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weiſen Paſt alſo ’mal genau auf dieſe Kechnung auf:
Denkt euch euer Junge oder Nachbars Junge oden irgend
ein anderer Zunge nimmt in ſeiner Einfalt ſo'n MNeftchen
aus, wo eine Grasmücken · oder Rothſchwaͤnzchens Brut zu
Stücker fünf drin ſitzt; dieſe fünf gehen, wie ſie dann
immer thun, ſchmählich zu Grunde. Ihr koͤnnt Euch denken,
fünf folcher kieiner Mäuler, die ſonſt nichts haben. freſſen
den Tag was Gehöriges weg, ſagen wir mal, iedes nur
50 Kaͤuͤpen pro Tag; das madt für ſie alle fünf ſchon
250 Stuͤck ſolch gieriger Dinger, die im Sommer ſich an
unſeren Obftbäumen gütlich zu thun pflegen und nun un-
gefreſſen bleiben, weil jener Junge das Neſt ausgenommen
hat. Sagen wir, die fünf Vögelchen hätten nur noch 30
Tage im Neſte ſitzen und alle Tage ihre 250 Raupen un-
geflort ſchlucken koͤnnen; da hätten fiz ſchließlich 7200 Rau-
pen verſpeiſt. Stimmt's oder ſtimmt's nicht?! Natürlich
ftimmt’8! Aber weiter! Jede Rauxe das ſteht feſt —
frißt ihrerſeits, wenn ſie fich ans Freſſen begibt foviel als
ſie ſelber wiegt, an Blättern und Blüthen. Nehmt nun an
(ma8 ungefähr ſtinmen wird), das ſie dies ihr Schlaraffen-
feben auch uur 30 Tage lang fortgeſetzt hätte und ſie hätte
taͤglich unter all dem, was ſie konſumixt, nur eine einzige
Frucht vernichtet, ſo wuͤrden ſie alle zuſammen nicht weni-
zer als 235,000 Früchte aufſpeiſen, nur wieder darum, weil
deſagter Junge das Neſt ausgenommen hat! — Was gilt
alſo unter ſoihanen Umftänden ein Neſt, ein unberührtes
Vogelneſt nit ſeinen Jungen? Nur, 250000 Aepfel oder
Birnen, die zuſammen — nur */2 Pfg das Stück gerechuet
— 1125 Maͤrt ausmachen! Aljo, wenn ich ſage, ein Vo-
zelueſt iſt tauſend Mark werth, dann redet mir ein ander-
mal nicht drein, ſondern glaubt es mir. Euern Jungen
aber, das rath' ich euch, bringt es (wenn nöthig mit ’nem
Stöcfel) bei, daß er die Vogelneſter in Ruhe laͤßt, damit
die Tauſendmark⸗ Scheine gaͤnz bleiben.

Eine eigenthümliche Rache nahm der ruſſiſche
Feldmarſchall Kuluſoff/ als er nach der Flucht Napoleon 1.
Als Sieger in Wilna einzog. Der Direktor der dortigen
polniſchen Schauſpielgeſellſchaft bat ihn, ein Stück zur Feier
dieſes Tages aufführen zu dürfen. Kutujoff lehnte dies ab
verlangte aber, daß der Direktor jenes Stück auf die Bühne
bringe, welches er am Tage des Einzuges der franzöſi-
ſchen Truppen hatte aufführen laſſen, ein Stück voll bit-
terer Anfpielungen auf die Ruſſen und poll kriechender Sob-
hudelei gegen Napoleon. Die demüthigen Gegenvorſtell-
ungen des Direktors blieben erfolglos, er mußte gehorchen.
Aın Abend fand ſich der Marſchall in Begleitung ſeines
ganzen Generalſtabs im Theater ein, um durch ſeine Ge-
genwart etwaigẽ Tumulte zu verhindern, und bei jedem
Satze, der eine Lobeserhebung auf Napoleon enthielt, die
mit jeiner Flucht in ſchneidendem Gegenſatze ſtand, klatſchte
Kutuſoff den Schauſpielern und Schauſpielerinnen oſtenta-
ur Beifall zu. Alle Anweſenden folgten ſeinem Beiſpiele,
und wohl nie hatte eine Bühnengeſellſchaft den ihr gezollten
Beifall init ſo gemiſchten Gefühlen aufgenommen als die
Wilnafhe au jenin Abend. Angftſchweiß trat den Dar-
ſtellern auf die Stirne bei jedem Worte, das ſie deklamirten,
und doch wagten ſie Nichts wegzulaſſen aus Furcht, wegen
Ungehorſam exemplariſch beſtraft zu werden, wie ihnen für
dieſen Fall angekündigt war.



Anderen Nachrichten





über Dich. Der Unwiſſende iſt ſein eigener Feind, wie
fann er der Freund eines Aadecen ſein? Es gibt leinen
Menſchen ohne Kummer; gibt es einen ſolchen, dann iſt
er fein Menjch. — Maucher Dieb, der ſich nicht faſſen
laͤßt, gilt für einen ehrlichen Mann. — Tauſend Freunde
ſind wenig, ein Feind iſt viel. — Galte den kleinſten
Deiner Feinde für einen Elephanten und waͤre er auch
nicht groͤßer als eine Ameiſe — Wer in Frieden lehen
will, muß taub, blind und ſtumm ſein — Sefchenkter Eſſig
iſt faßer lals gekaufter Honig — Ein weiſer Feind iſt mehr
werth .13 ein närriſcher Freund. — Der koſtbarſte Plaß
in der Welt iſt der Sattel eines ſchnellen Pferdes, der koſt-
barſte Freund ein gutes Buch. — Frage nicht den Bogel,
woher er kommt, jondern was er fingt. — Die Geduld iſt
der Schlüffel zur Freude. — Der Eine iſt, der Andere
ſieht zu, — das iſt die Quelle jo vieler Umwälzungen.

Humoriſtiſches.

—— Cin Zelentayb?

— Hansl: Sie, Herr Erpedita, ſagns ma amol, was is denn
eigentli a Telegraph ? :

Erpeditor: Ia, ſchau Hansl, das kann i Dir a net 1{0 er-
flär’'n das verftehit Do net, aber 10 viel Kann ı Dir fag'n, wennS
zum Bfeifpiel bei Enk brenna that oder enka INUHL werd vom
Vaſſet wegg'rifi n, nocha woaß ma döß in alle Städt’; ſixt dös
i8 a Telegraph! ; ]

Hansl: So, ſo, Sie, Her Erpedila, nacha is mei Muata a
a Telegraph’, „wenn man dei was fagt, woaß a die ganze ©’moa
moant der Vota.

* *

*
- 2 Diegukeakte BeiL.

Sie: O wie ſchwül iſls wieder hHeute! Und kein Regen in
MuSsficht! .

Er: Sa, ja! Das war zur BZeit, als noch die weißen Hoſen
moDdern waren, viel befjer! Da brauchte man mit einem jolden
A-idungsitück nır einen kleinen Ausflug zu machen — und der
Regen war da !” + .

* *
*

. Wieman gefund mird.

_ SOr habt ja einen Hausarzt“, fagte einit bei Oelegen-
heit der König zu Moliere. „nmun wie jeit Ihr denn mit ihm
zufrieden ?” .

„Sire“, antwortete diefer, „wir plaudern einzZ Zzujammen,
er verſchreibt mir Araneien, ich nehme ſie nicht ein — und werde
wieder geſund.

* *
*

‘ Ein Borfightiger.

Frau: „Und haft Du Dir ruhig Ohrfeigen geben laſſen?
haͤſt Du ihm denn nicht gleich auch eine Ohrfeige ge-
geben ? ;

Anabe: „Weil ich bedachte, daß dann die Reihe gleich wie
der an mich fommen würde!

* *

*
Rache-
i @d‘)reibmaarenhänbler (zum Bettler): Ih gebe nichts. Marſch
inaus !”
Bettler: Ach, ſeinz ſa gut!
ſtens ’n Briefbogen mit Couvert!
„RNa, meinetwegen! Nun aber ’raus !” .
m nächiten Tage empfängt der Schreibwaarenhändler einen
unfranfirten Brief, den er annimmt. Darin {teht: Anbei empfan-
gen Sie den Bogen jammt dem Couvert mit beſtem Dank wieder
zurück. Struppel, Raſirer a. D,“
*

*
Schwerer Borwurf. . C
Mein Mund fpricht, was mein Herz fühlt; für Sie, mein
Fräulein, haͤbe ich das Herz auf der Zunge.
Alio doͤch nicht auf dem: rechten Fleck!

Schenken Sie mir doch wenig-



*



Verantwortlicher Redakteur: Julius Zecker in Heidelberg.



Druck und Verlag von Gebr Huber Heidelberg.










Nr 30








23 Zuli. 1898.









o Kircdhenkalender.

23. guli. 9. Sonntag nach Pfingſten. Jeſus weint
über die Verſtocktheit und dem daraus folgenden Untergang
Jeruſalems.

Feſt des heiligen Appolion., eines Jüngers des
hlgen. Petrus.

24 Zuli Montag. Feſt des hlgen Bernhard, Mark-
graf von Baden, Patron des Großherzogthum Baden Wer
Näheres über das Lehen dieſes uns ſo nahe ſtehenden
Heiligen erfahren will, der findet dies in der herrlichen
Lebensbeſchreibung von Pater Odilo in Einſiedeln, eines
badiſchen Landeskindes, der aber, weil wir eben in Baden
keine Klöſter haben, eine Karte ins Ausland löſen mußte,
um dem Drange ſeines Herzens, in der Stille eines Kloſters
Gott zu dienen, nachzukommen.

25. Zuli Dienſtag. Feſt des heiligen Apoſtels
Jakobus.

26 Juli. Mittwoch. Feſt der hlgen. Anna, der
Mutter der allerſeligſten Jungfrau und Gottesmutter
Maria.

. 27. Juli. Donnerſtag. Gedaͤchtnis des hlgen Mär-
tyrers und Arztes Pantaleon. Enthauptet i. J. 205,

28. Zuli. Freitag. Feſt des heiligen Märtyrer

Nazarius und Genoſſen.

29. Juli. Samſtag. Feſt der hlgen. Martha, Schweſter
des Lazarus.

Lebendig Begraben.

Es war an einem kalten Novemberabend des Jahres
1879, als in einem ſtillen Winkel der behaglichen Reſtau-
ration des Wiener Künſtlerhauſes ich und der Hauptmann
3. bei einer Paxtie Schach ſaßen. Als Letzterer eben eine
empfindlihe Breſche in meine Aufſtellung geſchoſſen hatte,
trat der uns befreundete Medizindoktor N. ein. Mit freund-
lichem Lacheln begrüßte Herr R. die Geſellſchaft, aber wir
merkten bald, daß heute ſeine Fröhlichkeit nur eine erzwungene
war.

„Was iſt Ihnen, lieber Herr Doktor?“ fragte ich,, Sie
ſcheinen heute verſtimmt?“

„Ich habe einen Streit mit einem meiner Collgen.
Denkẽn Sie ſich, meine Herren, ſeit drei Tagen liegt bei
un8 in der Toͤdtenkammer die Leiche eines 15jährigen
Mädchens. Seine Wangen blühen noch wie zwei Roſen
Ind von einem Leichengeruch iſt keine Rede. Mein Kollege
wollte das Mädchen begraben laſſen; ich proteſtirte engeriſch,
da ſie nur ſcheintodt ſein könnte.

‚Und iſt das Mädchen begraben worden?“ fuhr der
Haupimann furchtbar erregt auf.






„Gottlob noch nicht,“ bemerkte der Arzt Aber was

* Herr Haupfmann? Sie ſiud ja leichen-
4 *

Nach einer peinlichen Pauſe wiſchte ſich der Haupt-
mann liefaufathmend die Stirne und ſprach; „DO, e8 iſt
entfetzlich ſcheintodt zu ſein, im Sarge ſiegend, bei vollem
Bewußtjein die Vorbereitungen zur Leichenfeier zu hören,
ohne das leiſeſte Zeichen geben zu fönnen! — So Hören
Sie denn den Gruͤnd meines ſonderbaren Benehmens. Auch
ich mar einmal ſcheintodt und habe die furchtharen Augens
blicke eines ſolchen Ungluͤcklichen durchgemackt. Sıft 12
Jaͤhte alt, kam ich nach dem frühen Tode meines Vaters
eines kaiferlichen Offiziets, in die Militärbildungsanſtalt
in Hainburg. Ich war ein ſehr ſchwaches Kind und er-
franfte bald ſchwer. Meiner in aͤrmlichen Verhältniſſen
lebenden Mutter war e& nicht möglich, die weite Reiſe von
Böhmen nach Hainburg zu machen. und mich zu heſuchen
Ich wurde immer ſchwaͤcher Eines Tages gewahrte ich
mit Entſetzen, daß meine Glieder ganz ſtarr und ſteif waren
wie die eine8 Todten. Bleiern Iag mir die Zunge im
Mund hinter den feſtgeſchloſſenen Zaͤhnen. Die Blutzir-
kulation ſchien erſtarci, alle Sinne erſtorben, nur die Dentk-
fraft und das Gehör hatten mich nicht verlaſſen, ja ich
hörte noch beſſer als zuvor. Mit einem Male Hörte ich
ein Geraͤuſch; mehrerẽ Perſonen waren durch die Thür ein-
getreten; der Azt — ich erkannte ihn am Schritt — näher-
te ſich meinem Bette und ſchien mich zu betaſten, wie ich
vermuthete, denn ich empfand ſeine Berührung nicht. Lange
dauerten ſeine Manipulationen Endlich hörte ich ihn ſagen:
Eine Nadel, Herr Obexarzt! — Nach geraumer Zeit Hörte
ich den Arzt Jagen; „Seltjam, ſeltſam iſt es doch, als
4* Knaͤbe lebe, dieſe friſchen Wangen und Lippen
E1

Ich bitte, Herr Regimentsarzt,“ ſo unterbrach ihn
der Soͤerarzt, „Ddiejfe dunklen Flecke hier am rechten Arm zu
beobachten; e& ſiud unzweifelhaft Zodtenflecken.“

„Schon bemerkt, lieber Kollege, aber trogdem wig mir
der laͤcherliche Gedanke nicht aus dem Kopf; doch laſſen
fie mich das letzte Experiment mit ihm machen; es kann
ja nicht mehr ſchaden. Ein Licht und Siegellack her.“

Ich hörte das Ziſchen eines Streichhoͤlzcheus, dann
wieder feierliche Stille. Endlich ſagte der Arzt: „Entblö-
ßen ſie der Leiche die Bruſt 0 .. den Siegellack
her und näher mit dem Licht ... noch näher, damit das
glühende Harz auf die Bruſt des Knaben träufelt.“

Dem kurzen Befehl des Arztes folgte Todtenſtille Aus
der Ferne ſchiug eine Uhr; meine Angſt war furchtbar;
vergeben3 ſuchte ich ein Lebenszeichen zu geben Umfonit,
ich war ein ſtarrer Leichnam. Ich lauſchte geſpannt; noch
immer kein Laut rings um mich her. Jetzt — jetzt regt
e3 ſich wieder. Das Erperiment ſchien beendet, und ich
hatie die Wirkung des glühenden Siegellacks nicht empfun-
Den. Ich hoͤrte jetzt das furchtbare Wart des Arztes:
Todt Mar überführe die Leiche in die Todtenkammer ich
werde die Mutter vom Tode ihres lieben Kindes in Kennt-
niß ſetzen.“ ;

Zaͤs war das Letzte, was ich vernahm; eine todes-


 
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