eſſionsloſen Staate sich nach den Lehren ihrer Kirche
. berg vortheilhafte
" vm 68U1 -+
der Kirchen“ als von einer ausgemachten Thatſache reven! Ab-
gesehen von der protestantischen Kirche, die hier ganz unberührt
bleiben ſoll, möchten wir Sie nur fragen, wie von wahrer ,„Selbſt:
die Patronatspfarreien ein großer Theil der Kirchenämter nicht
von der Kirche, sondern vom Staat besetzt wird, wenn das Ver-
mögen der Kirche nicht frei von staatlicher Beeinfluſſung ist, wenn
der Erzbiſchof nicht einmal sein Domecapitel frei wählen kann,
wenn Vertreter der bürgerlichen Gemeinde ohne Wahl durch die
Katholiken eo ipso in den Stiftungscommissionen sitzen und der-
gleichen Dinge mehr ? Uebrigens hätten wir nichts dagegen, wenn
die Staatszuſchüſſe aufhören würden, vorausgesetzt, daß man der
katholiſchen Kirche ihr Vermögen zur freien Verfügung herausgebe,
damit ſie auch wahrhaft „,selbſtſtändig“ und „unabhängig“ werde.
Zum Schluß wollen wir den Abg. Wundt auf Württemberg ver:
weiſen, wo neulich die Kammer, und zwar Demokrgten wie Moritz
Mohl u. A., in vorderſter Reihe, in anſständigster Weise sich im
Geldpunkte gegen die katholiſche Kirche benommen haben. InWürt-
temberg iſt aber auch die höchſte Toleranz unten wie oben und
Kirchenſtreite werden dort nicht über die Gränze eingeſchleppt.
Jolly verspricht dem Abg. Wundt (n. v. N.) eine Erfüllung
ſeiner Wünſche bis zur nächſten Büdgetperiode.
Abg. Gerwig ſtelltt einen Antrag auf Verminderung der
Feiertage, d. h. er will sie nicht kirchlich verboten haben, aber die
polizeilichen Vorſchriften, die den Geschäftsſtillſtand verlangten, sol.
len abgesſchafst werden.
Der Abg. Huf ſchm id will überhaupt nichts von einer
ſtreugen Sonntagsfeier wiſſen, wogegen jedoch Miniſter Jolly sich
verwahrt ; dagegen werde die Regierung gerne, wenn die öffentliche
Meinung d. h. das Volk es verlange, eine Verminderung der
Verkehrsbeſchränkung an Feiertagen eintreten laſſen. Sonderbar !
Hier hängt alſo Alles vom Volk ab, in andern Dingen aber, wo
z. B. das Volk ein dargebotenes Geſchenk, wie die Civilehe, ver-
ſchmähen will, soll gar nichts auf das „Volk“ ankommen! Oder
sollten wir vielleicht eine Meinungsverſchiedenheit im Ministerium
annehmen müssen, wenn Herr Stabel ſehr diktatorisch erklärt:
„Darauf, ob die Bevölkerung ein betreffendes Gesetz gern oder un-
gern annehmen würde, könne es nicht ankommen“, ~ während sein
College Jolly versichert, die Regierung werde auf das Volk und
ſeine Wünſche (bezüglich der Feiertage) die größte Rücksicht neh-
men? Wir hätten wohl einen Erklärungsgrund hiefür zur Hand,
indeſen . 1555.%
Lindau iſt dem Antrage Gerwig's nicht prinzipiell entgegen,
indem er zugibt, daß einige Feiertage, wie z. B. Oſtermontag, recht
gut beseitigt werden könnten. Er findet indeß, daß in der Verord-
nung vom Jahr 1865 ein Grundſatz anerkannt ist, den er heute
nicht mehr anerkannt findet, nämlich, daß die Confessionsgemein-
den, wo ſie „Pfarrecht“ haben, auf eine weltliche Feier ihrer
Feiertage Anspruch haben. Wenn der Staat aus allgemeinen
Gründen eine Verlegung einiger katholiſcher Feiertage nothwendig
wünſche (es sei auch heute wieder nur gegen katholische Verhält:
niſſe geſprochen worden), so werde die Kirchenregierung billigen
_ Anforderungen gewiß nicht entgegentreten. Sei das aber doch der
Hall, so müsse die kirchliche Autorität eben gewiß hiefür auch ihre
guten Gründe haben; im Interesſe des Friedens möchte er daher
Großh. Regierung dringend bitten, in dieser Angelegenheit nicht
einen neuen Streit vom Zaune zu reißsen und neuen Anlaß zu
tief gehenden Zwiſten zu ſchaffen. Die Sache sei nicht so einfach,
wie man glaube; wenn der Staat die weltliche Feier abſchaffe,
ſo bliebe es dann den Confesſionen doch noch frei stehen, ſie zu
halten, und auf dem Gebiete der Schule würde es danti durch das
Verlangen der staatlichen Behörden, an Feiertagen Schule halten
zu wollen, zu ernsthaften Streitigkeiten kommer können. Wenn
aber das Ordinariat eine nicht günſtige Antwort ertheile, so wäre
durch vollſtändige Veröffentlichung der beiderseitigen Gründe von
ſtaatlicher und kirchlicher Seite gewiß dem Volke die beſte Gelegen:
heit gegeben, sein Urtheil in dieser Sache zu bilden. Die Katholi-
ken werden aber ihrer kirchlichen Autorität gewiß dankbar sein,
wenn ſie das Recht der confessionellen Bürger, im modernen con-
rei bewegen
zu dürfen, auf's Entſchiedenſte vertheidigt. f f
_ Cs äußern sich darauf noch eine Reihe von Rednern über
die Feiertage resp. die ſtaatlicherseits zu beseitigenden Verkehrs
hinderniſſe an denselben, wobei Jo l ly auf Roßhirts Wunsch
Fr ſihttt..er wulle fit hierüber. zuerſt mit der erzbiſch. Curie in's
îOYBenehmen setzen.
Der Antrag Gerwig's wird angenonmen.
Bei der Berathung über die „Universitäten“
Jolly, es hätten mehrere ausgezeichnete Profesſoren in Heidel-
theilt Anerbietungen anderswohin erhalten, ,deren
Verluſt für die Hochſchule nur durch Aufbeſſerung ihrer Besoldun-
gen bit endet werden konnte, so daß eine Ueberſchreitung des
Büdgets nehin eintreten müſſe.“ So der Herr Miniſter; der
Bote ber | ätle gesagt, wenn er Minister gewesen wäre: Wenn
j Profe oren ihr Bleiben nur von Gehaltszulagen abhängig machen
und bei jeder Gelegenheit in dieſem Punkte dem Staat Daum-
hochgeſtellten, der
auch in den legten Jahren durch den franzöſiſchen Gesandten,
erklärt Miniſter |
ſchrauben anſegen wollen, überhaupt bei jeder kleinen financiellen
Verbesserung, die ihnen anderwärts in Aussicht ſteht, dem Staat,
der sie bisher weich gebettet, den Rücken kehren, so kann man
ſtändigkeit“ der katholiſchen Kirche die Rede sein kann, wenn durch | nur mit tiefem Kraßfuße sagen : Leben Sie wohl! Wenn diese
Herren für Geld gehen, bekommen wir wieder andere für's Geld ;
denn für's Geld, sagte einmal der König von Hannover an großer
Tafel, bekommt man Profesſoren u. noch etwas, das der Bote sei-
nen Leserinnen nicht gern ſagen mag. Mit Recht sagte daher Lindau:
„Der Herr Präsident des Miniſteriums des Innern hat so-
eben mitgetheilt, daß es nothwendig gewesen sei, um tüchtige Kräfte
der Universität Heidelberg zu erhalten, Zuſagen zu gewähren und
daß dadurch bereits jetzt eine Ueberſchreitung des Büdgets noth-
wendig geworden sei. Ich möchte den Herrn Präsidenten darauf
aufmerkſam machen, daß nach seiner Ansicht ſehr tüchtige weitere
Kräfte an eben dieser Universität vollkommen brachliegen und daß
es gewiß wünſchenswerth wäre, wenn Großh. Ministerium ſich
bemühen würde, dieſe brach liegenden Kräfte andern Universitäten
zukommen zu laſſen. Auf diese Weise könnte eine Ueberſchreitung
des Büdgets vermieden werden.“ |
Es scheint, daß der Abg. Lindau Persönlichkeiten im Auge
hatte, die bei großen Namen und hoher Besoldung kaum vor
wenigen Zuhörern ein Colleg zu Stande bringen, wie dies z» B.
bei einem Lehrer mit 3500 fl. bekannte Thatsache iſt. Wenn alſo
Lindau wenig Gewicht darauf legte, ob diese Herren länger in
Baden wären oder nicht, so kann man ihm hierin nur beipflichten;
eine andere Frage iſt aber die, ob andere Staaten unſere Lor-
beeren abnehmen wollen.
/ Karlsruhe, 11. Dec. Von Politik spricht bei uns kein
Menſch, Klatſch aber gibt es genug, wie in allen kleinen Reſiden-
zen; das Hauptsächlichſte, was mit Begierde geleſen und besprochen
wird, das sind die Verſeßungen und Beförderungen des Regierungs-
blattes und dergleichen intereſſante Dinge mehr. Jett ſpricht die
Stadt nur von den neuen Veränderungen, die unsere Truppen an
ihrer Bekleidung erhalten haben, wie man in der Landesbaſe vom
10. d. M. unter der Rubrik „Heer- und Seewesen“ des Ausführ-
licheren leſen kann. Litzen, Knöpfe, silbergeſtickte Borden, Halb-
monde, glatte Knöpfe, Umlegkragen u. s. w. sind lauter Dinge,
deren mannigfaltige Veränderungen allerdings unter der Rubrik
„Hör: und Sehwesen“ ihre beſte Unterkunft finden werden.
~ Vour Mittelrhein, 9. Dec. Wir haben noch manche
Betrachtungen zu schöpfen aus dem großartigen Schauſpiele, das
in der Gegenwart über die Weltbühne geht. Die Wichtigkeit der
Erhaltung des Kirchenſstaates und der weltlichen Herrſchaft des
Papſtes stellt sich uns in immer eindringlicheren Gesichtspunkten
dar. Es ginge in der That das Muſter eines menſchenwürdigen
Staatswesens perloren. Unsere Väter haben uns den bewährten
Spruch überliefert: „Unter dem Krummſtab iſt gut sein.“ Ein
ſchlichter Mann von gereifter Einſicht bemerkte vor Jahren: „Seit-
dem darauf ausgegang:n wird, Alles zu verweltlichen, iſt kein
Heil und Gedeihen mehr für das Volk.«. O, wie wahr iſt auch
dieſes ! Wie groß ſind die Verheerungen jeßt ſchon, die der Abfall
von Chriſtenthum und Kirche über die Geſellſchaft gebracht! Gegen-
wärtig liegen Leid und Strafe deßfalls vorzugsweiſe auf den
Massen; im Laufe der Zeit wird die Nemesis höher hinaufgreifee.
Gediehen iſt unter der heidniſchen Umconſtruirung der chriſtlichen
Gesellſchaft am meiſten die Omnipotenz der Büreaukrcatie, der auf-
geblähte Doctorinarismus , des Geldſackes Cultus und Recht ~+
und im Gefolge von all’ dieſem Maſſsenverarmung, ſittliche Ver-
wilderung, riesenhaftes Umsichfreſſen des Volkselendes und der
Verlaſsenheit. Die Blindheit eines Wahnfsinnes, der da läſtert und
verfolgt, was er nicht kennt, erklärt freilich den Moder für Blüthe,
und mit einem Höllenfunken auf den Lippen in hohlen Humani:-
tätsphraſen den Haß für Liebe. Die Kirche dagegen iſt es, die sich
in That und Wahrheit aus Grundsaß und in der Pflicht ihrer
Misſion des Volkes annimmt; wo ſie verdrängt wird, beeilen ſich
falſcher Egoismus und Tyrannei, das Terrain in Beſitz zu neh-
men, und das arme Volk, das sich am Buſen der Kirche gewärmt,
wird hinausgeſchleudert in die kalte Nacht der Herzensleere, der
geiſtigen und materiellen Noth, mit einem Worte, in einen Zu-
ſtand, der im weitern Fortſchreiten sich immer mehr dem Weſen
nach der antiken Sklaverei verwandt gestalten würde. Daß das
Gerede von Prieſterherrſchaft, Druck und Verdummung, Mißwirth-
ſchaft und dergl. im Kirchenstaate coloſſale Lügen sind, iſt von
Verhältniſſe kundigen Männern, insbesondere
Grafen Rayneval, mit dem Aufwande des erſchöpfendſten Beweis-
materials nachgewiesen worden. Cine Prieſterherrſchaft in dem
Sinne, wie die Sache von der Landeszeitung und deren Partei
fälſchlich aufgetragen wird, besteht in dem sogenannten ,Pfaffen-
ſtaate“ nicht, sie iſt weder vorhanden noch wird sie von irgend
Jemand angestrebt. Man hat ſie zum Propanz gemacht, um den
wohthätigen, menſchenbeglückenden Einfluß der Kirche aus dere
Gesellſchaft zu verbannen; das iſt ein Verbrechen gegen das wahre.
Wohl der Menſchheit und ein frevleriſches Attentat zugleich auf
die allein probehaltige, die Fülle des Segens verbreitende chriſt-
liche Civilisation.
. berg vortheilhafte
" vm 68U1 -+
der Kirchen“ als von einer ausgemachten Thatſache reven! Ab-
gesehen von der protestantischen Kirche, die hier ganz unberührt
bleiben ſoll, möchten wir Sie nur fragen, wie von wahrer ,„Selbſt:
die Patronatspfarreien ein großer Theil der Kirchenämter nicht
von der Kirche, sondern vom Staat besetzt wird, wenn das Ver-
mögen der Kirche nicht frei von staatlicher Beeinfluſſung ist, wenn
der Erzbiſchof nicht einmal sein Domecapitel frei wählen kann,
wenn Vertreter der bürgerlichen Gemeinde ohne Wahl durch die
Katholiken eo ipso in den Stiftungscommissionen sitzen und der-
gleichen Dinge mehr ? Uebrigens hätten wir nichts dagegen, wenn
die Staatszuſchüſſe aufhören würden, vorausgesetzt, daß man der
katholiſchen Kirche ihr Vermögen zur freien Verfügung herausgebe,
damit ſie auch wahrhaft „,selbſtſtändig“ und „unabhängig“ werde.
Zum Schluß wollen wir den Abg. Wundt auf Württemberg ver:
weiſen, wo neulich die Kammer, und zwar Demokrgten wie Moritz
Mohl u. A., in vorderſter Reihe, in anſständigster Weise sich im
Geldpunkte gegen die katholiſche Kirche benommen haben. InWürt-
temberg iſt aber auch die höchſte Toleranz unten wie oben und
Kirchenſtreite werden dort nicht über die Gränze eingeſchleppt.
Jolly verspricht dem Abg. Wundt (n. v. N.) eine Erfüllung
ſeiner Wünſche bis zur nächſten Büdgetperiode.
Abg. Gerwig ſtelltt einen Antrag auf Verminderung der
Feiertage, d. h. er will sie nicht kirchlich verboten haben, aber die
polizeilichen Vorſchriften, die den Geschäftsſtillſtand verlangten, sol.
len abgesſchafst werden.
Der Abg. Huf ſchm id will überhaupt nichts von einer
ſtreugen Sonntagsfeier wiſſen, wogegen jedoch Miniſter Jolly sich
verwahrt ; dagegen werde die Regierung gerne, wenn die öffentliche
Meinung d. h. das Volk es verlange, eine Verminderung der
Verkehrsbeſchränkung an Feiertagen eintreten laſſen. Sonderbar !
Hier hängt alſo Alles vom Volk ab, in andern Dingen aber, wo
z. B. das Volk ein dargebotenes Geſchenk, wie die Civilehe, ver-
ſchmähen will, soll gar nichts auf das „Volk“ ankommen! Oder
sollten wir vielleicht eine Meinungsverſchiedenheit im Ministerium
annehmen müssen, wenn Herr Stabel ſehr diktatorisch erklärt:
„Darauf, ob die Bevölkerung ein betreffendes Gesetz gern oder un-
gern annehmen würde, könne es nicht ankommen“, ~ während sein
College Jolly versichert, die Regierung werde auf das Volk und
ſeine Wünſche (bezüglich der Feiertage) die größte Rücksicht neh-
men? Wir hätten wohl einen Erklärungsgrund hiefür zur Hand,
indeſen . 1555.%
Lindau iſt dem Antrage Gerwig's nicht prinzipiell entgegen,
indem er zugibt, daß einige Feiertage, wie z. B. Oſtermontag, recht
gut beseitigt werden könnten. Er findet indeß, daß in der Verord-
nung vom Jahr 1865 ein Grundſatz anerkannt ist, den er heute
nicht mehr anerkannt findet, nämlich, daß die Confessionsgemein-
den, wo ſie „Pfarrecht“ haben, auf eine weltliche Feier ihrer
Feiertage Anspruch haben. Wenn der Staat aus allgemeinen
Gründen eine Verlegung einiger katholiſcher Feiertage nothwendig
wünſche (es sei auch heute wieder nur gegen katholische Verhält:
niſſe geſprochen worden), so werde die Kirchenregierung billigen
_ Anforderungen gewiß nicht entgegentreten. Sei das aber doch der
Hall, so müsse die kirchliche Autorität eben gewiß hiefür auch ihre
guten Gründe haben; im Interesſe des Friedens möchte er daher
Großh. Regierung dringend bitten, in dieser Angelegenheit nicht
einen neuen Streit vom Zaune zu reißsen und neuen Anlaß zu
tief gehenden Zwiſten zu ſchaffen. Die Sache sei nicht so einfach,
wie man glaube; wenn der Staat die weltliche Feier abſchaffe,
ſo bliebe es dann den Confesſionen doch noch frei stehen, ſie zu
halten, und auf dem Gebiete der Schule würde es danti durch das
Verlangen der staatlichen Behörden, an Feiertagen Schule halten
zu wollen, zu ernsthaften Streitigkeiten kommer können. Wenn
aber das Ordinariat eine nicht günſtige Antwort ertheile, so wäre
durch vollſtändige Veröffentlichung der beiderseitigen Gründe von
ſtaatlicher und kirchlicher Seite gewiß dem Volke die beſte Gelegen:
heit gegeben, sein Urtheil in dieser Sache zu bilden. Die Katholi-
ken werden aber ihrer kirchlichen Autorität gewiß dankbar sein,
wenn ſie das Recht der confessionellen Bürger, im modernen con-
rei bewegen
zu dürfen, auf's Entſchiedenſte vertheidigt. f f
_ Cs äußern sich darauf noch eine Reihe von Rednern über
die Feiertage resp. die ſtaatlicherseits zu beseitigenden Verkehrs
hinderniſſe an denselben, wobei Jo l ly auf Roßhirts Wunsch
Fr ſihttt..er wulle fit hierüber. zuerſt mit der erzbiſch. Curie in's
îOYBenehmen setzen.
Der Antrag Gerwig's wird angenonmen.
Bei der Berathung über die „Universitäten“
Jolly, es hätten mehrere ausgezeichnete Profesſoren in Heidel-
theilt Anerbietungen anderswohin erhalten, ,deren
Verluſt für die Hochſchule nur durch Aufbeſſerung ihrer Besoldun-
gen bit endet werden konnte, so daß eine Ueberſchreitung des
Büdgets nehin eintreten müſſe.“ So der Herr Miniſter; der
Bote ber | ätle gesagt, wenn er Minister gewesen wäre: Wenn
j Profe oren ihr Bleiben nur von Gehaltszulagen abhängig machen
und bei jeder Gelegenheit in dieſem Punkte dem Staat Daum-
hochgeſtellten, der
auch in den legten Jahren durch den franzöſiſchen Gesandten,
erklärt Miniſter |
ſchrauben anſegen wollen, überhaupt bei jeder kleinen financiellen
Verbesserung, die ihnen anderwärts in Aussicht ſteht, dem Staat,
der sie bisher weich gebettet, den Rücken kehren, so kann man
ſtändigkeit“ der katholiſchen Kirche die Rede sein kann, wenn durch | nur mit tiefem Kraßfuße sagen : Leben Sie wohl! Wenn diese
Herren für Geld gehen, bekommen wir wieder andere für's Geld ;
denn für's Geld, sagte einmal der König von Hannover an großer
Tafel, bekommt man Profesſoren u. noch etwas, das der Bote sei-
nen Leserinnen nicht gern ſagen mag. Mit Recht sagte daher Lindau:
„Der Herr Präsident des Miniſteriums des Innern hat so-
eben mitgetheilt, daß es nothwendig gewesen sei, um tüchtige Kräfte
der Universität Heidelberg zu erhalten, Zuſagen zu gewähren und
daß dadurch bereits jetzt eine Ueberſchreitung des Büdgets noth-
wendig geworden sei. Ich möchte den Herrn Präsidenten darauf
aufmerkſam machen, daß nach seiner Ansicht ſehr tüchtige weitere
Kräfte an eben dieser Universität vollkommen brachliegen und daß
es gewiß wünſchenswerth wäre, wenn Großh. Ministerium ſich
bemühen würde, dieſe brach liegenden Kräfte andern Universitäten
zukommen zu laſſen. Auf diese Weise könnte eine Ueberſchreitung
des Büdgets vermieden werden.“ |
Es scheint, daß der Abg. Lindau Persönlichkeiten im Auge
hatte, die bei großen Namen und hoher Besoldung kaum vor
wenigen Zuhörern ein Colleg zu Stande bringen, wie dies z» B.
bei einem Lehrer mit 3500 fl. bekannte Thatsache iſt. Wenn alſo
Lindau wenig Gewicht darauf legte, ob diese Herren länger in
Baden wären oder nicht, so kann man ihm hierin nur beipflichten;
eine andere Frage iſt aber die, ob andere Staaten unſere Lor-
beeren abnehmen wollen.
/ Karlsruhe, 11. Dec. Von Politik spricht bei uns kein
Menſch, Klatſch aber gibt es genug, wie in allen kleinen Reſiden-
zen; das Hauptsächlichſte, was mit Begierde geleſen und besprochen
wird, das sind die Verſeßungen und Beförderungen des Regierungs-
blattes und dergleichen intereſſante Dinge mehr. Jett ſpricht die
Stadt nur von den neuen Veränderungen, die unsere Truppen an
ihrer Bekleidung erhalten haben, wie man in der Landesbaſe vom
10. d. M. unter der Rubrik „Heer- und Seewesen“ des Ausführ-
licheren leſen kann. Litzen, Knöpfe, silbergeſtickte Borden, Halb-
monde, glatte Knöpfe, Umlegkragen u. s. w. sind lauter Dinge,
deren mannigfaltige Veränderungen allerdings unter der Rubrik
„Hör: und Sehwesen“ ihre beſte Unterkunft finden werden.
~ Vour Mittelrhein, 9. Dec. Wir haben noch manche
Betrachtungen zu schöpfen aus dem großartigen Schauſpiele, das
in der Gegenwart über die Weltbühne geht. Die Wichtigkeit der
Erhaltung des Kirchenſstaates und der weltlichen Herrſchaft des
Papſtes stellt sich uns in immer eindringlicheren Gesichtspunkten
dar. Es ginge in der That das Muſter eines menſchenwürdigen
Staatswesens perloren. Unsere Väter haben uns den bewährten
Spruch überliefert: „Unter dem Krummſtab iſt gut sein.“ Ein
ſchlichter Mann von gereifter Einſicht bemerkte vor Jahren: „Seit-
dem darauf ausgegang:n wird, Alles zu verweltlichen, iſt kein
Heil und Gedeihen mehr für das Volk.«. O, wie wahr iſt auch
dieſes ! Wie groß ſind die Verheerungen jeßt ſchon, die der Abfall
von Chriſtenthum und Kirche über die Geſellſchaft gebracht! Gegen-
wärtig liegen Leid und Strafe deßfalls vorzugsweiſe auf den
Massen; im Laufe der Zeit wird die Nemesis höher hinaufgreifee.
Gediehen iſt unter der heidniſchen Umconſtruirung der chriſtlichen
Gesellſchaft am meiſten die Omnipotenz der Büreaukrcatie, der auf-
geblähte Doctorinarismus , des Geldſackes Cultus und Recht ~+
und im Gefolge von all’ dieſem Maſſsenverarmung, ſittliche Ver-
wilderung, riesenhaftes Umsichfreſſen des Volkselendes und der
Verlaſsenheit. Die Blindheit eines Wahnfsinnes, der da läſtert und
verfolgt, was er nicht kennt, erklärt freilich den Moder für Blüthe,
und mit einem Höllenfunken auf den Lippen in hohlen Humani:-
tätsphraſen den Haß für Liebe. Die Kirche dagegen iſt es, die sich
in That und Wahrheit aus Grundsaß und in der Pflicht ihrer
Misſion des Volkes annimmt; wo ſie verdrängt wird, beeilen ſich
falſcher Egoismus und Tyrannei, das Terrain in Beſitz zu neh-
men, und das arme Volk, das sich am Buſen der Kirche gewärmt,
wird hinausgeſchleudert in die kalte Nacht der Herzensleere, der
geiſtigen und materiellen Noth, mit einem Worte, in einen Zu-
ſtand, der im weitern Fortſchreiten sich immer mehr dem Weſen
nach der antiken Sklaverei verwandt gestalten würde. Daß das
Gerede von Prieſterherrſchaft, Druck und Verdummung, Mißwirth-
ſchaft und dergl. im Kirchenstaate coloſſale Lügen sind, iſt von
Verhältniſſe kundigen Männern, insbesondere
Grafen Rayneval, mit dem Aufwande des erſchöpfendſten Beweis-
materials nachgewiesen worden. Cine Prieſterherrſchaft in dem
Sinne, wie die Sache von der Landeszeitung und deren Partei
fälſchlich aufgetragen wird, besteht in dem sogenannten ,Pfaffen-
ſtaate“ nicht, sie iſt weder vorhanden noch wird sie von irgend
Jemand angestrebt. Man hat ſie zum Propanz gemacht, um den
wohthätigen, menſchenbeglückenden Einfluß der Kirche aus dere
Gesellſchaft zu verbannen; das iſt ein Verbrechen gegen das wahre.
Wohl der Menſchheit und ein frevleriſches Attentat zugleich auf
die allein probehaltige, die Fülle des Segens verbreitende chriſt-
liche Civilisation.