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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1870

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Nr.95-120 (2.August - 31.August)
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srſcheint wöchentlich 3 Mal : Dienſtag,
Donnerſtag und Samſtag.

für Hladt





Preis : vierteljährl. 40 kr. ohne

und Land. FU und Poſtaufſchlag.
Inſ.-Geb. 2 kr. die Petitzeile.













#2 100.

Sonntag




Süddeutſchland.

Karlsruhe, 4. Aug., Nachts 12 Uhr. Ueber die Einnahme
von Weiſſenburg kann ich Jhnen aus zuverläsſiger Quelle Fol-
gendes mittheilen:

: Früh Morgens am 4. rückte die Vorhut der dritten Armee,
aus der bayriſchen Division Graf Botmer bestehend, gegen Weiſ-
ſenburg vor, das durch Verſchanzungen bedeutend befestigt war.

Es gelang dieser Division, sſtürmend in Weiſſenburg einzudringen
und dabei dreihundert Gefangene zu machen. Das Gefecht kam je-
doch bald zum Stehen und wurde nun durch das heranrückende
fünfte preußiſche Corps kräftig aufgenommen. Es entſpann sich dem-
nächſt ein heftiger Kampf, da neue Verstärkungen des Feindes ins
Treffen geführt wurden. Eine starke Colonne des 11. Corps stürmte
uun in die rechte Flanke des Feindes, der, von allen Seiten gedrängt,
ſich eiligſt zurückzog und weit über Weisſenburg verfolgt ward.

Se. Königl. Hoheit der Kronprinz wohnte einem Theil dieses
wichtigen Gefechtes an, das zwar viele Opfer auf deutſcher Seite
koſtete, aher auch bedeutende Erfolge aufzuzeichnen hat.

Von deutſcher Seite wurden 800 Gefangene gemacht, darunter
viele Turkos und Zuaven; ein Geschüt, wurde von einem preußi-
ſchen Jägerbataillon erobert; das Zeltlager eines feindlichen Huſa-
regiments erbeutet und es fielen noch viele Waffen in die Hände
der Sieger. :

Der Verlust der preußiſchen und bayriſchen Truppen wird
vorläufig auf sechshundert Verwundete und Todte geschätzt. Der
seindliche Verluſt soll viel bedeutender sein, iſt jedoch noch nicht ge-
nau zu bemeſsſen.

Die ba d i ſche Division drang heute ziemlich weit in Fein-
desland vor, ohne jedoch auf ernſteren Widerstand zu stoßen. Der
Großherzog ſuchte heute Mittag die badiſchen Truppen in ihren
Stellungen auf und wurde jubelnd von ihnen begrüßt. Bei einem
Vorpoſtengefecht wurde ein badiſcher Dragoneroffizier leicht verwun-
det, ſowie auch einige Pferde. Der Geſundheitszuſtand der Trup-
pen iſt ausgezeichnet. |

Karlsruhe, 5. Aug., Mittags. Unsere badische Division iſt heute
früh vor 6 Uhr von Lauterburg in ſüdlicher Richtung vormarſchirt.
Das Gouvernement der Feſtung Raſtatt meldet darüber telegraphiſch
Folgendes : „Die Vorpoſten am diesseitigen Rheinufer beobachteten
heute früh 6 Uhr ein kleines Gefecht, welches am jenseitigen Ufer
bei Münchhauſen (gegenüber von Steinmauern) ſtattfand. Beiläufig
ein badiſches Bataillon nahm an demselben Theil. Die Unsrigen
rückten ſodann auf Schaffhauſen (nördlich von Selz) vor.“ (Kls. Ztg.)

Karlsruhe, 5. Aug. Ueber den gestrigen Kampf bei Weisſenburg
vernehmen wir, daß um halb neun Uhr Morgens bayriſche Truppen
das Gefecht zwiſchen Niederotterbach und Weiſſenburg eröffnet, daß
sſodann von dem fünften norddeutſchen Armeecorps das 5. Jäger-
bataillon, das 7., 47., 48., 58. und 59. JInfanterieregiment und
Artillerie an demſelben Theil genommen hätten. Reiterei Jei nicht
thätig geweſen. Nachdem Weisſſenburg von den Preußen und Bayern
geſtürmt, habe sich der Kampf links gegen den Geißberg gezogen,
und dieſe starke feindliche Siellung sei nach hartnäckigem Ringen
vou den Preußen genommen worden. Bei dem Geißberg ſeien etwa
900 Gefangene gemacht worden, darunter viele Turcos, zugleich
aber hätten hier die Preußen die meiſten Verwundeten gehabt. ~
Aus Mannheim wird gemeldet, daß dort bis diesen Morgen 230
Verwundete angekommen und 486 Gemeine und 12 Offiziere als
Gefangene durchtransportirt worden ſeien. (Klsr. Ztg.)

Niederrottenbach, Donnerſtag 4. Auguſt, Abends 6 Uhr.
Glänzender, aber blutiger Sieg der Süd- Armee unter
dem Kronprinzen bei Erſtimung Weiſſenburgs und des dahinter
liegenden Geisberges durch die Regimenter des 5. und 11. preu-
hiſchen und des 2. bayeriſchen Armeecorps. Die französiſche Divi-
ſion Do u ay vom Corps Mac-Mahon wurde unter Zurücklaſſung
ihres Zeltlagers in Auflöſung zurückgeworfen. General Douay todt;

über 500 unverwundete Gefangene, darunter viele Turkos, und 1

Geſchütß erobert. Unsererſeits erhielt General Kirch bach einen
_ leichten Streifſchuß. Das Königsgrenadier- und das 50. Regiment
_ haben ſtarke Verluſte.



den 7. August

start gewendet.



1870.







Neunkirchen, 4. Aug. Die in Saarbrücken befindlich ge-
weſenen Lokomotiven und Eisenbahnwagen ſind ohne Beſchädigung
weitergeſchafft. Bei der Affaire am Dienſtag wurde das Eiſenbahn-
Stationshaus zu Saarbrücken durch Granaten ziemlich beschädigt.
München, 31. Juli. Selbſt auswärtige Blätter heben rühmend
die Thatsache hervor, daß in der gegenwärtigen Kriegsnoth das
Volk vor Allem zu Gott sich wendet. So ſchreiben die „Basler
Nachrichten aus „Süddeutschland“ : „Eine anerkenuenswerthe, das
deutsche Volk ſo ſehr charakteriſirende Thalſache iſt die, daß gegen-
wärtig die Kirchen aller Confeſſionen massenhaſt beſucht werden und
man in dem schweren Verhängniß, das über Deutſchland hereinge-
brochen ist, Troſt und Hilfe ſucht bei dem Lenker des Schicksals der
Völker. Die Geistlichen üben überall ihr Amt in patriotiſcher Weiſe.“
Der „Volksbot'“ fügt hiezu noch bei, daß namentlich auch unsere

Soldaten vor dem Ausmarſch eifrig die Gotteshäuſer beſuchen. Seit

den letzten vierzehn Tagen sieht man faſt in allen Kirchen jeden
Morgen zahlreiche Soldaten aller Wafsengattungen, welche anbächtigſt
die hl. Communion empfangen. Recht so! Ein. gottesfürchtiger Sol-
dat iſt auch ein braver Soldat und wer mit Gott ins Feld zieht,
wird mit um so beſſerem Muthe in den Kampf gehen.

Norddeutſcher Bunt.

Berlin, 5. Auguſt. Das Telegramm über die Erſtürmung
Weiſsenburgs und des Geißb erg s wird in allen Einzelheiten
vollſtändig beſtätigt durch folgende Depeſche des König s an die
Königin Auguſſta :

„Unter Fritzen's Augen heute einen glänzenden aber blutigkna

Sieg erfochten durch Stürmung von Weissenburg und des dahinter
liegenden Gaisberges. Unser 5. und 11. Corps und 2. bayriſches
Armeecorps fochten. Feind in Flucht ; 500 unverwundete Gefangene,
eine Kanone und das Zeltlager in unſeren Händen. Diviſionsgeneral
Douay todt; von uns General v. Kirchbach leicht geſtreift; mein
Regiment und 58. starke Verluſte. Gott sei gepriesen für dieſe erſte
glorreiche Waffenthat !
Mainz 4. August. (gez.) Wilhelm.“

Königsberg i. Pr., 2. Aug., Morgens. Dem „V. B. C“
wird gemeldet: Ein hiesiger Kaufmaun (Johanson), als Polenfreund
bekannt, iſt ſoeben aus dem benachbarten Seebadeort Cranz ausge-
wiesen worden, da er verdächtig war durch Lichtzeichen den in der
Ostsee kreuzenden französiſchen Schiffen Signale geben zu wollen.

Kiel, 4. Aug. Die franzöſiſche Zeitungsnachricht von der
Wegnahme zweier dieſſeitiger Kanonenbote ist lediglich eine Erfin-
dung. Weder Kanonenboote noch andere Kriegsſchiffe sind, so weit
bekannt, mit dem Feinde zuſammengekommen.

A u s l a n d.

Paris, 2. Aug. Nichts Neues — nichts Ernsthafteres vom

Kriegsſchaupla, woher nur Meldungen über Truppen, Munition

[und Heu einlaufen. Die Ziffer der in den Grenzbezirken concen-

trirten Armeen wird im gegenwärtigen Augenblicke 300,000 über-
steigen. Bei Mühlhausen und Colmar werden eben zwei verſchanzte
Lager errichte. Jn Folge der in Lorient gemachten Erfahrungen
iſt Befehl ertheill worden, zwanzig Schiffe nach Erfindung eines
Marineofficiers Durcelli zu erbauen. Man versichert, daß bei An-
wendung zweier dieſer Fahrzeuge kein Torpedo (ſubmarine Spreng-
geſchoſſe) den Wirkungen der (zu ihrer Entfernung angewendeten)
Kratznetze widerſtehen könne. Es wird ein freiwilliges Artilleriecorps
zur Vertheidigung der Fortificationen gebildet werden. Dreißig Bat-
terien Mitrailleuſen sind in Fort Mont Valerien zum Gebrauche
der Mobilgarde zurückbehalten worden. Beim Eintritt ins Mini-
ſterium war Leboeuf kein Freund der mobilen Nationalgarde, welche
sein Autzvscgtrget Miet q ian hatt. hat sich das Blatt
Organisation in ff ſetesl ve Urte rg
tt) Mit uu KIU N U B gte qe.
Von Aubervillers aus iſt gestern das Millionär-Bataillcs nach Cha:
lons abgerückt. Edmond von Rothschild, welcher als Verwaltungs-
rath der Ostbahn Anrecht auf einen Extrazug hat , saß mit vierzig
Genossen in einem Waggon dritter Claſſe. Mac-Mahon hat sich
von Straßburg nach Met; begeben, um mit dem Kaiſer zu conferiren.
Er iſt bereits wieder auf seinen Posten zurückgekehrt. Marſchall
 
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