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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1870

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Nr.95-120 (2.August - 31.August)
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die süddeutſchen Staaten Bayern und Baden ~ von Württemberg



ürſcheint wöchentlich 8 Mal: Dienstag,
Donnerſtag und Samſtag.

für Stadt

M. 107.





j Süddeutſchlannle

* Heidelberg, 14 Aug. Nach der „Schlesischen Zeitung“, einem
ganz ministeriellen Blatte, das vielfach zu officiösen „Fühlern“ be-
nuttt wird, ſcheint man in der That in Berlin damit umzugehen,



iſt darin keine Rede ~ für ihre prompte Hilfe gegen Frankreich zu
belohnen. Es heißt dort, der Krieg müſſe mit aller Energie bis
zur gänzlichen Demüthigung Frankreichs weiter geführt werden. Es
handle sich hier nicht blos um die Entthronung Napoleons, sondern
um die Heilung Frankreichs vom „Größenwahnsinn,“ dem es durch-
aus bisher verfallen sei. Frankreich müsse alſo in seine natürlichen
Gränzen eingedämmt werden d. h. alſo in die Sprachgränze.
Der Artikel fährt dann, vollkommen in Uebereinſtimmung mit dem-
jenigen von uns früher ſchon erwähnten der Norddeutſchen Allge-
meinen Zeitung, folgendermaßen fort : „Der Gedanke, daß der ge-
genwärtige Krieg abermals zu einer Vergrößerung Preußens führen
werde, muß um dieses Bewußtsein lebendig zu erhalten, von vorn-
herein bekämpft werden. Gelingt es uns + was Gott gebe –~
uuſere Fahnen siegreich nach Paris zu tragen, dann werden ſich
natürliche Löſungen finden, die jeder derartigen Verdächtigung
Troy bieten.‘ Demgemäß solle Baden das Elſaß erhalten und zu
einem Königreich erhoben werden, desſſen Haupt- und Residenzstadt
Str aß b u rg sei. Das nördöſtliche Lothringen werde, jedoch nur
ſo weit die Sprache deu tſ ch ſei, zu Bayern geſchlagen werden.
* Heidelberg, 15. Aug. Die Blätter erwarten allgemein
heute eine große Schlacht bei Metz. Heute ist betanntlich der
Napoleonstag, an welchem der franzöſiſche Kaiſer wohl
am liebſten die Schlacht annehmen wird, zumal er nicht weiter
rückwärts kaun, um seine Armee nicht völlig zu demoraliſiren und
die Revolution in Paris nicht heraufzubeſchwören. Die Stellung
der franzöſiſchen Armee wird übrigens, gedeckt durch Metz und die
Meoſel, eine ſehr starke sein. Nach den bisherigen Leiſtungen unſe-
rer Truppen aber und bei ihrer numerischen Ueberlegenheit und
gediegeneren Führung zweifeln wir nicht an einem glänzenden Aus-
gang für die deutſchen Waffen. /
. O Dilsberg, 13. Aug. Unsere Gemeinde gehört bekanntlich
nicht zu den wohlhabenden des Landes, aber gleichwohl hat ſsie
bereits für die verwundeten und kranken Soldaten ein namhaftes
Schärflein beigetragen. Es wurden von uns nämlich an Gaben
geliefert: Hemden 81, Leintücher 22, Handtücher 15 Stück, 2 Paar
Socken, ein Paar Unterhoſen, 1 Centner Dürrobſt, eine Parthie

Charpie, eine Quantität Mehl und Kernbohnen, 194 Stück Eier, |

2 Säcke Kartoffeln und 2 sl. 42 kr. an baarem Geld.

_ . V Waibstadt, 18. Aug. Ihr Correſpondent von hier hat sich
in ſeinem Artikel vom 11. d. M. etwas geirrt. Nicht 150, son-
dern nahezu 250 Hemden, sowie (außer den bereits aufgezählten
Gegenständen) weitere 10 große und 12 kleine Bettüberzüge sind
dem hiesigen Comite zur UÜnterſtigung kranker und verwundeter
Soldaten abgeliefert worden. Vergeſſen ſoll auch nicht werden,
den Frauen zu danken, welche mit großer Sachkenntniß und Hin-
gebung alle Arbeiten geleitet haben.

_ Weil ich doch am Schreiben bin, so will ich dem Boten noch
einige andere Mittheilungen machen. Seit Ausbruch des Krieges
hat sich hier der alte Parteihader und der beklagenswerthe Zwie-
ſpalt und Unfriede, Gott sei Dant, gelegt. Die Bürger unter ſich,
ſowie die Geistlichen, Lehrer und andere Vorgeſetten der Gemeinde
haben sich in dem rühumlichen Streben geeinigt, auf jede Weise die
Noth der Soldaten auf dem Schlachtfelde, wie nicht minde
bedrängte Lage mancher zurückgebliebenen Familienangehörigen zu
erleichtern und erträglich zu machen.

Die diesjährige Ernte fiel hier im Ganzen recht gut aus.
Durch die lang anhaltende Hitze blieb zwar der Strohhalm sehr
kurz, um so beſſer aber iſt die Frucht. Sehr zufrieden sind die
Leute mit dem Spel; und Hafer, die bei uns viel gebaut werden.
Heute, t ſich der Himmel nach vielen regneriſchen Tagen etwas
L §t1 fut m Grub StR flet. bi Uri
zu loben iſt es, daß hier eine Anzahl Bürger freiwillig und gern
. die Arbeiten ſolcher Landwehrmänner beſorgt hat, welche mitten in
der Erntezeit zur harten Kriegsarbeit abgerufen worden sind.

r die







Dienstag den 16. August



Preis : vierteljährl. 40 kr. ohne
Trägerlohn und Poſtaufsſchlag.
Inſ.-Geb. 2 kr. die Petitzeile.

. 1870.

und Land.







* Karlsruhe, 14. Aug. In der heutigen Karlsruher Zeitunn.
lesen wir folgende Kundgebung des Ministeriums :

Die französiſche Regierung hat, Angesichts der zunehmenden Erbitterung
des Volkes, die sofortige Ausweisung der Deutſchen aus Frankreich – mit weni-
gen Ausnahmen = beſchloſſen. Die Norddeutſchen werden über Belgien, die
Süddeutschen durch die Schweiz nach der Heimath geschickt. Die Angehörigen
der in Frankreich wohnenden Badener werden aufgefordert, den Letzteren, im
Bedürfnißfall, Geldmittel zur Heimreiſe und zur Abwickelung ihrer Geschäfte
zugehen zu laſſen. Das unterzeichnete Ministerium iſt bereit, ihm zu dieſem
Zweck zugewiesene Gelder zur Uebermittelung anzunehmen.

Karl s ru he, 13. August 1860. ;
Großh. Ministerium des Großh. Hauſes und der auswärtigen Angelegenheiten.

t rtyyor t E. Mittenmaier.

Stuttgart, 13. Aug. Der „W. Staatsanzeiger“ iſt von der
italienischenGeſandtschaft zur Erklärung ermächtigt, daß die deutſchfeind-
liche Haltung der Mailänder „Perseveranza“ weder die Gesinnungen
der italieniſchen Regierung, noch des italieniſchen Volkes ausdrückt.

München, 12. Aug. Amtlich. Das erste bayeriſche Armee-
corps befindet sich nach vollendetem Uebergang über die Vogesen
heute in Bivouak in Diemeringen (Arrondissement Saverne).

Norddeutſcher Wunnke. ;

Berlin, 12. Aug. Der „Staatsanzeiger“ ſchreibt: Alle im
freien Verkehr des Zollvereins befindlichen Waaren werden über die
Grenze der von den deutſchen Heeren besetzten Theile Frankreichs
zollfrei eingelaſenenn.

Berlin, 12. August. Gegenüber der Behauptung Gramonts,
Graf Bismarck, habe gelegentlich des Clarendon’'ſchen Abrüſtungs-

vorſchlags Besſorgniß in Betreff einer ſüddeutſch-öſterreichiſchen Aliaezg

ausgedrückt : erklärt die „Nordd. Allg. Ztg.“, daß die Südſtaaten
damals mit keiner Silbe erwähnt wurden.

Hanuover, 12. Aug. Der amerikaniſche General Sheridan
hat ſich nach Berlin begeben, um dem Feldzuge im preußiſchen Haupt-
quartier beizuwohnen.

Berlin, 13. Aug. Officielle militärische Nachricht. Am 12.
Augulſt hatte die franzöſiſche Armee ihre Positionen an dem in die
Moſel mündenden Flüßchen Nied zur Vertheidigung eingerichtet ~
iſt jedoch troßpdem gestern bei Metz über die Moſel zurückgegangen.
Unsere Cavallerie streift bereits vor Met, Pont- à- Mousson und
Nancy. ~ Nancy vom Feinde geräumt. Unsere Cavallerie zerſtörte
nördlich Nancy-Bahn nach Frouard.

Saarbrücken, 9. Aug. Ein Berichterstatter der „Köln Ztg.“
ſchreibt u. A. : Die Position des Spicherer Bergs zu veranſchaulichen
durch Beſchreibung iſt unmöglich. Man muß ihn von allen Seiten
in Colonnen erstiegen haben, um das Geſchehene als eine Düppeler-
ſtürmung begreifen zu können. Beſäet mit Leichen franzöſiſcher Sol-
daten ſind Wälder und Felder. Unſere Pioniere müſſen uns die
Wege über die Hochebene bahnen durch Wegräumen der Leichenhaufen.
Auf den höchſten Kämmen der Laufgräbengürtel, welche serpentinen-

artig den Berg umgeben, hangen die zerfeßzten Franzoseuleichen,

Offiziere und Gemeine, wie eine rothe Garnitur. Große Abtheilungen
unserer Pioniere arbeiten sich in Schn'eiß, die Gräben für dieſe
Leichenhaufen von Menſchen und Pferden zu ſchaufeln und in den
rothen Bergfels einzuhauen. Aus großen Gruben ragen Fäuste und
rothe Hoſen heraus, die allmälig unter den Schaufeln unserer Sol-
daten verſchwinden. Ein von uns gefangener franuzöſiſcher Offizier
erklärte uns offen, daß im franzöſiſchen Lager die Stellung des
Spichererberges für uneinnehmbar gehalten wurde, und vier preuhiſche
JInfanterieregimenter haben sie im Frontsturm genommen. Dieſe
Wunder deutscher Tapferkeit, die im heroischen Kriegsmuth denen der
alten Spartaner gieichkommen, mußten allerdings die franzöſiſche
Armee mit einer Panik erfüllen, die sie zur wildeſten Flucht ange-
trieben. Unsere zur Verfolgung ausgesandte Kavallerie hat denn in
der That alle Fühlung mit dem Feinde spurlos verloren. Wir
treffen im Dorfe Spicheren ein. Lagerrequiſiten der Franzosen, die
hier aus dem Bivouak aufgesſcheucht worden, fallen in unsere Hände.
Ganze Zeltlager, Pferdegeſchirre, Waffen in zahlloſen Mengen.

Im Hauptquartier zu Brumath, 11. Aug., Vorm. (Von
dem Spezialcorreſpondenten der Karlsr. Ztg.) Heute Nachmittag
erfolgt wieder Vormarſch auf Straßburg und hofft man, in Folge
der getroffenen Vorkehrungen und der allen Nachrichten zufolge fort-

[ dauernd in der Einwohnerschaft herrschenden Stimmung, der Festung
 
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