Vote über die Preßfreiheit hat, dem jedoch die Hinterwaldnatur
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Ländchens Baden der staunenden Welt zum Besten geben. Kaum
hatte die Constanzer Zeitung der Regierung den weisen Rath ge-
geben, ohne weiteres mit den „ultramontanen“ Oppoſitionsblättern
aufzuräumen, als auch ſchon ein anderes gehorſames Verkündig-
ungsblatt – der Odenwälder Bote ~ ſich beeilte, dem löblichen
Beiſpiele vom schönen Bodensee nachzufolgen und in noch ſtärkeren
Ausdrücken, wobei jedoch das Meiste aus der Conſstanzerin abge-
schrieben iſt, die Regierung zu erſuchen , die ungefügen Oppoſitions-
zeitungen zu Tod zu standrechteln. Sieben Jahre habe die badiſche
Regierung, meint das Odenwälder Licht, mit anerkennenswerther
Langmuth den Spektakel geduldet, ſieben Jahre ſei sie so feſt wie
ein Fels im Meere dagesſtanden, ~ jett aber sei es genug, es
sei in der That nicht mehr zum Aushalten. Herrlicher Odenwäl-
der, liberaler Hinterwäldler! Sieben Jahre lang also muß eine
Regierung „liberal“ sein ~ genau dieser Heitraum iſt für ihre
Freiſinnigkeil der Prüfstein – um hernach unbeschadet ihres fort-
ſchrittlichen Rufes das Standrecht gegen die Preſſe anwenden zu
dürfen! Faſt könnte man meinen, die Regierung sei nach den
sieben Jahren, in denen sie ſtark wie ein Fels dageſtanden, nicht
mehr ein Fels, ſondern habe nöthig, mit außergewöhnlichen , im
Gesetze nicht vorgeſehenen Mitteln die anſtürmende Opposition zu-
rückzuſchlagen. Das kann aber doch wohl der arme Odenwälder
nicht gemeint haben; denn das wäre doch eine gar zu große Grob-
heit gegen die Regierung, der er zu dienen beſtimmt iſt. Was
braucht der Fels, Herr Odenwälder, für besondere Vorkehrungen,
daß die Wasser an ihm ſich machtlos brechen und vertheilen? Wie
edel und liberal denkend der Odenwälder sich ausspricht, davon
eine kleine Probe: „Die Regierung hat Besſeres zu thun, als
fortwährend die kleinen Befzer (so beliebt er unsere Preſſe zu ti-
tuliren) abzuwehren , und das Volk iſt's überdrüssig, sich fortwäh-
rend auf der Lauer zu halten, um nicht bei Gelegenheit gebiſſen
zu werden. Der vorige Sommer hat gelehrt, daß mitunter auch
die kleinen Befzer gefährlich werden können, wenn man ihre Un-
gezogenheit groß wachſen läßt, und da jetzt wieder diese bedenkliche
Hundstagsperiode herannaht, so möchten wir doch um zweckdien-
liche Maßregeln gebeten haben.“ Das nennt man in Baden ,|i-
beral“, das verſteht man in Baden unter Preßfreiheit ! )
Das Lächerlichſte dabei aber iſt, daß der Odenwälder Bote
von „kl e in en Befzern“ verächtlich spricht, er, ein Blatt in Ta-
ſchenformat, mit bloß der Karlsruherin und der Landesbase abge-
druckten Artikeln, — er wird sich doch nicht für groß halten!
Er wird doch nicht so eitel sein zu meinen, sein dünnes mosbacher
Amtsschellchen sei eine große, volltönende Kirchenglocke! Doch
was ſagt man nicht alles im Zorn, edler Amtsbote? Was ſagt
man nicht, wenn's die ultramontanen Blättchen, die ſselbſt zu
ſchreiben verſtehen und den „Jntelligenzen“ der Amtsſtädtlein das
Abschreiben überlassen, so arg treiben, daß man nichts mehr zu
antworten weiß und seine Abonnenten verliert? Dann sagt man,
wenn man minder stolz iſt wie jene über Tabaksteuer Privatstun-
den ertheilende Heidelberger Größe, die sich das Antworten
bequem zu machen erklärt hat, im Tone der „sittlichen Entrüstung“ :
„es iſt nicht mehr auszuhalten, die Regierung muß dem Ding
ein Ende machen oder ihr pflichtgehorſamſter, in Demuth erſter-
bender Odenwälder Bote fährt aus der Haut!“
Aehnliche fortſchrittliche Anschauungen wie der Odenwälder
einige Entschuldigung gewährt , entwickelt die reſidenzlich- aufgeklärte
Landesbaſe über die moderne Landwirthſchaft. Diese edle Dame
meinte nämlich neulich zur Rechtfertigung der Tabaksteuer, es
werde zum Nachtheil (1) anderer, nütlicher Bodenprodukte viel zu
viel Tabak in der Pfalz gebaut. Wir würden uns vor dem ein-
fachſten Landmane schämen, gegen derartige land - und volkswirth-
ſchaftliche Grundsäte ein Wort der Entgegnung oder Belehrung
in die Deffentlichkeit zu bringen; der „Gelehrte“ der Landesbaſe
auf diesem Gebiete iſt nun mindeſtens 100 Jahre als Bauer und
Nationalökonom hinter seinen Zeitgenossen zurück, obwohl er, wie
wir nicht zweifeln, zu den ,„Fortschrittlern“ gerechnet sein möchte.
Von ſolchen Jedern, die der Wissenschaft und Praxis unserer Zeit
in's Gesicht kraßen, iſt die „fortschrittliche“ Landesbase bedient,
— wer lacht da nicht? Nach derartigen Prinzipien der Baſe
über Landwirthſchaft wäre es viel einfacher, statt indirekt den
Tabaksbau durch hohe Steuern zu ruiniren, weil er nach landes-
baslichen Collegienheften den Fruchtbau ſchädige, kurz und bün-
dig durch eine Polizeiverordnung auszuſprechen, ob und wie viel
Tabak gebaut werden dürfe, oder noch beſſer, es müßte, um die-
ſer Art von Volkswirthschaft die Krone aufzuſeßen, von Polizei-
rer erraten qr: ü. Uhr us sr. er hetse. ce
. / OT-
*) Wir halten den Odenwälder Boten nicht in unserer Redaktion, weil
er das unbedeutendſte unter den unbedeutenden Amtsblättchen ist, wir danken
daher „unserem Herrn Correſpondenten , daß er uns vorliegende Aeußerungen
d es Hinterwäldlers mitgetheilt hat. Wir werden nicht ſäumen , wie wir dies
in eclatanten Fällen gewohnt sind , die den „Liberalismus“ in Baden in seiner
nackteſten Unwahrheit an den Pranger stellen , eine Reihe von Nummern des
tts Pte: % j trsgonse Politiker in andern deutſchen Staaten ab-
gehen en. Die Red.
ſchritts“ und der „Freiheit“, die unter fortlaufendem Beifall bis
nach Amerika bejubelt würde.
Z Aus dem Hinterland, 10. Juli. Das Feſt des hl.
Kilian, des fränkiſchen Glaubensboten und Märtyrers , hat heuer
eine enorme Zahl Andächtiger nah Würzburg gezogen. Von
Oſterburken an war der Nachtzug so überfüllt, daß die Coupés
I. Claſſe, sowie die Gepäckwagen mußten preisgegeben werden ;
ein Glück war, daß in Lauda friſche Waggons konnten angehängt
werden, denn der Zuzug wurde immer stärker. Der um 6 Uhr
von Würzburg in's Badiſche abgehende Personenzug mußte in
Folge deſſen mit zwei Lokomotiven befördert werden. Die Stadt
ſelbſt wimmelte von Fremden, welche von früh 4 Uhr an die
herrlichen Kirchen der fränkischen Metropole besuchten und sich an
dem großartigen Feſte erbauten. Mit Freuden haben wir von der
wahrhaft altkatholiſchen Gesinnung, welche die Bewohner Frankens
an dieſem Tage bekundet haben, Notiz genommen, nur hätten
wir zu wünſchen, daß die hinsichtlich der Theilnehmerzahl überaus
impoſante FJeſtfeier burch eine größere Planmäßigkeit in der An-
ordnung gehoben worden wäre, was unseres Bedünkens Sache der
Geistlichkeit hätte sein müſſen. Der Bischof von Würzburg war
zu dieſem Feſte noch nicht von Rom zurückgekehrt. – Einige Tage
vor dem Kiliansfeſte hat ein gräßliches Ereigniß die Stadt Würz-
burg in Aufregung verſcht. Es war nämlich, wie der Bote be-
reits berichtete, einem Bäcker Arsſenik in verſchiedene Sorten Ge-
bäck gekommen, und an 400 Personen, die davon genosſen hatten,
mußten an den Folgen der Vergiftung zu Bett gebracht werden.,
Die Aerzte wurden auf den Straßen förmlich weggeraubt und zu
den Kranken geſchleppt, ſo groß war die Angst und die augenblick-
liche Noth. Zum Glück war die giftige Miſchung so wenig ſtark,
daß man auf die baldige Wiederherſtelung der Kranken hoffen
darf. Es wäre ein Beweis von fürchterlicher Verkommenheit,
wenn, wie man immer noch behauptet, der Sache wirklich ein
Verbrechen zu Grunde läge. Mit den Vergifteten wird der Bäcker
hit. der bei Allen in vorzüglicher Achtung ſteht, auf's lebhafteſte
edauert.
>< Dittigheim, 11. Juli. Am ?. Juli ertrank hier in der
Tauber ein Knabe von 9 Jahren. Man konnte ihn trot mehr-
tägigen Nachſuchens nicht auffinden. Auch weiß man nicht, an
welcher Stelle oder auf welche Weise derselbe ertrank, da Niemand
zugegen war.
H Aus dem Amtsbezirk X. Die Schulneuerung hat auch
im Antsbezirke X bereits Kopfschütteln verursacht. Ende des
Monats Juni ward im Rathhausſale zu X durch den Kreisſchul-
rath eine Lehrerconferenz abgehalten. Die Sitzung dauerte von
Mittags 1 Uhr bis Abends 9. Welche Plage für manchen Magen!
Es wurde in derſelben die neue Schulgehaltszulage verzuckert,
welche Manchen nicht recht schmecken will, weil dieſe papierenen
Schulmeiſterbesoldungsaufbesserungspilen beim erſten Verſuch
Schwindel verursachen. Andere dagegen nickten in seligem Vertrauens-
s et Art der badiſchen Schulzeitung halb schweifwedelnd, halb
mollend zu.
Ein allgemeines Schütteln des Kopfes entstand aber wie bei
den Examinatoren des Hieronymus Jobses, als die Lehrer durch
den Kreisſchulrath aufgefordert wurden: Ein jeder solle einen freien
Vortrag über die bearbeitete Conferenzfrage abhalten. Wie lange
nun die einzelnen Reden dauerten, das wurde zu notiren vergesſen,
Doch jeder der Herren hörte gern: hem,hem, hem, ad secundum
ordinem! sc. Tertius jam dizit: „Habe me excusatum, in
eloquio non praeparatum!
Obiger Kreisſchulrath hält nun seit einigen Tagen zu nicht
geringer Freude der Freunde der neuen Schulära Schulprüfungen
im Bezirke ab, wahrscheinlich zur Verbeſſerung der Noten , die
manche Ortsschulräthe bei ihren Prüfungen gegeben, damit es
auch für die bisher Blinden Licht werde. Jetzt fehlt nur noch ein
prüfender Oberſchulrath, dann kann's an Lob des Fortschrittes
seit Anbruch dieser neuen Morgenröthe unmöglich mehr fehlen
und dann würde jener Profeſſor vollkommen recht haben, der seinen
Zuhörern vortrug: „Salz, meine wertheſten Herren, Salz iſt ein
Gewürz, das die Speise verdirbt, wenn es nicht hénzugethan wird.“
Karlsruhe, 11. Juli. Der öſterreichiſche Admiral Tegett-
hoff iſt bekanntlic behufs Reklamirung der Leiche des Kaisers
Maximilian nach Mexico entsendet. Derselbe iſt heute Nachmittag
nach 2 Uhr hier angekommen und hat nach kurzem Aufenthalt im
Bahnhof die Reiſe über Paris fortgesetzt. (K. Ztg.)
Karlsruhe, 12. Juli. Die Bauarbeiten der Radolfzell-
Stockacher Eiſenbahn sind soweit vollendet, daß am 15. d. M. die
Probefahrten der Techniker auf derselben werden beginnen können.
Die Eröffnung des Betriebs steht, sofern keine unerwartete Ver-
zögerung eintritt, eine Woche später bevor. Die Arbeiten an den
Zufahrten der Mannheimer Eisenbahn-Brücke über den Rhein auf
der badischen Seite sind vollendet, dagegen sind sie auf dem bay-
riſchen Ufer noch im Rückſtande, und muß deshalb der Personen-
verkehr über die neue Brücke noch eingestellt bleiben. Für die
feierliche Eröffnung derselben iſt der 10. Auguſt in Aussicht ge-
nommen worden. (Krlsr. Ztg.)
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Ländchens Baden der staunenden Welt zum Besten geben. Kaum
hatte die Constanzer Zeitung der Regierung den weisen Rath ge-
geben, ohne weiteres mit den „ultramontanen“ Oppoſitionsblättern
aufzuräumen, als auch ſchon ein anderes gehorſames Verkündig-
ungsblatt – der Odenwälder Bote ~ ſich beeilte, dem löblichen
Beiſpiele vom schönen Bodensee nachzufolgen und in noch ſtärkeren
Ausdrücken, wobei jedoch das Meiste aus der Conſstanzerin abge-
schrieben iſt, die Regierung zu erſuchen , die ungefügen Oppoſitions-
zeitungen zu Tod zu standrechteln. Sieben Jahre habe die badiſche
Regierung, meint das Odenwälder Licht, mit anerkennenswerther
Langmuth den Spektakel geduldet, ſieben Jahre ſei sie so feſt wie
ein Fels im Meere dagesſtanden, ~ jett aber sei es genug, es
sei in der That nicht mehr zum Aushalten. Herrlicher Odenwäl-
der, liberaler Hinterwäldler! Sieben Jahre lang also muß eine
Regierung „liberal“ sein ~ genau dieser Heitraum iſt für ihre
Freiſinnigkeil der Prüfstein – um hernach unbeschadet ihres fort-
ſchrittlichen Rufes das Standrecht gegen die Preſſe anwenden zu
dürfen! Faſt könnte man meinen, die Regierung sei nach den
sieben Jahren, in denen sie ſtark wie ein Fels dageſtanden, nicht
mehr ein Fels, ſondern habe nöthig, mit außergewöhnlichen , im
Gesetze nicht vorgeſehenen Mitteln die anſtürmende Opposition zu-
rückzuſchlagen. Das kann aber doch wohl der arme Odenwälder
nicht gemeint haben; denn das wäre doch eine gar zu große Grob-
heit gegen die Regierung, der er zu dienen beſtimmt iſt. Was
braucht der Fels, Herr Odenwälder, für besondere Vorkehrungen,
daß die Wasser an ihm ſich machtlos brechen und vertheilen? Wie
edel und liberal denkend der Odenwälder sich ausspricht, davon
eine kleine Probe: „Die Regierung hat Besſeres zu thun, als
fortwährend die kleinen Befzer (so beliebt er unsere Preſſe zu ti-
tuliren) abzuwehren , und das Volk iſt's überdrüssig, sich fortwäh-
rend auf der Lauer zu halten, um nicht bei Gelegenheit gebiſſen
zu werden. Der vorige Sommer hat gelehrt, daß mitunter auch
die kleinen Befzer gefährlich werden können, wenn man ihre Un-
gezogenheit groß wachſen läßt, und da jetzt wieder diese bedenkliche
Hundstagsperiode herannaht, so möchten wir doch um zweckdien-
liche Maßregeln gebeten haben.“ Das nennt man in Baden ,|i-
beral“, das verſteht man in Baden unter Preßfreiheit ! )
Das Lächerlichſte dabei aber iſt, daß der Odenwälder Bote
von „kl e in en Befzern“ verächtlich spricht, er, ein Blatt in Ta-
ſchenformat, mit bloß der Karlsruherin und der Landesbase abge-
druckten Artikeln, — er wird sich doch nicht für groß halten!
Er wird doch nicht so eitel sein zu meinen, sein dünnes mosbacher
Amtsschellchen sei eine große, volltönende Kirchenglocke! Doch
was ſagt man nicht alles im Zorn, edler Amtsbote? Was ſagt
man nicht, wenn's die ultramontanen Blättchen, die ſselbſt zu
ſchreiben verſtehen und den „Jntelligenzen“ der Amtsſtädtlein das
Abschreiben überlassen, so arg treiben, daß man nichts mehr zu
antworten weiß und seine Abonnenten verliert? Dann sagt man,
wenn man minder stolz iſt wie jene über Tabaksteuer Privatstun-
den ertheilende Heidelberger Größe, die sich das Antworten
bequem zu machen erklärt hat, im Tone der „sittlichen Entrüstung“ :
„es iſt nicht mehr auszuhalten, die Regierung muß dem Ding
ein Ende machen oder ihr pflichtgehorſamſter, in Demuth erſter-
bender Odenwälder Bote fährt aus der Haut!“
Aehnliche fortſchrittliche Anschauungen wie der Odenwälder
einige Entschuldigung gewährt , entwickelt die reſidenzlich- aufgeklärte
Landesbaſe über die moderne Landwirthſchaft. Diese edle Dame
meinte nämlich neulich zur Rechtfertigung der Tabaksteuer, es
werde zum Nachtheil (1) anderer, nütlicher Bodenprodukte viel zu
viel Tabak in der Pfalz gebaut. Wir würden uns vor dem ein-
fachſten Landmane schämen, gegen derartige land - und volkswirth-
ſchaftliche Grundsäte ein Wort der Entgegnung oder Belehrung
in die Deffentlichkeit zu bringen; der „Gelehrte“ der Landesbaſe
auf diesem Gebiete iſt nun mindeſtens 100 Jahre als Bauer und
Nationalökonom hinter seinen Zeitgenossen zurück, obwohl er, wie
wir nicht zweifeln, zu den ,„Fortschrittlern“ gerechnet sein möchte.
Von ſolchen Jedern, die der Wissenschaft und Praxis unserer Zeit
in's Gesicht kraßen, iſt die „fortschrittliche“ Landesbase bedient,
— wer lacht da nicht? Nach derartigen Prinzipien der Baſe
über Landwirthſchaft wäre es viel einfacher, statt indirekt den
Tabaksbau durch hohe Steuern zu ruiniren, weil er nach landes-
baslichen Collegienheften den Fruchtbau ſchädige, kurz und bün-
dig durch eine Polizeiverordnung auszuſprechen, ob und wie viel
Tabak gebaut werden dürfe, oder noch beſſer, es müßte, um die-
ſer Art von Volkswirthschaft die Krone aufzuſeßen, von Polizei-
rer erraten qr: ü. Uhr us sr. er hetse. ce
. / OT-
*) Wir halten den Odenwälder Boten nicht in unserer Redaktion, weil
er das unbedeutendſte unter den unbedeutenden Amtsblättchen ist, wir danken
daher „unserem Herrn Correſpondenten , daß er uns vorliegende Aeußerungen
d es Hinterwäldlers mitgetheilt hat. Wir werden nicht ſäumen , wie wir dies
in eclatanten Fällen gewohnt sind , die den „Liberalismus“ in Baden in seiner
nackteſten Unwahrheit an den Pranger stellen , eine Reihe von Nummern des
tts Pte: % j trsgonse Politiker in andern deutſchen Staaten ab-
gehen en. Die Red.
ſchritts“ und der „Freiheit“, die unter fortlaufendem Beifall bis
nach Amerika bejubelt würde.
Z Aus dem Hinterland, 10. Juli. Das Feſt des hl.
Kilian, des fränkiſchen Glaubensboten und Märtyrers , hat heuer
eine enorme Zahl Andächtiger nah Würzburg gezogen. Von
Oſterburken an war der Nachtzug so überfüllt, daß die Coupés
I. Claſſe, sowie die Gepäckwagen mußten preisgegeben werden ;
ein Glück war, daß in Lauda friſche Waggons konnten angehängt
werden, denn der Zuzug wurde immer stärker. Der um 6 Uhr
von Würzburg in's Badiſche abgehende Personenzug mußte in
Folge deſſen mit zwei Lokomotiven befördert werden. Die Stadt
ſelbſt wimmelte von Fremden, welche von früh 4 Uhr an die
herrlichen Kirchen der fränkischen Metropole besuchten und sich an
dem großartigen Feſte erbauten. Mit Freuden haben wir von der
wahrhaft altkatholiſchen Gesinnung, welche die Bewohner Frankens
an dieſem Tage bekundet haben, Notiz genommen, nur hätten
wir zu wünſchen, daß die hinsichtlich der Theilnehmerzahl überaus
impoſante FJeſtfeier burch eine größere Planmäßigkeit in der An-
ordnung gehoben worden wäre, was unseres Bedünkens Sache der
Geistlichkeit hätte sein müſſen. Der Bischof von Würzburg war
zu dieſem Feſte noch nicht von Rom zurückgekehrt. – Einige Tage
vor dem Kiliansfeſte hat ein gräßliches Ereigniß die Stadt Würz-
burg in Aufregung verſcht. Es war nämlich, wie der Bote be-
reits berichtete, einem Bäcker Arsſenik in verſchiedene Sorten Ge-
bäck gekommen, und an 400 Personen, die davon genosſen hatten,
mußten an den Folgen der Vergiftung zu Bett gebracht werden.,
Die Aerzte wurden auf den Straßen förmlich weggeraubt und zu
den Kranken geſchleppt, ſo groß war die Angst und die augenblick-
liche Noth. Zum Glück war die giftige Miſchung so wenig ſtark,
daß man auf die baldige Wiederherſtelung der Kranken hoffen
darf. Es wäre ein Beweis von fürchterlicher Verkommenheit,
wenn, wie man immer noch behauptet, der Sache wirklich ein
Verbrechen zu Grunde läge. Mit den Vergifteten wird der Bäcker
hit. der bei Allen in vorzüglicher Achtung ſteht, auf's lebhafteſte
edauert.
>< Dittigheim, 11. Juli. Am ?. Juli ertrank hier in der
Tauber ein Knabe von 9 Jahren. Man konnte ihn trot mehr-
tägigen Nachſuchens nicht auffinden. Auch weiß man nicht, an
welcher Stelle oder auf welche Weise derselbe ertrank, da Niemand
zugegen war.
H Aus dem Amtsbezirk X. Die Schulneuerung hat auch
im Antsbezirke X bereits Kopfschütteln verursacht. Ende des
Monats Juni ward im Rathhausſale zu X durch den Kreisſchul-
rath eine Lehrerconferenz abgehalten. Die Sitzung dauerte von
Mittags 1 Uhr bis Abends 9. Welche Plage für manchen Magen!
Es wurde in derſelben die neue Schulgehaltszulage verzuckert,
welche Manchen nicht recht schmecken will, weil dieſe papierenen
Schulmeiſterbesoldungsaufbesserungspilen beim erſten Verſuch
Schwindel verursachen. Andere dagegen nickten in seligem Vertrauens-
s et Art der badiſchen Schulzeitung halb schweifwedelnd, halb
mollend zu.
Ein allgemeines Schütteln des Kopfes entstand aber wie bei
den Examinatoren des Hieronymus Jobses, als die Lehrer durch
den Kreisſchulrath aufgefordert wurden: Ein jeder solle einen freien
Vortrag über die bearbeitete Conferenzfrage abhalten. Wie lange
nun die einzelnen Reden dauerten, das wurde zu notiren vergesſen,
Doch jeder der Herren hörte gern: hem,hem, hem, ad secundum
ordinem! sc. Tertius jam dizit: „Habe me excusatum, in
eloquio non praeparatum!
Obiger Kreisſchulrath hält nun seit einigen Tagen zu nicht
geringer Freude der Freunde der neuen Schulära Schulprüfungen
im Bezirke ab, wahrscheinlich zur Verbeſſerung der Noten , die
manche Ortsschulräthe bei ihren Prüfungen gegeben, damit es
auch für die bisher Blinden Licht werde. Jetzt fehlt nur noch ein
prüfender Oberſchulrath, dann kann's an Lob des Fortschrittes
seit Anbruch dieser neuen Morgenröthe unmöglich mehr fehlen
und dann würde jener Profeſſor vollkommen recht haben, der seinen
Zuhörern vortrug: „Salz, meine wertheſten Herren, Salz iſt ein
Gewürz, das die Speise verdirbt, wenn es nicht hénzugethan wird.“
Karlsruhe, 11. Juli. Der öſterreichiſche Admiral Tegett-
hoff iſt bekanntlic behufs Reklamirung der Leiche des Kaisers
Maximilian nach Mexico entsendet. Derselbe iſt heute Nachmittag
nach 2 Uhr hier angekommen und hat nach kurzem Aufenthalt im
Bahnhof die Reiſe über Paris fortgesetzt. (K. Ztg.)
Karlsruhe, 12. Juli. Die Bauarbeiten der Radolfzell-
Stockacher Eiſenbahn sind soweit vollendet, daß am 15. d. M. die
Probefahrten der Techniker auf derselben werden beginnen können.
Die Eröffnung des Betriebs steht, sofern keine unerwartete Ver-
zögerung eintritt, eine Woche später bevor. Die Arbeiten an den
Zufahrten der Mannheimer Eisenbahn-Brücke über den Rhein auf
der badischen Seite sind vollendet, dagegen sind sie auf dem bay-
riſchen Ufer noch im Rückſtande, und muß deshalb der Personen-
verkehr über die neue Brücke noch eingestellt bleiben. Für die
feierliche Eröffnung derselben iſt der 10. Auguſt in Aussicht ge-
nommen worden. (Krlsr. Ztg.)