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Die Zeremonien

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2.: Die großen Zeremonien

Die großen Zeremonien sind ausgesprochen spektakulär, so daß sie
schon früh beschrieben wurden und später zum Forschungsgegen-
stand mehrerer Ethnologen und Anthropologen geworden sind. Ihre
Gestaltung ist aber so komplex, daß es zwar etliche Beschrei-
tungen davon gibt, jedoch nur wenige sich an die Aufgabe machten,
die vielen darin enthaltenen Bedeutungen herauszuarbeiten und zu
analysieren.

Erste Zeugnisse von diesen Zeremonien gibt es in dem Bericht
eines Engländers, James Ryan, der mehrere Jahre auf Ceylon als
Gefangener verbracht hatte und nachher seine Erlebnisse nieder-
schrieb, die später von E. Knox unter dem Titel: A Historical
Relation of Ceylon herausgegeben wurden. Der Oriental Translation
Eund veröffentlichte ein singhalesisches Gedicht, das ein
kritischer Missionar übersetzte und kommentierte, und das -sieh
*tn§ eine Reihe der in Sri Lanka existierenden Dämonenfiguren
sowie ihre Behandlung innerhalb eines Rituals beschreibt.
Diesen und weiteren Schilderungen ist gemein, daß in ihnen die
Zeremonien, die sie beschreiben, als Aberglauben betrachtet und
dementsprechend negativ beurteilt werden. Mehr Verständnis, und
damit auch ein wesentlich größeres Interesse für sie, brachte
hingegen Paul Virz auf (1941), der sie gleichberechtigt und
ausführlich neben anderen, unter der ländlichen Bevölkerung Sri
fcankas üblichen, Ritualen schilderte. Im Zuge der Viederentdeckung
der eigenen Kultur gab der Singhalese Sarachchandra dann 1952
ein Buch heraus, das sich allgemein mit den dortigen traditio-
nellen Formen des Schauspiels beiaßt, unter anderem auch mit den
^ämonenzeremonien, insofern sie Episoden von darstellerischem
Charakter enthalten.

Gananath Obevesekere begann dann mit der Untersuchung der
Bedeutung dieser Zeremonien für die Menschen, die sie aufführen
oder aufführen lassen. Als Psychologe aus der Schule Freuds legte
sr den Akzent vor allem auf die Möglichkeit, durch solche Riten
psychische Konflikte auszudrücken und zu handhaben (1969; 1970b;
 
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