2900 fl. zu, entschuldigte sich mit wichtigen Geschäften, die er in
Augenblicke zu besorgen habe, weswegen er sich auf einige Stun-
den entfernen müsse, befahl seiner Frau mittlerweile mit einer
Flaſche Wein aufzuwarten und wenn diese nicht hinreiche, noch
mit einer zweiten. Endlich da der Wein im Kopfe des Bäuerleins
seine Wirkung gethan, erschien der Jude und wiederholte : daß er
ihm die 200 fl. geben könne; aber er (das Bäuerlein) müsſſe ihm
auch noch ein Pferd, das er im Stalle habe und für welches er
schon 13 Louisd'or hätte haben können, für 14 Louisd’'or abkau-
fen, nur unter dieſer Bedingung könne er ihm die 200 fl. leihen.
Das Bäuerlein kam in Verlegenheit; aber was bleibt ihm übrig ?
Geld muß ich haben, sagte er zu sich, und wenn der Jude für
den Gaul hätte 13 Louisd'or haben können, ſo will ich ihn neh-
men für 14 Louisd'or, wenn ich auch einen Louisd’'or verlieren
muß, so iſt mir doch geholfen. Auf dem Heimwege mit Geld und
Pferd, als der eingeſchenktte Wein dem Bauern aus dem Kopfe
war, sah derſelbe gleich, daß das Pferd nicht viel werth sei und
daß er großartig betrogen worden. Da war nun guter Rath
theuer; wie werde ich heim kommen, daß mich Niemand ſieht mit
dem Gaul? ich habe noch nie ein Pferd gehabt, habe auch kein
Futter für dasselbe. Spät in der Nacht kehrte er nach Neudhardt
zurück, stellte das Pferd in den Stall, ohne aber etwas ſeiner
Frau zu sagen, welches theure Stück er in seinem Stall habe; er
legt sich zur Ruhe, konnte aber nicht ſchlafen; er ſteht wieder auf, |
geht in den Stall, macht das Pferd los, führt dasſelbe zum Orte
hinaus und jagt es fort, in der Meinung, es gehe geraden Wegs
wieder nach OÖdenheim zu seinem Judenherrn, so habe er denn
doch das Pferd mit den 14 Louisd'or los. Die Sache ging aber
anders. Das Pferd ging von Neudthard über Neudorf und lief
gegen Huttenheim in's Barackenlager, wo es am 19. März 1866
von einem Huttenheimer Bürger gefangen und von demſelben nach
Huttenheim geführt wurde. Der Huttenheimer Bürger (Machauver)
machte gleich die Anzeige, es wurde darauf im Kraichgauer Amts-
verkündigungsblatt ausgeschrieben, daß ein Pferd eingefangen wor-
den sei und daß sich der Eigenthümer melden möge. Es hat sich
ßtr: Niemand gemeldet; dennoch iſt die Sache an den Tag ge-
ommen.
Der Neudtharter Bauer hat das Pferd in Huttenheim gegen
g/. fl. Futtergeld wieder in Empfang genommen und es gleich
wieder in Huttenheim um 11 fl. verkauft; denn mehr war es nicht
werth. Alſo hat der Bauer für ſein Pferd, das ihn 14 Louisd'or
gekoſtet hatte, 2!/2 fl. bekommen. Später kam das Pferd durch
Ankauf nach Wiesenthal in den Stall des Georg Rolli, wo es sich
durch das gute Futter so erholte, daß er es um 30 fl. verkaufen
konnte. Das ist die ganze wahre Geſchichte vun anem Gaul*).
IJ tzig: Haſt ‘m Gaul Hawer giwe?
Nei, i haw "m keini giwe.
Häſt 'm awer gewe ſolle;
Nu! i haw "m auch giwe. ~
§ et ich möchte doch wiſſen, wie der Anſchel so reich gewor-
en iſt §
Der ist vom Liefern so reich geworden.
Anschel sagt: Nu! meiner Schanne, vum Liefere bin i nit
so reich geworre, sondern vum net Liefern!
+ Karlsruhe, 5, Auguſt. Baden iſt das Land wo die
Citronen blühen – für die preußiſchen Brüderchens. Dies be-
wahrheitet sich alltäglich mehr. Herr Wendt aus Hamm ist zum
Direktor des Lyceums nach Karlsruhe berufen mit einer Besoldung
von 3000 fl., mit einer sehr reichlichen Vergütung für den Umzug
und mit Uebernahme einer ansehnlichen Summe in die Wittwen-
kaſſe. Herr v. Treitſchke iſt zum Profeſſor in Heidelberg ernannt
mit einer Beſoldung von 2800 fl. (ſage: zwei tauſend acht hundert
Gulden), mit 800 fl. Reiſe- und Umzugskosten und gleichfalls mit
Uebernahme des Betrags in die Wittwenkaſſe durch den Staat.
Wie hoch sich die Beſoldung des neuen aus Preußen berufenen
Generalſtabchefs beläuft, wissen wir nicht; können unsere Wißbe-
gierde jedoch noch zügeln. Hoffentlich werden bald aus Preußen
ähnliche Citronenblüthen für Badner eintreffen und wir würden
uns aufrichtig freuen, wenn sie auf die Herren Mathy, Jolly,
Bluntſchli ~ Herrn Hauser nicht zu vergeſſen – fielen.
Ö Lahr , 2. Auguſt. Bei Gelegenheit unserer Gewerbeaus-
ſtellung, welche am Sonntag den 1. Sept. beginnt und 3 Wochen
dauert, werden die Beſucher auch die Pariſer Weltaus tel-
lung auf die bequemſte Weiſe von der Welt kennen lernen. Durch
die entgegenkommende Vermittlung des Hrn. Miniſterialrath Tur-
ban, Mitglied der badischen Ausstellungs - Commission in Paris,
werden in einigen Tagen über 300 Stereoskopenbilder aus der
. Ausstellung und dem Park, nebſt 50 Glasſtereoskopenbildern und
dem dazu gehörigen Apparat hierher gelangen und gewiß alles
Beſchauern einen reichen Genuß gewähren. ~ Der Absatz der
Lahrer Ausstellungsloose iſt ein sehr bedeutender. Bereits sind
25,000 Stück verkauft, so daß die Erlaubniß zur Ausgabe weite-
)jevit Vie die Geschichte ganz ausgegangen iſt, weiß man diesseits nicht. Es
pcs ! Lrovtosrus: Bäuerlein ſchwer geworden ſein, aus den erlöſten 2!/s l.
zu machen.
rer 10,000 Loose erbeten werden mußte. Die Genehmigung iſt
bereits eingetroffen.
Aus dem Oberlande, 3. Aug. Jüngst, des Morgens in
der Frühe, soll man in der Nähe eines Kreisgerichtsgebäudes einen
improviſirten Wegweiser angetroffen haben, mit der Inschrift:
Advokaten, Sportelzettel,
Dahin führt der Weg zum Bettel.
Man erkennt in diesem ſchlechten Spassſe einen Ausdruck des
allgemeinen Verlangens nach den billigen bürgerlichen jzeithensue!
richten. : B. L.
f Bensheim, 5. Auguſt. Gestern feierte der "s t vthe
Geſellenverein die Weihe seiner neuen, prachtvollen Fahne. Den
Stoff lieferte die berühmte Paramentenhandlung von Cassaretto in
Crefeld, die Stickereien dagegen wurden von versſchiedenen hiesigen
Damen besorgt. Zur Fahnenweihe hatten sich die benachbarten
Vereine aus Heppenheim, Mannheim, Darmſtadt und Mainz, sowie
zahlreiche auswärtige Freunde eingefunden. Am Nachmittag fand
H fru L: u Uu !) aut! EUR t
München, 4. Aug. Heute gilt es, der Alg. Ztg. zufolge,
als ziemlich wahrſcheinlich, daß der König während der Anwesen-
heit Napoleons nach Salzburg kommen werde.
Norddeutſcher Bund.
Ems, 5. Aug. Die für heute angeſeßzt gewesene Abreise
_.. Maj. des Königs von Preußen nach Ragat iſt hinausge-
ſchoben.
Berlin, 3. Aug. Der preußiſche Gesandte in Paris, Graf
v. d. Goltz, iſt heute in Ems eingetroffen und hat dem Könige
Vortrag gehalten. Morgen wird die Ankunft des Grafen Bismarck
dort erwartet, welcher heute Berlin pasſirte. Auch Herr v. Roon,
der gegenwärtig in München verweilt und dann durch die andern
süddeutschen Staaten ſich nach dem Rheine begeben wird, soll in
nächſter Woche in Ems ſich einfinden.
Profeſſor Auguſt Böckh iſt heute geſtorben. (Der berühmte
Philolog und Alterthumsforſcher, der am 15. März d. J. in
Berlin sein sechzigjähriges Doktorjubiläum gefeiert, war am 24.
Rovember 17856 zu Karlsruhe geboren und hatte sich bis in sein
hohes Alter der ungetrübtesten Geiſtesfriſche zu erfreuen.)
O e st err e i ch.
Peſth, 4. Auguſt. Die Ausgleichsdeputation wird am T.
Auguſt von hier nach Wien abreiſen. – Der General Perczel
iſt zum Deputirten erwählt worden. –~ Die preußische Regierung
hat ſt§ dem Beginne dieses Jahres in Ungarn 27,000 Pferde
angekauft.
A u s l a n d.
î Paris, 3. Auguſt. Die „Alg. Ztg.“ berichiet, beim Hofe,
in den höheren Regierungs- wie in den ÖOffizierskreiſen fälle man
das härteſte Urtheil über den Marſchall Bazaine. Die Kaiserin
selbſt habe das Signal dazu gegeben, ihn überall wie einen Aus-
geſtoßenen zu meiden. Als man ihr hinterbrachte, daß Bazaine
seine Vertheidigung veröffentlichen wolle, sagte sie: er hüte ſich
davor; denn es würde uns zwingen, ihn anzugreifen. Im Senat
wechſelt Niemand ein Wort mit Bazaine; in den officielen Salons
läßt man ihn unbeachtet. Die ſchwerſten Anklagen häufen ſich
auf seinem Kopfe. Herr Dano und General Caſtelnau ſagten dem
Kaiser Marimilian: sie seien von Bazaine bevollmächtigt, ihn zur
Abreise mit den Franzoſen zu bewegen. Marimilian zeigte ihnen
ein soeben erhaltenes Schreiben Bazaine's , welcher ihn vor Dano
und Caſtelnau mit dem Bemerken warnte: ſie hätten ihm jene
Vollmacht in einem schwachen Augenblick abgelockt. Die Erbitte-
rung iſt nicht minder groß gegen die Mexrikanerin, welche Bazaine
geheirathet hat, ihn demoralisirte und ihn noch gänzlich beherrscht.
„In Meriko, pflegte die Dame zu sagen, bin ich Vicekaiſerin, in
Paris werde ich nur die Frau eines Marschalls sein.“ Wenn
dergleichen bei Hof und im Senat erzählt wird, ſo kann man ſich
einen Begriff von dem machen, was die Offiziere erzählen. Jener
Schonungslosigkeit kann nur die Absicht zu Grunde liegen , den
Marschall zur Niederlegung aller seiner Würden zu veranlassen, da
[uz den Scandal einer Unterſuchung und Absetzung doch zu ſcheuen
at.
Paris , 4. Aug. Man kündigt den Beſuch des Kaiſers Na-
poleon auf seiner Rückreiſe von Salzburg beim König von Preußen
an. – Die französiſchen Biſchöfe sind ermächtigt worden, in Paris
ein Concil abzuhalten.
Heute empfing der Kaiser eine Adreſſe der fremden Commiſ-
säre der Ausstellung. In der Antwort darauf sagt der Kaiſer:
Das Verweilen der Commissäre in Paris iſt ein Beweis, daß die
civiliſirten Nationen mehr und mehr darnach streben, eine Familie
zu werden. Er zweifelt nicht, daß das Zuſammenwirken der gei-
ſtigen Kräfte und die Verſchmelzung der Intereſſen die für den
menschlichen Fortſchritt so nothwendige Eintracht erzeugen werden.
Indem der Kaiſer den Dank der Kaiserin und ſeines Sohnes aus-
|îpricht, fügt er bei, daß diese die Wünsche für den Weltfrieden
eitet. cis. 4. Aug. Der ,„Moniteur“ enthält ein kaiſerl. Dekret,
welches die Commission zur Liquidation der mexikanischen Entſchä-