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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1867

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No. 27-39 (2. März - 30. März)
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Seit dem Bestand der Erzdiöcese Freiburg haben wir keinen
ähnlichen Jaſtenhirtenbrief aufzuweiſen, wie den dießjährigen mit

Hirtenbrief iſt ein Kind unſerer Zeit. Diese hat ihn dem greiſen
Öberhirten eingegeben und wir begrüßen sein, Erscheinen.

Eine unchrisſtliche Zeitſtrömung hat sich mit aller Macht gegen]

das Papſtthum, diesen Mittelpunkt der kathol. Welt, verſchworen,
um demſelben die Göttlichkeit seiner Stiftung abzuſtreifen und

ihm blos jene Daſseinsweiſe zu belaſſen, wie ſie bei den Thronen
weltlicher Machthaber beſteht und auch ~ vergeht. Da zeigt nun
der Hirtenbrief in markigen Zügen aus der Geſchichte, daß das |
Papſtthum wohl eine andere Grundlage haben müßte, als die

hohe Diplomatie ihren Schöpfungen, zu verleihen im Stande
iſt, welche ſehr oft ſchlotternd daſtehen und bei dem geringsten
Stoß zuſammenbrechen und verſchwinden, um nie mehr wiederzu-
kehren. Das Papſtthum ruht auf göttlicher Grundlage, dieß
die eine Seite des Hirtenbriefes. | jut
Haß und Verläumdung haben das Papſtthum und die kath.
Kirche als eine Feind in der Menſchheit hingestellt und die der
geſchichtlichen Unwahrheit dienende Preſſe hat ſtets nur bis in
die niederſten Kreiſe hinein das Papſtthum als einen böſen Un-
hold dargeſtellt, der fort und fort den Giftbecher über die geſell:
ſchaftlichen Zuſtände ausgieße. üircz1N zj:
_ Der Hirtenbrief zeigt in kurzen aber kernigen Umriſſen,. daß
das Papſtthum in ſozia ler Beziehung sich um die Menſchheit
verdient gemacht und ſtatt des Fluches ver gefälſchten Geschichte
des Segen s der Wahrheit würdig sei.. Mit Recht. wird auf. die
zerbrochenen Keiten der Sclaverei hingewieſen und auf die Segens-
quelle der fernen Missionen = ſie allein. ſchon sind vermögend,
dem unparteiiſchen Forſcher überwältigend darzuthun, daß das
stepftthtn: Fire Fsiihtn. gte. Hu <lgen Geſsellſchaft iſt. Dieß
ie andere Seite des Hirtenbriefes.

_ Der böſe Geiſt einer widerchriſtlichen Zeitrichtung hat das
Papſtthum im Bunde mit der Tyrannei gesſchildert, als. ob es
nur eigennütig handle und durch alle Jahrhunderte kriechend und
geſchmeidig den Deſpoten zu Füßen gelegen und über dieſent Bunde
die Religion und Sitte geopfert habe. Ebenſo hat man es ge-
brandmartt, als ſchlachte es auf frevle Weiſe das öffentliche Recht
der Völker, um die Gunſt der Gewaltigen zu ärndten.

B r a ſ ili an i ſ < e N ä ch t e.
Von Dr. Robert Avé-Lallemant.

fz 11111 z) (Fortsetzung.) j

Viel weniger vereinſamt, als solche Waldnacht auf einer Picadentour iſt
ein Biv ouac jim Oberlande des Paranagebietes. Vom Orte
Lages, etwa 3000 Fuß hochgelegen ( Provinz S. Katharina), ritt ich nach der
Estancia dos Indios , deſſen Beſiter mit seiner Familie in einem förmlichen
Blockhaus einen activen und pasſiven Krieg gegen diese Wildniß, gegen den
Anraucarienforſt, Unzen und Wilde oder Bougres führt und denjelben mit
dem Blockhaus, den Grasfeldern und dem Tannendickicht auf ſeine Nachtqommen
vererbt, denn diese urkräftigen Eſtancieiros wanken und weichen nicht zurück,
HGler qeectitctt rerevrtcl! beer die Vorbtrvuns. trutthétr beſte Cfténces ts
dem Unterland ist ungemein schwierig und kann von einem einzelnen Reiſenden
nicht wohl gewagt werden. So ward denn auf der Eſtancia dos Indios eine

Tropa von 25 Maulthieren formirt und mit allen Victualien und Kochge-
ſchirren verſehen ; ein anderer Mulatte, ein Negerbursſche, ein zahmer Indianer
aus den Miſſionen, mein Spahi und enduch ich ſelbſt bildeten die Menschheit ;
worauf läutete eine Stute mit einer Glocke um den Hals, auf welche die
Maulthiere ſeltſam Acht geben und ihr überall hin folgen.. Solche Leitſtute
hat den Namen madrinha, Gevatterin. :

So geht man in die Wildniß hinein über Grashügel, Flüsse, durch
Schluchten und einen ewigen Araucarienforſt, bis die Sonne ſinkk. Nun wird
abgeſattelt, der Rückweg wird verrammelt, + ſonſst rennt die ganze Tropa
davon und nach Hauſe zurück – mindestens ein Zelt aufgeſchlagen, um alles
Gepäck unterzubringen, und dann ein mächtiges Feuer angemacht, zu welchem
man Brennmaterial in Menge vorfindet. Um das lodernde und khniſternde
Feuer werden die Ochsenhäute, mit welchen die Ladung der Maulthiere über-
deckt iſt, herumgelegt, und die Tropeiros beginnen mit großer Kunstfertigkeit
ihr Küchengeſchäſt, wozu, wie ich ſchon sagte, alles mitgenommen worden iſt.

î Auf den erſten Blick wird jeder erkennen, daß die Soirée im Hochl .nd
und im Fichtenwald viel glänzender ausfällt, als das Bivouac auf der Picaden-
î tour. Auf der Ochſenhaut liegt es sich unendlich behaglich; das Essen besteht

aus mehreren Gängen, man kann ſich leichtſinniger Weiſe vollkommen ſait
esſen, und nach dem Kaffee iſt noch Muſik. Der Tropeiro hat gar zu gerne eine
Guitarre bei sich und klimpert ſich gar bald seine Melodie zurecht; der Text

_. Saeutféag hen 9. Märg _

„Da s Papſtthum in der Geſchichte.“ Der

enipfiehlt, weitläufig aus..



1667







Auch hierauf nimmt der Hirtenbrief Bezug, und aus den
vielfachen Geschichtsbeweiſen legt er dar, daß gerade gegenüber dem
Despotismus nur das Papſtthum noch seine Stimme erhob, während
rings um Alles in höfiſcher Unterthänigkeit ſchwieg, Recht, Reli-
gi on und Sitte verläugnend. Mit vollem Fug und Recht wird
auf Pol en hingewiesen. Wer hat sich dieſes gemarterten Volkes

gegen den furchtbarſten Despotismus angenommen ?

î Genug jett. Der Hirtenbrief fällt wie eine Bombe in eine
charakterloſe und verlogene Zeit und wird mit ſeinen gewaltigen
Splittern sicher Manches zu Boden ſchmettern, was seither gegen
das Papſstthum feindſelig fortwucherte.



i Siüiddeutſchland. j
c' Heidelberg, 7. März. Unter der Aufschrift: „Freiherrn
v. der Pfordten's Wirken und Virkungen“ iſt in Frauenfeld ſoeben
eine Broſchüre erſchienen, die insofern Beachtung verdient, als
manche bis jetzt noch unvollſtändig dargeſtellte Begebenheit über die
bayeriſche Politik im vorigen Jahre aufgedeckt wird. Gegenüber den
Angriffen auf die Kriegsführung unter dem Prinzen Cat1l von Bayern
und dem General v. der Tann wird dargethan, daß die begangenen
Fehler nicht dieſen, sondern der politiſchen Oberleitung v. der
Pfordten's zur Laſt gelegt werden müsſen. Die unzulängliche Rüſt-
ung in Bayern, die Vereitelung der Absicht des Königs auf allge.
meine Volksbewafsnung, die Nichterrichtung von Freicorps und über-
haupt das Verhalten Pfordten's, welches jede glühende Volksbe-
geiſterung nicht aufkommen lassen wollte, sind die Hauptangriffs-
punkte gegen den früheren bayeriſchen Minister, der sogar ſich nicht
entblödete, dem Feldherrn seine Politik der „Richtreizung“ zur Richt-

schnur zu empfehlen und „nur keinen Sieg“ haben wollte. Insbe-

fondere wird das Gefecht bei Kiſſingen näher aufgeklärt und in
dieser Beziehung hervorgehoben, daß zwei Befehle des Prinzen Carl
an den General v. Hartmann zum Vorrücken mit seiner Diviſion
nach Kiſſingen durch eine Ordre des Generals v. S., des Chefs der
Operationskanzlei, vereitelt wurden. Am Schluß ſpricht sich die
Broſchüre über die Bildung eines suddeutſchen Bundes, den ſie

* Heidelberg, 6. März. Ein ächt demokratisches Blatt, der
Württembergische Beobachter, erörtert die Vorschläge des Bamberger
Tagblattes in Betreff der Wehrfrage und bemerkt dabei, es sei ihm
das betreffende Blatt als ultramontan bezeichnet. worden,. was ihn
aber durchaus nicht anfechte, da er das Gute nehme woher es.

| wird häufig improviſirt und enthält meiſtentheils glühende Liebeserklärungen

oder Klagen über die Sprödigkeit von Anninha oder Mariquinha. Unbedingt
wird man an den Tannhäuser erinnert, wenn man sſo beim Bivouae in den

„| Tannen bald den Mulatten, bald den zahmen Indianer ein Liebeslied klim-.

pern und singen hört, während man ſich, behaglich auf der Ochſenhaut ge-
lagert mit einer Tasse duftenden Kaffees vor sich, gar leicht zur Größe eines
thüringiſchen Landgrafen hinaufträumt. Aber die Sänger verſtummen bald
einer nach dem andern,; dieſelben Naturmenſchen, die sich zwiſchen ihrem Guitar-
renklimpern eine Menge Schauergeschichten von Unzen und Ueberfällen der
Wilden mit obligaten Todtschlägereien erzählt hatten, ſschnarchen ein sonores
Trio, während mein graubärtiger Spahi, der ſich zwei Orden und drei Schlacht-
medaillen erworben und doch, Gott mag wissen durch welch Vergehen, ein
ganzes Leben verloren hat, reglos wie eine Salzſäule in die Flamme ſtarrt,
oder mit mir vorn seinen Bivouacs im Atlas und den Gefechten gegen Abdel-
kader und die Kabylen erzählt. Gespenſtiſch ſchauen die vom mächtigen Wald-
feuer his zu den dunkelgrünen Kronen hochroth . M
denen viele 5 bis 7 Fuß Durchmesser haben, auf die ſeltſam zuſammengeſetzte
Menſchengruppe hernieder; allerdings befangen schauet man zu ihnen hinauf
und noch viel befangener in den Wald hinein, in welchem die langen Schlag-
ſchatten der nahestehenden Araucarien wunderbare Effecte hervorrufen und wie
erſchlagene Lapithen und Giganten daliegen, während die Tiefe des Waldes
vom Flackern der Flammen bewegt zu werden ſcheivt und vor dem Auge des
müden Reiſenden ſeltſame Gebilde erzeugt; man erblickt recht eigentlich Erl-
königs Töchter am düsteren Ort! (Forts. folgt.)



[Dhne Intervention der Polizei.] Vor kurzem erſchien in einem
Geschäftslocale zu K ö l n eine anständig gekleidete „Dame“ und erbat sich
Lorgnetten zur Ansicht. Als sich nun ein Schaukaſten, , welcher werthvolle
Lorgnetten enthielt, mit ſeinen Schätzen öffnete, hantirte die anständig geklei-
dete „Dame“ mit ihrem feinen Sacktuch herum und ließ selbiges endlich mit
großer Geschicklichkeit auf die Waaren fallen. Als sie es nach einer Weile
wieder aufhob, wußte sie mit absoluter Gewißheit, daß eine Brille mit gol-
dener Einfassung darin verborgen war. Unser Geschäftsmann aber wußte
dieß mit derſelben Gewißheit, und erſuchte, als ſich die „Dame“ empfehlen
wollte, freundlichſt um Bezahlung der mitgenommenen Brille. Mirahile dictu
bezahlte die „Dame"“ und gab der Kaufmann sich zufrieden.
 
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