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V.

Höhepunkt und Ende der Barockzeit
Die Geschicke des Reichs und die Deuisci^en Ro^ns
Das Zeitalter des dynastischen Absolutismus, welches künstlerisch
seinen Ausdruck im Barock gesunden hat, war der Entwicklung des
Deutschtums in Rom nichts weniger als günstig. An Zahl ihrer Mit-
glieder wie hinsichtlich des Umfangs und der Bedeutung ihres Wir-
kens ist die deutsche Siedelung am Tiber zwar nicht zurückgegangen,
vielmehr hat der Zuzug an ständigen Insassen wie an zeitweiligen Be-
suchern aus dem Reich eine Steigerung erfahren; jedoch hat der völ-
kische Zusammenhang der Deutschrömer untereinander und mit dem
Mutterland in beklagenswerter Weise abgenommen. Wie konnte es
auch anders sein zu einer Zeit, da das deutsche Nationalgefühl auf
seinen tiefsten Stand gesunken, ja der Mehrzahl der Reichsangehörigen,
den Fürsten wie dem Volk, gänzlich abhanden gekommen war? Das
starke völkische Selbstbewußtsein, welches am Ausgang des Mittel-
alters noch die Deutschen auf den Sieben Hügeln erfüllt und zu selb-
ständigen genossenschaftlichen Bildungen der Stammesgemeinschaft
angetrieben hatte, war durch die kirchlichen Streitigkeiten, in denen
das Reichsoberhaupt die Partei des Papsttums gegen die eigenen Unter-
tanen ergriffen hatte, erschüttert und durch den Dreißigjährigen Krieg
vollends zerstört worden. Das unselige Erbübel des deutschen Volkes,
der Hang zur Uneinigkeit, gefördert durch die selbstsüchtigen Macht-
bestrebungen der einzelnen Landesfürsten, die sich nicht schämten,
ihren Vorteil im Bündnis mit dem reichsfeindlichen Ausland zu suchen,
hat im Mutterland eine ohnmächtige Zerrissenheit geschafsen, die
naturgemäß auch unter dem Deutschtum im Ausland ihre auflösende
Wirkung ausübte. Einsichtige Politiker des Auslandes, Freunde wie
Feinde, haben diesen schwachen Punkt im deutschen Wesen sehr wohl
erkannt; ein diplomatischer Vertreter des Herzogs von Pfalz-Neuburg
in Rom, der Italiener Pierucci, nahm im Jahre 1676 einmal Anlaß,
seinem Herrn die Anerkennung dafür auszusprechen, daß er sich auf
die Seite des Kaisers gestellt hatte, und fügte den eine tiefe Wahrheit
enthaltenden Satz bei: Wenn das Deutsche Reich einig ist, braucht es
niemand zu fürchten! Eine einfache Weisheit, deren Nichtbeachtung
immer wieder bis in unsere Tage das schwerste Leid über Deutschland

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