allem am frühen Morgen
ihren Anfang nehmen kann, resultiert in zuviel Schleim, Frösteln,
Erkältungen, verschleimten Bronchien und Exkrementen, bis hin zu
weißen Hautpustein. Das Essen von gebratenen oder in öl
zubereiteten Speisen kann um Kitternacht die dritte Kategorie,
nämlich die Winde, in Unordnung bringen. Man leidet dann unter
Verdauungsbeschwerden, Übelkeit, Magenkrämpfen, Durchfall und
Blähungen, aber auch an Gliederschmerzen (Kapferer 1983:51).
 
Annotationen