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VII.

Klassizismus und Altertumsforschung unter
deutscher Führung

DcasscMand und das A/tcrtam
Wenn ein Staatsmann und Feldherr wie Friedrich der Große den
Ausspruch getan hat, er gäbe gern eine Rippe her, wenn er dasür einen
Ritt über die Via Appia machen könnte, so ist damit in der kürzesten
und kräftigsten Form die Verehrung für die Antike und die Sehnsucht
nach dem Schauen der Denkmäler von Roms Macht und Größe aus-
gedrückt, wovon in Deutschland alle erfüllt waren, die sich eine höhere
Bildung angeeignet hatten. Seit unser Vaterland sich von den Wunden
des Dreißigjährigen Krieges erholt hatte, lebte die wissenschaftliche
Beschäftigung mit der Kultur der Römer und Griechen von neuem auf,
die Gelehrten der stammverwandten Niederlande waren darin voran-
gegangen. Fürsten und wohlhabende Adelige sahen auf ihren Reisen
die Werke alter Kunst mit eigenen Augen und brachten davon nach
Deutschland, was ihnen zu erwerben möglich war; an unseren Hoch-
schulen, vornehmlich in Göttingen, Halle und Leipzig, wurden die alten
Sprachen und ihre klassische Literatur zum Gegenstand liebevollen
Versenkens und gründlicher Forschung gemacht, Philosophie und
Ästhetik zeigten neue Wege und Gesichtspunkte zur Betrachtung der
Werke der Alten. Haben uns die Italiener seit der Auflebungszeit im
15. Jahrhundert die Bekanntschaft mit diesen vermittelt, so hat deut-
scher Geist ihnen als Gegengabe die systematische und kritische Er-
forschung des gesamten unschätzbaren Kulturerbteils von Hellas und
Rom dargeboten, und Deutsche sind in der klassizistischen Kunst wie
in der Altertumswissenschaft auch in Italien für geraume Zeit als die
Führer anerkannt und geehrt worden. Rom war die reiche Schatz-
kammer, die der Kunst wie der Wissenschaft das Material zu dieser
Entwicklung gab, auf dem Wege über die römischen Künstler der Auf-
lebungszeit gelangte man zu den unvergänglichen antiken Vorbildern
zurück, die durch den Barockgeschmack entthront worden waren, über
Rom fand man den Zugang zu der reineren Urquelle der hellenischen
Kultur. Darum hat der große Preußenkönig, dem es selbst nicht ver-
gönnt gewesen ist, die Ewige Stadt zu sehen, seinen Baumeister Kno-

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