Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1867

DOI Kapitel:
No. 90-103 (1. August - 31. August)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.43882#0365

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext


§rſcheint wöchentlich 3 Mal : Dienstag,
Donnerſtag und Samſtag.

F

ſür Sladl





* Das Einweihungsfeſt des katholischen Vereins-
hauſes in Heidelberg.

Selten ist wohl ein schöneres Feſt in der katholischen Welt
gefeiert worden, als am 1. August in Heidelberg, das auch die
höchſten Erwartungen übertraf und bei allen Theilnehmern in
unvergeßlicher Erinnerung bleiben wird. Unser Wahlspruch: ut
omnes unum sint (auf daß Alle eins sind), hatte sich bereits beim
Kaufe unseres Hauſes auf's Glänzendſte bewährt, ~ beim Feſte
selbſt kam er erſt recht zu Ehren.

Wie das Programm mittheilte, begann das Fest mit einer
erhebenden kirchlichen Feier. Um '/211 Uhr kündete das Geläute
der Glocken den Gottesdienſt an ; die Kirche, feſilich geſchmückt,
war von einer großen Menge Andächtiger gefüllt und der herrliche
Kirchengeſang, von ausgezeichneten muſikaliſchen Kräften ansgeführt,
erhob Aller Herzen nach Oben. Um 12 Uhr fand die Begrüßung
der Gäste im Vereinslokale durch den erſten Vorſtand, Herrn
Jakob Lindau ſtatt, der die Bedeutung des katholiſchen Vereins-
lebens in beredter Weise hervorhob. Die Herren Domegapitular
Haf ner und Metzgermeiſter Fa lk von Mainz ergriffen sodann
das Wort: Ersterer, um ein anſchauliches Bild von dem groß-:
artigen Jeſte der kath. Welt in Rom zu entwerfen, deſſen Zeuge





_ Redner war, Letzterer, um die kath. Vereine zum festen Zuſammen-

halten zu ermahnen und die Opposition unsrer Feinde gegen die-
ſelben in ihrer ganzen Nichtigkeit zu schildern, die in der Regel
damit anfingen, die Leute auf terroriſtiſche Weiſe einschüchtern zu
wollen, allmählig aber dazu übergingen, gelindere Seiten aufzu-
ziehen und ihnen freien Spielraum zu lassen.

Darauf begab man ſich zur Tafel, an welcher ungefähr 140
Fesigenoſſen theilnahmen, die aus allen Theilen Badens ſowie
aus andern Ländern sich eingefunden hatten. Namentlich waren
Freiburg u. Karlsruhe stark vertreten u. ſelbſt die Seegegend war nicht
ausgeblieben. Aus andern Ländern hatten ſich besonders die wacke-
ren Mainzer zahlreich eingefunden, und ſelbſt die Schweiz, Fran-
kreich und Belgien fehlten nicht. Den erſten Toaſt brachte Herr
Jakob Lindau auf den heiligen Vater, Pius IX., aus, deſſen
lorbeerbekränztes Bildniß den Saal ſchmückte.

Hochgeehrteſte Feſtgenossen!
Theuere katholische Freunde !

Wäre es auch nicht tiefgewurzelte Sitte, bei katholischen Festen
vor Allem des Bandes der Einheit zu gedenken, welches in der
Person des hl. Vaters uns innig verbindet, so würde schon das
Uebermaß der unſer Herz erfüllenden Gefühle es bedingen, den
erſten officiellen Trinkſpruch in unſerem neueröffneten katholiſchen
Geſellſchaſtshauſe, dem hl. Vater in Rom, unſerem innigſtgeliebten
Papſte Pius IX. zu widmen. Ich darf dabei nicht wagen, Ihnen
von deſſen perſönlichen Vorzügen zu sprechen, oder von der herz-
gewinnenden Liebe, von der allbekannten Milde, die sein ganzes
Leben erfüllt und sein dornenvolles Pontifikat so herrlich ſchmückt,
o nein! Dieſe erhabenen perſönlichen Eigenschaften sind Ihnen
alle bekannt, sie werden ihm von allen seinen politiſchen Feinden
zugeſtanden ~ und wollte ich es dennoch verſuchen davon zu re-
den — das Bewußtsein, daß Freunde hier in diesem Saale zu-
gegen sind, die bei dem jüngsten Jubelfeſte in Rom anwesend, das
Glück genossen haben, diese erhabenen Vorzüge des hl. Vaters persön-
lich wahrzunehmen, dieſes Bewußtsein ſchon müßte mich bestimmen

H Ddearauf zu verzithten, in ſchwachen Worten ein ähnliches Bild des
erhabenen Glanzes abzeichnen zu wollen, der die Perſon unseres

hl. Vaters, Pius IX. in einen Heiligenſchein kleidet.

Es dürfte auch wohl geeigneter scheinen, an dem heutigen
festlichen Tage der Stürme zu gedenken, die die Kirche umtoben
und die in wildbrauſenden Angriffen auf den heil. Stuhl ihren
Gipfelpunkt finden. Unter dem Deckmantel Trennung von Kirche
und Staat organisirt sich eine Partei, deren Endziel iſt: Ver-
nichtung der Kirche! Schauen Sie hinauf auf diesen Hügel!

Stolz und erhaben ſtehen da die Ruinen eines prachtvollen Schlos-
ses — noch ſtolz nach ihrem Falle — noch unersſchüttert in ihren
Fundamenten trotzen sie allen Stürmen die sie umbrauſen. Das
Mcheint wie ſo recht ein Ebenbild des vormals chriſtlichen Staates.
_ Noch in seinen Ruinen ſteht er erhaben und die Fundamentſteine
© der Religion ſucht man euch heute zu benützen, weil man sie nicht







Preis vierteljährl. 40 kr. ohne
Trägerlohn u. Poſtaufſchlag.
Inſs.-Geb. 2 kr. die Petitzeile.

und Land.



II EE ISS KT Tf F









entbehren kann bei dem Aufbaue des sog. modernen Staates.
Und am Fuße dieser Trümmer beginnen die Katholiken nun auf
dem Wege der geselligen Vereinigung den geistigen Aufbau des

chriſtlichen Gebäudes. Möge er gedeihen !

Im katholiſchen Kalender steht heute eingeschrieben der denk-
würdige Tag Petri Kettenfeier! Auch heute ſucht man auf dem
ganzen europäiſchen Contiente der Kirche Feſſeln zu ſchmieden,
ſie ins Gefängniß zu werfen und die nöthige freie Lebensluft ihr
zu entziehen! Verehrte Feſtgenoſſen! Auch in unserer Zeit iſt ein
Engel erſchienen, der mit feurigem Schwerte die Feſſeln zerhaut,
die man der Kirche einzulegen verſucht, ein Engel der Liebe, der
Milde, der Festigkeit und Ausdauer zugleich, ein Engel in der
Perſon unſeres allverehrten hl. Vaters Pius IX. Meine Herren,
Sie alle werden mich verſtehen und begeiſtert einſtimmen, wenn
ich ausrufe : Unser heiliger Vater der Befreier der Kirche aus
den Fesſeln des gottentfremdeten Staates ~ Papſt Pius IR. er
lebe lange ~ er lebe hoch, hoch, hoch! Unter endloſem Jubel
ſtimmte die Versammlung in das ausgebrachte Hoch ein.

Den zweiten Vortrag hielt Herr Dx. Biſſing jun. Der-
selbe führte aus, mit wie vielen Schwierigkeiten die Unſsern
in Baden zu kämpfen hätten und wie man ſie nur allzu häufig
als die Feinde des Fürſten und des ſtaatlichen Lebens zu denun-
ciren verſuche. Nichts aber sei ungerechter als derartige bös
willige Anschuldigungen; die Katholiken bekämpften lediglich das
Regime, niemals den Regenten. Die Ankläger seien jene
Menschen, die mit dem Namen der Liberalen (Freisinnigen) ge-
ſchmückt, die in constitutionelen Staaten so nothwendige Oppoſi-
tion nicht zu eriragen vermöchten, jene Menſchen, die ſich ſelbſt
an die Stelle des Fürſten setzen und jede gegen ihre Theorien ge-
richtete Opposition zu einer Majeſtätsbeleidigung stempeln möchten.
Gerade sie aber sollten am beſten den Unterschied von Opponent
und Revolutionär kennen: wir ſeien in der Opposition, jene
seien dagegen von jeher Revolutionäre gewesen und suchten nun-
mehr ihre alten Sünden durch das übermäßige gZurschautragen
einer servilen Gesinnung in Vergessenheit zu bringen. Die Katho-
liken wüßten, was sie der weltlichen Obrigkeit ſchuldig seien,
ſie wüßten die Bedeutung des Wortes der hl. Schrift zu ſchätzen :

„Du ſollſt dem Kaiser geben, was des Kaiſers iſt.“

Und dieſem Grundſatze gemäß habe auch die kath. Kirche in
den Revolutionsſtürmen von 1848 und 49 gehandelt und mit ihr
alle guten Katholiken. Er zweifle, ob die Gegner sich so frei von
aller Schuld wüßten; es ſei ja Thatſache, daß eine Menge unter
ihnen, die jezt in Würde und Anſehen stünden,, zu jener Zeit
majeſtätsverbrecheriſche Handlungen begangen hätten, und die
Meiſten hätten der revolutionären Regierung den Eid der Treue

geſchworen. Wer von diesen Leuten dürfe fich alſo unterfanzen

den erſten Stein auf uns zu werfen ? Die Taktik unserer Gegner,
die das Grundlose ihrer Verdächtigungen wohl kännten , sei aber
einfach die: zu denunciren und zu verdächtigen, damit irgend Et-
was hängen bleibe. Was wollten wir denn eigentlich ? „Freie
Kirche im freien Staate – was kann es Billigeres und Gerech-
teres geben? Jedermann ſoll im Lande nach ſeiner Fagon ſelig
werden ~ iſt das nicht das höchſte Maß der Toleranz? Freiheit-
liche Jnſtitutionen auf staatlichem Gebiete –+ haben denn das die
Feinde ſelbſt nicht früher am lauteſten verlangt? Selbstverwaltung
des Volks ~ wer wagt dagegen zu opponiren? Keine zu große
Steuerlaſt ~ welcher Volksmann ſollte uns nicht zujubeln ? Zer-
brechen des Polizeiſtoces ~ ha! welche Luſt! Und dennoch die
Anfeindungen der Liberalen gegen uns ? Die Ursache liegt einfach
darin: weil die berühmten „Errungenschaften“ meist blos auf dem
Papiere stehen, wir sie dagegen im Leben wahrhaft erringen
wollen, was denen nicht behagt, die mit dem Buchstaben zufrie-
den sind und sich vor dem Geiſte fürchten. Indessen darf uns
dies nicht anfechten, vielmehr müssen wir durch Beharrlichkeit una I
Consequenz weiter arbeiten, – und die Achtung wird auch nicht
ausbleiben für die katholiſ che Volks partei.“ Man ſpreche
ſo viel von Versöhnung der Parteien, wir seien die Ersten die
Hand dazu zu bieten, aber nur dürfe man uns keine Verſöhnung
zumuthen, die eine Fahnenflüchtigkeit an der eigenen Sache vor-
ausseßze. „Aber indem ich ſchließe, habe ich die feſte Ueberzeugung,
daß S. K. Hoheit der Großherzog, an deſſen hochherzige Gesinnung
ich ehrfurchtsvoll appellire, gewiß die geeigneten Wege zu finden
 
Annotationen