Erſcheint wöchentlith 8 Mal : Dienstag,
s. ii Donnerstag und Samſstag.
§ De Prager Friede als Grundlage der Re-
'sgiriuk) vid bgjeſtaltutq' Deutſchlandss . " cl
Heitrag zur Berichtigung der Urtheile über die dentſchen,
insbeſondere die .it politiſchen Verhältniſſe.
(Schluß.)
DVeottrefflich iſt die Schilderung der Ureter. iughejunbers die
Art und Weiſe, wie Herr y. Feder die Zweckmäßigkeitspolitiker, die
den Anhängern des Rechts beſtändig, wie dies in der ſchamloſeſten
Weise in der Bad. Landeszeitung geſchieht, den Vorwurf der „„Ge-
fühlspolitik“ zu machen pflegen, abfertigt und wie er mit wenigen
1iteiſterhaften Strichen 'das Gébahren des Nationalvereins zu zeichnen
verſteht. Er ſagtt- „Auf dem freiheitlichen Gebiete läßt ſich rechnen
und markten, datt’ läßt ſich auch von der Partei wegen eine tühle
îVerſtandespolitik treiben, aber wenn auf dem nationalen Gebiete ſich
eine: Pärtei von den entfernt, was Alle im Volke bewegt und be-
wegen muß; wenn sie die inhere, aus dem Wesen der nationalen
'Zuſammengehörigkeit hervorgehende, allerdings mehr dem Gemäüthe
uud dem Herzen entſpringende Triebkraft leugnet, wenn sie beginnt,
klug zu berechnen und zu. calculiren, wo nur das eine Wort: ,das
ganze Deutſchland ſoll es sein“ Anſpruch darauf machen kann, das
Gefühl des deuiſchen Volkes wahrhaft wieder zu geben.: so hört ſie
auf eine Volkspartei in den eigentlichen Sinne zu sein. Statt die
ini Volke! lebende nationale Anſchauung zu vertreten, ſucht sie die
Stelle der uns| führenden Politik einzunehmen. Die Partei wird
zunächſt zur Parteigängerſchaft für eine Macht, von welcher sie die
Realiſirung ihrer Anſithten. erwarten zu können glaubt. Der Mangel
an Suyitipathien von! Unten treibt sie dazu, die bestehenden oberen
Getwalten für ſich einzunehinen und womöglich selbſt in den Besitz
der Gewalt zu gelangen. Der Mangel an wahrer Popularität muß
die Macht erſeßen. [Jn dieſem Stadium angekommen, folgen Schlag
auf Schlag die weiteren Thatſachen, welche jener Partei den Cha-
rakter einer Volkspattei gänzlich entziehen. Auf die bestehende Ge-
walt angewieſen, muß sie sich in ihren freiheitlichen Grundſätzen
drehen und wenden, ja sie muß dieselben auch im einzelnen Falle
preisgeben, um ihre Stellung zu jener nicht zu beeinträchtigen.
Nannte sich die Partei liberal, ſo geräth nunmehr ihr Liberalismus
in Gefahr; nannte sich die Partei national, so ſieht ſie sich plöglich
in der Lage, 'die Zerreißung der Nation als nothwendig, pratktiſch
und vernünftig proklamiren zu müssen. Der Nationalverein und
die ihm affilliirten Meinungen haben das unglückliche Verdienst, das
Zerrbild einer ſolchen Partei nicht ſowohl eingeführt, als erneuert
zu haben. "Er fußte vom Anfang an auf dem Gedanken des von
einer Seite überwuchernden Particularismus, nicht auf dem eines
einigen und freien Deutſchlands; er proklamirte die Grundsätze einer
sogen. praktiſchen Politik in der nationalen Frage; er versuchte es
dem deutſchen Volke begreiflich zu machen, daß es sich von einem
Theile seines eigenen Körpers los machen müſſe, um ein Ganzes
zu sein oder zu werden, und war bestrebt, sich an die Macht Preu-
ßen anzuſchniiegen, tro aller Zurückweiſungen, die er zu erfahren
hatte. Der Nationalverein wollte den freiheitlichen Gedanken kul-
tiviren. Noch in einem Augenblicke, wo man an die äußerliche,
neuerlich eingetretene Realiſirung seiner Pläne nicht dachte, prokla-
mirte er die Reichsverfäſſung vom Jahre 1849 und die Grundrechte.
Aber siehe da, in dem Momente, in welchem der preußiſche Staat
durch die Niederwerfung Desterreichs und dessen Verdrängung aus
Deuiſchland auf dem Wege zu ſein scheint, die Pläne des National-
vereins zu vollführen, stellt derselbe den Gedanken der Freiheit in
die Ecke.’ Jede freiheitliche Agitation von seiner Seite iſt verschwunden
und aufgegeben; man erklärt sie für unzeitgemäß und unwichtig
gegenüber der nationalen Frage. Realisirt aber Preußen wirklich
die Pläne des Nationalvereins? Wenn es zu den charakteristiſchen
Merkmalen der jüngst noch vorhandenen Bewegungspartei gehörte,
daß sie fich in ihrer ütationälen Grundauffaſſung von dem Volksce-
fühle entfernte, daß sie berechnete, wo man fühlen und empfinden
muß, daß sie die Freiheitsfrage nur als anziehendes Spielzeug be-
handelte, daß sie die Zerreißung der Nation als national bezeichncie,
daß sie machtſüchtig war und sich jezt machtſchwindleriſch erwies,
so steht mit alle dem die ſchwerwiegende Folge in unmittelbarem
Zuſammenhang, daß eine so qualificirte Partei unter Verkennung
der wesſentlichſten Aufgabe einer politiſchen Partei Gefahr läuft, ein
Samſtag den 16. Februar
Preis vierteljährl. 40 kr. ohne
Trägerlohn u. Poſtaufsſchlag.
Inſs.:Geb. 2 kr. die. Petitzeile.
..1867.
Werkzeug der Macht zu werden. Eine große politifche Partei wird
hinter der Regierung des Staates stehen, um sie zu controliren, um
ſie für ihre Ziele anzutreiben und um sie nöthigenfalls mit mehr
| entſprechenden Elementen zu ergänzen. Die Regierung eines Staates
Jerſcheint ihr in dieſem Sinne gewissermaßen als etwas Entgegen-
ſtehendes, als das Objekt ihrer Beobachtung, ihrer Kritik und ihrer
politiſchen Operationen. So ſstehen die Dinge heute nicht. Die
überraſchenden preußiſchen Erfolge haben das Verhältniß der Na-
tionalvereins-Partei und der mit ihr gehenden Meinungen zu Preu-
ßen vollends umgeſtaltet. . Preußen iſt. wirklich nunmehr nach der
Aufsaſſung derſelben nicht: Ein deutſcher Staat, sondern der deutſche
Muſterſtaat, ja, der ausſchließliche Staat.. Es. iſt keine deutsch-
nationale Partei mehr vorhanden, (die sich hinter die preußiſche Re-
gierung ſtellt, um von ihrem Standpunkte aus deren Handlungen
zu controliren und sie in dem deutſch-nationalen Sinne anzutreiben,
ſondern wir haben nur eine preußiſche Anhängerſchaſt um jeden
Preis, die ſich des Rechtes und der Pflicht der Kritik vollständig
begeben hat und Alles als vortrefflich nennt, was von Preußen aus
geſchieht. So muß man ſich das Stillſchweigen, ja, die ſtillſchwei-
gende Billigung der Behandlung Frankfurts, das Verfahren in Schles-
wig-Holſtein, der Beseitigung aller verfaſſungsmäßigen Zuſtände in
Kurhessen, Naſſau und Hannover und. der Einführung des ah-
ſoluten Regimentes dortſelbſt erklären. Jene Anhängerschaft iſt
nicht mehr im Stande, die Aufgabe einer Partei zu verfolgen.
Um den rechtmäßigen Einfluß einer Partei auf die Regierung aus-
üben zu können,. müsſſen deren Bestrebungen von -den Sympathieen -
großer Volkskreiſe getragen sein. Hieran fehlt es aber, und es
iſt daher die Frage eine müßige, ob die preußiſche Regierung die
Pläne des Rationalvereins vollführe. Im Gegentheile iſt derselbe
der preußiſchen Regierung dienſtbar geworden und hat als Volks-
partei aufgehört zu exiſtiren. ; N
Die hier im Algemeinen dargestellten Erſcheinungen und ihre
Jolgen treten überall, vorzüglich auch in Süddeutſchland, hervor.
. Die Gründung des Nationalvereins führte aus den angedeu-
teten Ursachen einen tiefen Riß zwiſchen den Nationalgesinnten
im deutſchen Volke herbei, welchen auch die ursprünglich feſtge-
haltenen Freiheitsbeſtrebungen des Ersteren nicht zu heilen ver-
mochten. Der Nationalverein oder die sogen. gothaiſche Anſchau-
ung legte dem deutſchen Volke die Wahl zwiſchen Preußen und
Deſterreich auf, und diese Wahl erhielt sofort die Bedeutung, daß
man nicht blos zu wählen habe zwiſchen dem preußischen und
öſterreichiſchen Staatsregimente, sondern auch zwiſchen dem An-
ſchlusſſe an die größie deutsch consolidirte Macht und dem Aus;chlusse
des deutſch-öſterreichiſchen Volkes. In Süddeutſchland, woselbſst das
Bewußtsein der Stammeszuſammengehörigkeit mit dem deutſch-
öſterreichiſchen Volke naturgemäß lebendiger iſt als im Norden,
konnte daher jene angebliche Realpolitik der gothaiſchen Richtung
nie Wurzel faſſen. Die eine politiſche Sünde, welche darin be-
ſtand, daß man von Parteiwegen eine Theorie aufstellte, welche
das Nationalgefühl beleidigte, war die Mutter der folgenden. Um
das Gewicht des im Volke vorhandenen Bewußtseins der Stam-
meszuſammengehörigkeit zu mindern, wählte man das Mittel der
politiſchen und kirchlichen Agitation. Die Theile des gemeinsamen
Körpers, die deutſch-öſterreichiſchen Länder und das dortſelbſt woh-
nende biedere deutſche Volk sucht man vergesſſen zu machen unter
der Fluth von Vorwürfen, welche man gegen das Syſtem der öſter-
reichiſchen Regierung und gegen die Schwächen des Gesammt-
ſtaates Deſterreich schleuderte, und während man ähnliche Einwen-
dungen gegen das preußiſche Regierungssſyſtem mit der ſchnell-
fertigen Erwiderung beseitigte, daß nicht das augenblickliche
Regierungssyſtem, sondern das Volk und der Staat der Freiheit
und Intelligenz an und für sich entſcheidend sein müsse, thürmte
man in einem Athemzuge den ganzen Schrecken der Reaktion und
Concordatsfurcht zu dem Zwecke auf, um die öſterreichisſche Grenze
zu einer unüberſteiglichen Scheidewand zwiſchen Deutſchen und
Deutschen zu machen. Eine solche nationale Ungeheuerlichkeit hat
die Weltgeſchichte bis jetzt nicht erlebt. Mag man Diejenigen als
vermesſen ſchelten, welche sich dem Glauben hingeben, daß einstens
der Tag kommen werde, an welchem die beiden großparticula-
riſtiſchen Mächte –~ Preußen und ODeſterreich + vor der Wucht
der nationalen Idee zusammensſtürzen werden, wie sie ſich schon
einmal vor derselben beugten; mag man Diejenigen als zu kühn