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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1867

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No. 15-26 (2. Feburar - 28. Februar)
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Eciein . wöchentlich s8 Mal: Dienstag, :

: “iir .

Hrrgjrkss. und Sotnſtag. ;



* gammercröffuungci ;
Uh „Biel Geschrei und wenig Wolle..

Nachdem die Waffen im Felde ihre Arbeit gethan nud nut-
"mehr für einige Zeit in die Ecke geſtellt sind, beginnen die p a r

lamentariſchen Kämpfe von Neuem. Ueberall werden die
Volksvertretungen einberufen. So ift in England das Parlament
. wied er zuſarmmmengetreten,.
wie fie nichtsſagender ni icht hätte sein können, was
den Beweis liefert, daß England gleichfalls in der großen Politik
völli g nuichtsſagend geworden ift. zur n Glück darf hier a aber wenig-
ſtens. das Parla it;; noch etwas. ſagen, was in vielen andern
Volksvertretungeir uicht der Fall iſt, insbeſondere nicht in Fr tank:
"reich, wo sleichfalls. eine officielle Rede. aus kdiſerlichem Munde vor

"dert wieder ji iſammengerufenen gesetzgebenden rei vom Stapel

’gelaſſen worden | iſt. Napoleon hat, wie wi:
flte dli ch geſprochen,, –~ zugleich aber auch hat er mit großarti-
gen Pra thleréies um ſich' gewott fen, die Angesiéhts der [Thatſachen,

Angesichts der Blamage, die ſich von allen Seiten auf die napolego-

niſche pelt zuſammenhäusſt, bei andern Staaten nur bittere Ge-
fühle und bei den Franzoſen selbſt Hohngelächter veranlaſſen kön
Den. So muß es in Berlin mit Recht die höchſte Erbitterung er-
"regen, wenn Herr Bonaparte von sich rühmt: „„Jch habe keine Sol-
daten unter die Wafſen gerufen, ich habe kein Regiment vorrücken
laſſen, und dennoch hatte Frankreichs Stimme ſö viel Gewicht, daß
sie den Sieger vor den Thoren Wien's aufhielt.“ Wie schlecht paßt
zu dieſer großartigen Renommage die unbezweifelte Thatsache, daß
Nadholeon für die preußiſchen Einverleibungen in Nord- und Mit-
. teldeutſchland Compenſationen auf deutſchem Boden,. am Rhein ver-
"langtie, mit seinen Anforderungen aber abgewiesen "wurde und die
gHurückiveiſung sich ſtillſchweigend gefallen ließ! Auch iſt es für
" Preußen keineswegs ſchmeichelhaft, wenn er von diesem nichts An-
deres hervorzuheben weiß, als. daß es sorgfältig alles vermeide,
was die französische Empfindlichkeit t Ero könnte. Das ſind
[Dinge, die man in Paris nicht glauben und über die man in
Berlin lachen und dabei denken wird: wir laſſen den Prahlhans
pvrahlen ſo viel er will – was ſchadet's uns?

_ Nicht minder empfindlich wird die Mexiko betreffende Stelle

in Amerika aufgenommen werden, da sie eine noch plumpere Un-
wahrheit enthält; denn es ist offenbar gerade das Gegentheil des

Geſagten wahr: Napoleon wäre nicht abgezogen aus Mexiko,
"wenn ihm die Amerikaner nicht gedroht hätten, sie würden seine
"SCruppen ‘in's! Meer! werfen, während Er thut, als ob er längst
Mexiko wieder hätte räumen wollen, wenn er nicht aus Rückſichten
auf den Ruhm Frankreichs seine Truppen hätte dort laſſen müssen,
da die Waffenehre es nicht zugelaſſen habe, auf amerikauiſche Droh-
ungen hin Reißaus zu nehmen.

. Was das angebliche Zuſammengehen Frankreichs mit Ruß-

. land in der orientaliſchen Frage betrifft, so iſt das eine unwahre
Phraſe, die Niemand glaubt, und das Geschwätz von der Rolth-

wendigkeit der Größe Desterreichs wird in Wien durchaus keine
heißblutigen Hoffnungen anregen, weil ja Napoleon, wenn er

dieſe „Größe“ ernſtlich gewollt, nicht seit fast einem Jahrzehnte auf

“Hie Zerstückelung Deſterreichs hingearbeitet hätte.

.: Stärker iſt die Stelle, welche sich auf die weltliche Herrſchaft
des heiligen Vaters bezieht. Hier droht Napoleon den Demagogen
und ihren Beſtrebungen, die weltliche Herrſchaft des Papstes um-
zuſtürzen; er glaubt, Europa könne nicht dulden, daß in die kath.
ÑDVWelt Verwirrung hineingetragen werde. Warum ſpricht aber Na-
_ poleon von „Europa,“ das in letzter Zeit überhaupt alles zu dulden
gewohnt iſt, + warum ſagt er nicht gerade heraus: „Frantrei ch“
wird es nicht dulden, daß der Rest der weltlichen Herrſchaft des
i! Papſtes aufhören soll? Er ſagt dies nicht, weil es eben auch nur
eine Phraſe iſt, die er für nöhtig findet, um das kath. Volk der

_ Provinzen zu beruhigen, das einſt Napoleon's Wahl durchge-
iti. setzt hat und nunmehr an t ihn irre zu werden beginnt.

j Phrafen bewillkommnet E;: werden im norddeutſchen Bunde
. die Wahlen für das neue Parlament vorgenommen. Beide par-
§..; lamenlt tariſchen Körper werden aber nichts zu ſagen haben, sie sind
nur zum Sgein und i: Blendwerk des großen Haufens da,
der ſich einbildet, wenn er wähle, habe er auch etwas an der

| zutitk 19 \ Februar

fs des Staates mitzuarbeiten.
Iden Abgeordneten das Interpellationsr ‘echt weggenommen und ihnen

und die Köni! in hat eine Rede ge halten, j
zugleich auch.

ſchonmittheiltel, tt >





Preis vierteljährl. 40 kr. ohne
Trägerlohn u. Voſtausschlag.
Inſ.-Geb. 2 kr. die Petitzeile.

" md P Tais

.f.







In Frankreich hat man

damit ein Schloß vor den Mund gehängt; im Parlamente Bis-
q tarc’s wird die Freiheit der Berichterſtattung verweigert, damit
das Geſprochene, went es unſanft | berühren ſsollte, nicht in die
weiteren Kreiſe des Volkes dringen könne. also virat Hoch, die
es Freiheit foll leben!

Und was haben.wir unt erdeſſen in f Ph iben und den andern



ſüddeuiſchen Staaten zu ihun?k Je nun, nian wird 1 nächſ tens auch
bie Kammern einbe erufen, bei uns vielleicht ſogar tte alte, bereits
ge eſchloſſen und’ todt gtalaubie, un uns „freiheitliche Ent-
jyickel ung.“ zu bringen. oder r f ige heilſame Dinge? ~ ach nein!
nur urt noch eine größere V piu von Soldaten auf die Beine zu
tell nnd daflir die rbit f en Velder decretiren zu loſſen. Alſo
heraus mit der im : übe rflüſ siiger u lde!



Süvd eutſch! land,
'N .t11:6:

* Heid:lber Febrx Daß das Ergebniß der Stuttgarter
Conſerenz nach conſtitutionellen Grundſätzen por die Kammern der
betveffenden Staaten zur verfaſlungsmäßigen 3 Zustimmung des Vollks-
vertretungen. gebracht. werden muß, verſteht ſich von ſelbſt und findet
auch unſeres Wissens hierüber nirgends eine Meinm ngsverſchieden-
heit statt. Da kommt nun der Allervweltscorre ejpondent in der. Hei-
delberger Zeitung und wirft die Frage auf, ob der neu zu wählende
Landtag oder der alte, bereits geſchloſſene die Stuttgarter Convention
für unſer Land gutzuheißen habe. Er erklärt sich entſchieden für
den alten Landtag, obgleich er geſchloſſen und gestorben iſt. Aber
auch die vielfach verlangte Kammerauflöſung berührt der Corresſpon-
dent in geringſchätzig hingeworfener Weiſe, als Beweis, daß er durch-
aus nichts von einer ſochen wiſſen will. Nun ſind aber die Stutt-
garter Verabredungen das Wichtigste was für unser Land ſeit vielen,

vielen Jahren geſchehen iſt, und wenn sie sogar weiter nichts ent-

hielten als die Vermehrung unſeres Armeebesſtandes auf 40,000
Mann und damit die weitere höchſt bedeutende Belaſtung unseres
ohnehin ſehr großen Kriegsbudgets. Und darüber soll die alte Kam-
mer, die noch aus den 40er Jahren herſtammt, entſcheiden, obgleich
die lange Zeit wie die Masse der großen politiſchen Begebenheiten
zur Genüge darthun könnten, daß dieſe Kammer das Vertrauen
einer anderen, ihr fremd gewordenen Generation unmöglich beſitzen
kann!? Kammerauflöſungl ſollte jezt das Loſungswort aller un-
abhängigen Männer werden und das neue Regime ſollte nicht am
wenigſten darauf bedacht sein, durch eine Appellation an's Volk die
oft bestrittene Frage zur Entscheidung zu bringen, ob es das Ver-
tranen des Landes besitzt und seine specifiſch-preußiſche Politik nach
Außen wie ſeine Siſtirungspolitik nach Innen den Wünſchen der
badiſchen Bürger ent ſprechend iſt. Dem Allerweltcorreſpondenten allein
freilich iſt es nicht zu verargen, wenn er von einer Kammerauflöſung
nichts wisſ ſen will; er weiß warum und eifert deßhalb so gewaltig
dagegen, ja ſogar sür die Wiederauferſtehung des alten begrabenen
Landtags : denn seine Zeit hat ausgeſpielt, er wird sicher nicht wieder
gewählt, und indem er daher für die alte Kammerliebe in die
Schranken tritt, ſpricht er zugleich für den Fortbezug seiner Diäten
und für die durch den Landtag ermöglichte Vermehrung seiner Cor-
reſpondenzen, die wohl auch ein artiges Stücklein Geld einbringen
mögen, ganz zu ſchweigen von dem Ruh m, von dem die Frau Ge-
vatterin bei Nadler sagt:
„Der Ruhm, Fra Bas, is aach was werth !“

c Heidelberg, 15. Febr. Die eminente faſt an Einſtim-
migkeit gränzende Mehrheit, welche sich bei der Parlamentswahl
in Frankfurt für Ro t h ſchild erklärt hat, kann ni..t verfehlen,
allenthalben lebhaste Sensation zu erregen. Wir sehen daraus,
wie wenig Bodén die preußiſche Partei in der alten Reichsstadt
gewonnen hat. Insbesondere herrſcht dort, wie uns mitgetheilt
wurde, die größte Erbitterung gegen die gothaer Partei und die
preußiſchen Liberalen, die jahrelang den Kampf gegen die nackte

„\ Gewalt und die Reaction führten, um dann über Nacht in's feind-
HYWähxrend auf diese Weiſe- die franzöſiſchen Abgeordneten mit

liche Lager überzulaufen. Mit Recht pflegt man sie deßhalb in
Frankfurt nicht anders als die „Sch wätzer“ zu nennen. Man
weiß, daß Rothschild das größte Verdienſt um Frankfurt hat und
daß seiner energiſchen Einsprache es hauptsächlich zuzuſchreiben iſt,
daß Frankfurt die zweite ihm auferlegte, ganz exorbitante Kriegs-

ſteuer nicht hat zahlen müsſen, –~ ein Beweis, daß man eben
 
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