Stunden vorher, in ihrer Zelle in Kenntuiß geſetzt, indem
der Staatsanwalt im Beiſein des Anſtaltsvorſtehers, des
Auſtalts· Arztes, Anſtalts⸗Geiſtlichen, des zur Hinrichtung
erſchienenen Scharfrichters und einiger anderer offiziellen
Perſonen die allerhöchſte Kabinetsordre Sr. Majeſtaͤt des
Königs vorlas. Von Ddiejem Augenblick nahm ſich
der Seelforger der armen Gefangenen mit voller
prieſterlicher Hingebung an und iſt dieſelbe mit einer Er-
gebung und Frömmigkeit in den Tod gegangen, die Aller
Staunen erregte. Von 5 bis 7 Uhr ſuchie der Anftalt3-
Geiftliche die Gefangene zunächſt zu tröſten und in eine
gefaßte Stimmung zu verſetzen. Sie ſchioß dann auch mit
der Welt und ihren Angehörigen für dieſes Leben ab und
bat, ihr bei den Briefen, die ſie noch an Angehörige ſchrieb,
behülfüch zu ſein. Mit Thränen, die fihtlih aus tiefſtem
Herzeu kainen nahm ſie in den Briefen Abſchied und bat
fuͤr Alles um Verzeihung. Einer dieſer Briefe lautet:
„Liebe Mutter, Bruder, Schwaͤgerin und Kinder !
Thränen über meine Wangen, aber e& ſind Thränen auf-
richtiger Reue und ſtiller Ergehung in mein Geſchick, ich
werde euch in dieſem Leben nicht mehr wiederſehen; wenn
diefer mein Brief in Eure Hände kommt werde ich nicht
mehr unter den Lebenden ſein Ein ſchrecklicher Gedanke.
Aber ich bin gefaßt; für alles was ich gethan will ich
gerne Buße tjun und ruhig goͤttergehen ſterben. Ich bitte
Euch verzeihet mir alles was ich gethan, betet in Liebe
fürx mich damit der liebe Gott mir beiftehet. Auch bitte
ich meinen alten Seelſorger und alle die mich kennen um
Verzeihung der Schmach und Schande, die ich durch
mein Leben über meinen lieben Heimathsort gebracht
habe. Ja möchten es alle beherzigen wozu die Sünde
einen Menſchen bringen kann, nun iſt leider alles geſchehen
und ich danke meinem lieben Gott, daß er mir die Gnade
gegeben hat in Ruhe und Frieden von dieſer Welt zu
ſcheiden. Gott hat mir verziehen und vor der Welt will
ich mein Vergehen durch einen chriſtlichen Tod in aller
Demuth ſühnen.
feid meiner lieben Mutter gut in ihrem Gram und
Kummer bis zum letzten Augenblicke ihres Lehene. Lebe
wobl, liebe Mutter, lieber Bruder und liebe Schwägerin
und Kinder. Mit Gottes Gnade wollen wir uns im
Jenſeits wiederfinden, betet für mich. Ich grüße euch
hierinit zum letzten Male. Gedenket meiner in Liebe und
verzeihet mir noch einmal alles. Augeſichts des Todes
eurẽ euch liebende Tochter,
und Tante. Amen. Seid ſo gut urd gebet dieſen Brief
unſerem Herrn Paſtor zu leſen damit er meiner bei der
heiligen Mefjje und ım Gebet gedenket, lebet wohl. Trier,
den 7. Auguͤſt 1893. Abends halb 7 Uhr. Morgen
früh 6 Uhr werde ich nicht mehr unter den Lebenden
ſein. Goit möge mir beiſtehn.“
Nachdem ſie die Briefe geſchrieben hatte, bat ſie, von
was ihr gejtattet wurde. Sie that es in einer ſolch chriſt-
ſichen Weije, die man kaum hätte ahnen ſollen, Die Ge-
faugenen gaben ihr unter Thränen und Schluchzen die
Hand, waͤhrend ſie Alle um ihr Gebet bat. Das war ein
Tugeuͤblick, der mehr wog als tauſend Predigten, ein Aus-
Oruck einer inneven Ergebung und Glaubensſtaͤrke, der wahr-
haft heroiſch war.
Dann gab der Seelſorger der armen Perſon Gelegen
heit, fich auf die hl. Beichte in aller Ruhe vorzubereiten.
Als fie nach einer tief reumüthigen Lebensbeichte gegen 10
Uhr Nachts die Kirche verließ, war es ergreifend, zu ſehen,
wie fie beim Weggehen noch ?inmal mitten in der Kirche
vor dem Alerheiligften niederkniete und ſich dem Heilande,
theilnahmvolles Wort des Seelſorgers folgte ſie in ihre
Zelle. Dort hielt ſie dann ihre weitere Zankſagung und
wurden mit ihr der Roſenkranz und die Litanet vom goͤtt-
lichen Herzen Jeſu und andere Gebete geſprochen. Ohne zu
ermüden war fie die ganze Nacht mit Vorbereitung auf die
nahe Todesſtunde beſchäftigt.
Auf Wunſch des Seelſorgers, den die Verurtheilte
dringend bat, ſie nicht zu verlaſſen, ruhte ſie etwas, aus,
ſo daß auch der Seelſorger eiwas friſche Luft ſchöpfen
fonnte. Indeſſen lehute die Gefangene, wie die anweſeyde
Aufſeherin ſpäter ſagte, nur ganz kurze Zeit ſich an ihre
Schlafſtelle zur Ruhe an und begann dann gleich wieder
mit der Auffeherim das Roſenkranzgebet. Die brave Auf-
ſeherin war äußerft liebe und und aufopferungsvoll. Um
4'/4 Uhr wurde der letzte Gang zur Kirche gemacht. Dort
wurde die hl. Meſſe für die Gefangene geleſen und, ihr
die hl. Konimunion gereicht. Auch diesmal war ſie kaum
vom Allerheiligſten zu trennen. Um 5 Uhr war ſie wie-
der in ihrer Zelle. Dort nahm ſie auf Bitten bloß einige
Schluck warmen Kaffee's zu ſich. Die letzte Stunde wurde
Alles aufgeboten, um ihr den herannahenden Tod leicht zu
machen. Der Seelſorger las ihr die Leidensgeſchichte des
Hertn vor, betete mit ihr die Sterbegebete ; dann wurden
die letzten Geſetze aus dem Schmerzhaften Roſenkranze ge-
betet, Glaube, Hoffnung, Liebe und Reue noch einmal er-
wecki. Nicht einen einzigen Augenblick hielt Sie mit Beten
inne. Gegen Ende tnieie ſie ſich auf den bloßen, Boden
und betete mit klarer Stimme, ohne zu zittern, ohne zu
weinen zur Muttergottes. Zum Schluſſe dankte ſie dem
von ihrer glaͤubigen Ergebung tief ergriffenen Seelſorger
für Ailes und voͤr Allem, daß er ihre Seele gexettet.
Gegen 6 Uhr wurden ihr ihre ſchmarzen Feſttagskleider
von der Aufſeherin augelegt und das Haar van einer Ee-
alles willig geſchehen, ohne auch nur beim Gedanken an
den baldigen Tod zu erſchaudern. Unter den Worten:
NRun im Namen Goͤttes, Jeſus, Maria und Joſeyh ſtehet
mir bei,“ und mit dem prieſterlichen Segen geſtaͤrkt, ſchritt
ſie nun, von ihrem Seelſorger geleitet, zum Orte der
Hinrichtung.
Fleheuͤtlich frug die Aermſte, ob ſie auch auf dem
Wege noch beten dürfe. Der Seelſorger ſagte ihr, ja, ſie
duͤrfe beten, und er werde mit ihr beten; und nun betete
ſie laut das Gegrüßet ſeiſt du Maria.”
Noch nie“, ſo erzaͤhit der Bericht, „Habe ich die Macht
eines „Gegrüßet feiſt du Maria“ und die Vorte „Heilige
“Maria, Mutter Gottes, bitte für uns Sünder jetzt und in
der Siunde unſeres Todes Amen“ ſo empfunden, als auf
diefem Wege zum Schaffott. Immer dasſelbe Gebet, dier
ſelben Worle, und doch wie erſchütternd durch Mark und Bein
gehend! Selbſt der Ungläubiaſte Hätte nicht widerſtehen
fönnen. Neußerlih ſchien die ermſte gebrochen, doch inner-
lich war ſie ſtark“. 2 }
Ein Sterbekreuz, das ihr der Seelſorger gegeben, hielt
ſie feft in ihren Händen. Mit geſchloſſenen Augen, wie der
Seelſorger ihr gerathen, damit ſie durch den Anblick der
Guilloline und all’ der Anweſenden in ihrer inneren Samm-
lung nicht geftört würde, ließ ſie gottergeben Alles über
ſich ergehen. Nachdem der Staatsanwalt ihr wie oben noch
einmal alle8 verleſen, wurde ſie dem Scharfrichter übergeben.
In dieſem Augenblicke reichte der Seelſorger ihr das auf
ſchwarzbehaugenem Tiſche zwiſchen zwei brennenden Leuchtern
ſtehende Kruzifix zum Kuſſe und ſie ſagte. „Jeſus, Maria
und Zoſeph Unterdeffen ward ſie ſchnell die Stufen der
Suiklotine hinaufgeführt, einige Selunden — und der Kopf
war vom Kumpfe getrennt. Der Geiſtliche betete laut ein
Allerlei.
— Das thönerne Schwindl! Die Wiener Deutſche
Zig.“ ſchteibt: Die Gattin unſeres Mitbürgers M. iſt et-
Bas eigenſinniger Natur. Sie behauptet zwar daſſelbe von
ihrem Cheherrn, aber Freunde des Haules meinen, daß
dies nur dann der Fall ſei, wenn Frau WM. irgend einen
kofiſpieligen, mit der Finanzlage Herrn M’8. undereinbaren
Wunfjh haͤbe, und das ſoll zienilich oft der Fall ſein.
Heuer im Frühjahre hatte ſie ſichs in den Kopf geſetzt, daß
ſie un jeden Preis eine Sommerwohnung bekommen müſſe.
MAber M. blieb ihrem Drängen kühl bis anz Herz hinan.
Eines Tages — es war ſo gegen Ende Mai — al8 Frau
M. ihre Forderung wieder mit ſo großem Nachdruck gel-
tend machie, daß die Nachbarn zuſammenliefen, nahm M.
ſeinen Hut und Stock und ging davon. Und als er Abends
Heimfam, brachte er ſeiner noch immer grollenden Ehehälfte
gine wunderfhöne thoͤnerne Sau mit einem Einmurf für
Spareinlagen. Auf den Leib der vierbeinigen Sparkaſſe
hatte Herr M. mit Fleiß und Geſchick einen felbſtgedichteten
Spar im Sommer, liebe Frau, — Stich im Herbſt dann
ab die San !“ Dieſes Geſcheut überreichte er mit einer wohl-
gejebten Aufprache: „Schau liebe Amalie, menn Du das
ganze Geld, um das der theure Sommeraufenthalt mehr
koſtet, als das Hierbleiben, in dieſe Sparkaſſe thuſt, ſo haſt
Leg jede3 erſparte gehnerl da hinein, ſa haſt, Du mehr
davon als von dieſer Sommerfriſche,“ Damit ſtellte er das
önerne Ungethün auf die Kommode Frau Amalie war
wuͤthend. Sie wandte ſich ſchweigend ab, aber vor ihrem
Geiſte ſtand es klar: „Juſt nicht!“ Die Sommerfriſche
wurde nicht bezogen, aber Frau Amalie ſparte auch nicht.
Im Gegentheil, e& verdarb ihr jedesmal die Laune, ſo oft
ihr Blg auf das moralpredigende Schwindl fiel, und ſie
wiederholte daun allemal bei ſich: „Juſt nicht! Am meiſten
aber fonnte fie in Wuth kommen, wenn Herr M. von Zeit
zu Zeit die Sau in die Hand nahm, recht ſchüttelte und
mit einem vielſagenden Blick auf die Gattin bemerkte :
Aber es ſcheppert ja gar nicht!“ Sie hielt aber an ſich
und ſchwieg. Neulich aber wurde es ihr doch zu arg; da
ſagte Herr M-, als er eben ſeinen Ueberrock anzog: „Siehſt
Dır, Mali, jetzi wäre der Sommeraufenthalt auch zu Ende,
aınd dır hätteſt auch nichts davon. Wenn Du jetzt die Spar-
ſau abſtichſt, ſo wirſt Du Dich erſt frexen, daß wir das
Geld nicht ſo hinausgeworfen haben!“ Es war ein Glüg,
daß Herr M. ſchleunigſt die Wohnungsthür hinter ſich
ſchloß, denn Frau Amalie war außer ſich. Eben wollte ſie
ihren Zorn an dem unſchuldigen Theile, dem harmloſen
Schwindl, auslaſſen, als ihr Neffe Hans ein dürftiger,
junger Student, hereintrat; natürlich, um die liebe Tante
wieder einmal anzupumpen. Da kam er gerade recht. „So?
Geld brauchſt Du ſchon wieder? Natürlich, wenn man den
ganzen Tag in der Kneipe ſitzt, kann man ſelbſtverſtändlich
zicht austömmen. Aber, Du irrſt dich, wenn Du glaubſt,
daß ich Dir länger den Narren machen werde. Nicht einen
Kreuzer befommft Du mehr von mir . . Hans ſtand wie
betäubt. Da zuckte in der erzurnten Tante ein iſchlimmer
Eedanle auf. Sie ergriff die Unglitcksſau, reichte ſie dem
x
*
— Z
m — s& —
8 8 —
> — 2
I RS — — —
— —
verdutzten Studenten mit höhniſchem Lachen hin und rief:
„Da! Das kannſt Du Dir nehmen, damit Du endlich ein
mal ſparen lernſt!' Mechaniſch nahm Hans die Sau und
trat ſchweigend den Rückzug an. Draußen aber packte auch
ihn der Zoͤrn, er ſchleuderte mit einem Fluch die thönerne
Mißgeburt zu Boden, daß ſie in tauſend Stücke zerſprang.
Da 'erblickte er unter den Scherben ein zuſammengefaltetes
Papier und bückte ſich danach. Eine Hundertguldennote!!
Mit einem Freudenſchrei ſprang er in die Höhe und rannte
eiligſt davon.. — Abends kam Herr M. nach Hauſe und
vermißte die Sau. Er fragte und erfuhr das Schreckliche.
Haus wurde dringend geſucht, aber er kam dieſe und die
nächſte Nacht nicht nach Hauſe. Bis man ihn findet, wird
es wohl ſchon zu ſpät ſein.
— Zur Bekämpfung der Trunkſucht veröffentlicht
der Straßburger Kalender im Jahrgang 1893 ein eigen-
thümlich geſtaltetes anſchauliches Gedicht:
Das Glas:
Warum doch herrſcht in manchem Hans
So viel Krakehl, Gefluch, Gebraus?
Warum ſchlägt mancher ſeine Frau
Und kommt in Elend, trüb u. grau,
Wodurch kommt man in Schuld,
Büßt ein der Edlen Huld?
Warum giebt toll man preis
Der ſchwielgen Hände Schweiß?
Warum verſtoͤßt der Sohn
Die Veutter ſchnöder Lohn!
Es kommt vom Glas,
Daß das
Der Seel'
Krakehl,
Uuruh-
dazu
Geſchrei,
Viel Reu'
Und Unmuth ſchafft.
Den Beutel leert's, den Kopf beſchwerts,
Das Zuchthaus, Henkertod beſcheert's.
Literariſches.
— Diener der Barmherzigkeit Kathol. Monats-
ſchrift zur Förderung der Werke der Barmherzigkeit, beſon-
ders der Kranken⸗, Armen⸗ und Waiſenpflege. Halbjährlich
(6 Hefte) Mark. Adolph Russelss Verlag in Münſter
. W.) In vielen Familien verbreitet, wird dieſe Zeit-
ſchrift durch die ſtete Anregung, welche in derſelben gegebe-
ben wird, den Sinn für waͤhre und ächte chriſtliche Naͤchſten-
liebe bei den Familienmitgliedern mächtig fördern. Die
belehrenden Aufſätze und Mittheilungen über Geſundheits-
und Krankenpflege welche der Praxis entnommen ſind, geben
zuverläſſigen Rath, wie man Krankheiten verbeugen kann,
und wie ſie zu behandeln ſind. Zweck und Ziel der Zeit-
ſchrift ſind noch zu neu, um voll und ganz gewürdigt zu
werden Iſt dieſelbe erſt einmal in den Familien einge-
bürgert, ſo wird man ſie zu ſchätzen lernen. Die hisher
erſchienenen zwei Hefte liefert jede Buchhandlung
gratis.
— Praktiſches Lehrbüglein der Geſundheits-
und Kraukenpflege. Für Haushaltungspenfionate ſowie
für kluge und wohlthätige Haugfrauen. Von Matth Kinn,
Rektor am Kloſter der Dominikanerinnen in Arenberg bei
Koblenz. Zweite Auflage. Eleg karton. 60 Pfg. Die erſte
—
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der Staatsanwalt im Beiſein des Anſtaltsvorſtehers, des
Auſtalts· Arztes, Anſtalts⸗Geiſtlichen, des zur Hinrichtung
erſchienenen Scharfrichters und einiger anderer offiziellen
Perſonen die allerhöchſte Kabinetsordre Sr. Majeſtaͤt des
Königs vorlas. Von Ddiejem Augenblick nahm ſich
der Seelforger der armen Gefangenen mit voller
prieſterlicher Hingebung an und iſt dieſelbe mit einer Er-
gebung und Frömmigkeit in den Tod gegangen, die Aller
Staunen erregte. Von 5 bis 7 Uhr ſuchie der Anftalt3-
Geiftliche die Gefangene zunächſt zu tröſten und in eine
gefaßte Stimmung zu verſetzen. Sie ſchioß dann auch mit
der Welt und ihren Angehörigen für dieſes Leben ab und
bat, ihr bei den Briefen, die ſie noch an Angehörige ſchrieb,
behülfüch zu ſein. Mit Thränen, die fihtlih aus tiefſtem
Herzeu kainen nahm ſie in den Briefen Abſchied und bat
fuͤr Alles um Verzeihung. Einer dieſer Briefe lautet:
„Liebe Mutter, Bruder, Schwaͤgerin und Kinder !
Thränen über meine Wangen, aber e& ſind Thränen auf-
richtiger Reue und ſtiller Ergehung in mein Geſchick, ich
werde euch in dieſem Leben nicht mehr wiederſehen; wenn
diefer mein Brief in Eure Hände kommt werde ich nicht
mehr unter den Lebenden ſein Ein ſchrecklicher Gedanke.
Aber ich bin gefaßt; für alles was ich gethan will ich
gerne Buße tjun und ruhig goͤttergehen ſterben. Ich bitte
Euch verzeihet mir alles was ich gethan, betet in Liebe
fürx mich damit der liebe Gott mir beiftehet. Auch bitte
ich meinen alten Seelſorger und alle die mich kennen um
Verzeihung der Schmach und Schande, die ich durch
mein Leben über meinen lieben Heimathsort gebracht
habe. Ja möchten es alle beherzigen wozu die Sünde
einen Menſchen bringen kann, nun iſt leider alles geſchehen
und ich danke meinem lieben Gott, daß er mir die Gnade
gegeben hat in Ruhe und Frieden von dieſer Welt zu
ſcheiden. Gott hat mir verziehen und vor der Welt will
ich mein Vergehen durch einen chriſtlichen Tod in aller
Demuth ſühnen.
feid meiner lieben Mutter gut in ihrem Gram und
Kummer bis zum letzten Augenblicke ihres Lehene. Lebe
wobl, liebe Mutter, lieber Bruder und liebe Schwägerin
und Kinder. Mit Gottes Gnade wollen wir uns im
Jenſeits wiederfinden, betet für mich. Ich grüße euch
hierinit zum letzten Male. Gedenket meiner in Liebe und
verzeihet mir noch einmal alles. Augeſichts des Todes
eurẽ euch liebende Tochter,
und Tante. Amen. Seid ſo gut urd gebet dieſen Brief
unſerem Herrn Paſtor zu leſen damit er meiner bei der
heiligen Mefjje und ım Gebet gedenket, lebet wohl. Trier,
den 7. Auguͤſt 1893. Abends halb 7 Uhr. Morgen
früh 6 Uhr werde ich nicht mehr unter den Lebenden
ſein. Goit möge mir beiſtehn.“
Nachdem ſie die Briefe geſchrieben hatte, bat ſie, von
was ihr gejtattet wurde. Sie that es in einer ſolch chriſt-
ſichen Weije, die man kaum hätte ahnen ſollen, Die Ge-
faugenen gaben ihr unter Thränen und Schluchzen die
Hand, waͤhrend ſie Alle um ihr Gebet bat. Das war ein
Tugeuͤblick, der mehr wog als tauſend Predigten, ein Aus-
Oruck einer inneven Ergebung und Glaubensſtaͤrke, der wahr-
haft heroiſch war.
Dann gab der Seelſorger der armen Perſon Gelegen
heit, fich auf die hl. Beichte in aller Ruhe vorzubereiten.
Als fie nach einer tief reumüthigen Lebensbeichte gegen 10
Uhr Nachts die Kirche verließ, war es ergreifend, zu ſehen,
wie fie beim Weggehen noch ?inmal mitten in der Kirche
vor dem Alerheiligften niederkniete und ſich dem Heilande,
theilnahmvolles Wort des Seelſorgers folgte ſie in ihre
Zelle. Dort hielt ſie dann ihre weitere Zankſagung und
wurden mit ihr der Roſenkranz und die Litanet vom goͤtt-
lichen Herzen Jeſu und andere Gebete geſprochen. Ohne zu
ermüden war fie die ganze Nacht mit Vorbereitung auf die
nahe Todesſtunde beſchäftigt.
Auf Wunſch des Seelſorgers, den die Verurtheilte
dringend bat, ſie nicht zu verlaſſen, ruhte ſie etwas, aus,
ſo daß auch der Seelſorger eiwas friſche Luft ſchöpfen
fonnte. Indeſſen lehute die Gefangene, wie die anweſeyde
Aufſeherin ſpäter ſagte, nur ganz kurze Zeit ſich an ihre
Schlafſtelle zur Ruhe an und begann dann gleich wieder
mit der Auffeherim das Roſenkranzgebet. Die brave Auf-
ſeherin war äußerft liebe und und aufopferungsvoll. Um
4'/4 Uhr wurde der letzte Gang zur Kirche gemacht. Dort
wurde die hl. Meſſe für die Gefangene geleſen und, ihr
die hl. Konimunion gereicht. Auch diesmal war ſie kaum
vom Allerheiligſten zu trennen. Um 5 Uhr war ſie wie-
der in ihrer Zelle. Dort nahm ſie auf Bitten bloß einige
Schluck warmen Kaffee's zu ſich. Die letzte Stunde wurde
Alles aufgeboten, um ihr den herannahenden Tod leicht zu
machen. Der Seelſorger las ihr die Leidensgeſchichte des
Hertn vor, betete mit ihr die Sterbegebete ; dann wurden
die letzten Geſetze aus dem Schmerzhaften Roſenkranze ge-
betet, Glaube, Hoffnung, Liebe und Reue noch einmal er-
wecki. Nicht einen einzigen Augenblick hielt Sie mit Beten
inne. Gegen Ende tnieie ſie ſich auf den bloßen, Boden
und betete mit klarer Stimme, ohne zu zittern, ohne zu
weinen zur Muttergottes. Zum Schluſſe dankte ſie dem
von ihrer glaͤubigen Ergebung tief ergriffenen Seelſorger
für Ailes und voͤr Allem, daß er ihre Seele gexettet.
Gegen 6 Uhr wurden ihr ihre ſchmarzen Feſttagskleider
von der Aufſeherin augelegt und das Haar van einer Ee-
alles willig geſchehen, ohne auch nur beim Gedanken an
den baldigen Tod zu erſchaudern. Unter den Worten:
NRun im Namen Goͤttes, Jeſus, Maria und Joſeyh ſtehet
mir bei,“ und mit dem prieſterlichen Segen geſtaͤrkt, ſchritt
ſie nun, von ihrem Seelſorger geleitet, zum Orte der
Hinrichtung.
Fleheuͤtlich frug die Aermſte, ob ſie auch auf dem
Wege noch beten dürfe. Der Seelſorger ſagte ihr, ja, ſie
duͤrfe beten, und er werde mit ihr beten; und nun betete
ſie laut das Gegrüßet ſeiſt du Maria.”
Noch nie“, ſo erzaͤhit der Bericht, „Habe ich die Macht
eines „Gegrüßet feiſt du Maria“ und die Vorte „Heilige
“Maria, Mutter Gottes, bitte für uns Sünder jetzt und in
der Siunde unſeres Todes Amen“ ſo empfunden, als auf
diefem Wege zum Schaffott. Immer dasſelbe Gebet, dier
ſelben Worle, und doch wie erſchütternd durch Mark und Bein
gehend! Selbſt der Ungläubiaſte Hätte nicht widerſtehen
fönnen. Neußerlih ſchien die ermſte gebrochen, doch inner-
lich war ſie ſtark“. 2 }
Ein Sterbekreuz, das ihr der Seelſorger gegeben, hielt
ſie feft in ihren Händen. Mit geſchloſſenen Augen, wie der
Seelſorger ihr gerathen, damit ſie durch den Anblick der
Guilloline und all’ der Anweſenden in ihrer inneren Samm-
lung nicht geftört würde, ließ ſie gottergeben Alles über
ſich ergehen. Nachdem der Staatsanwalt ihr wie oben noch
einmal alle8 verleſen, wurde ſie dem Scharfrichter übergeben.
In dieſem Augenblicke reichte der Seelſorger ihr das auf
ſchwarzbehaugenem Tiſche zwiſchen zwei brennenden Leuchtern
ſtehende Kruzifix zum Kuſſe und ſie ſagte. „Jeſus, Maria
und Zoſeph Unterdeffen ward ſie ſchnell die Stufen der
Suiklotine hinaufgeführt, einige Selunden — und der Kopf
war vom Kumpfe getrennt. Der Geiſtliche betete laut ein
Allerlei.
— Das thönerne Schwindl! Die Wiener Deutſche
Zig.“ ſchteibt: Die Gattin unſeres Mitbürgers M. iſt et-
Bas eigenſinniger Natur. Sie behauptet zwar daſſelbe von
ihrem Cheherrn, aber Freunde des Haules meinen, daß
dies nur dann der Fall ſei, wenn Frau WM. irgend einen
kofiſpieligen, mit der Finanzlage Herrn M’8. undereinbaren
Wunfjh haͤbe, und das ſoll zienilich oft der Fall ſein.
Heuer im Frühjahre hatte ſie ſichs in den Kopf geſetzt, daß
ſie un jeden Preis eine Sommerwohnung bekommen müſſe.
MAber M. blieb ihrem Drängen kühl bis anz Herz hinan.
Eines Tages — es war ſo gegen Ende Mai — al8 Frau
M. ihre Forderung wieder mit ſo großem Nachdruck gel-
tend machie, daß die Nachbarn zuſammenliefen, nahm M.
ſeinen Hut und Stock und ging davon. Und als er Abends
Heimfam, brachte er ſeiner noch immer grollenden Ehehälfte
gine wunderfhöne thoͤnerne Sau mit einem Einmurf für
Spareinlagen. Auf den Leib der vierbeinigen Sparkaſſe
hatte Herr M. mit Fleiß und Geſchick einen felbſtgedichteten
Spar im Sommer, liebe Frau, — Stich im Herbſt dann
ab die San !“ Dieſes Geſcheut überreichte er mit einer wohl-
gejebten Aufprache: „Schau liebe Amalie, menn Du das
ganze Geld, um das der theure Sommeraufenthalt mehr
koſtet, als das Hierbleiben, in dieſe Sparkaſſe thuſt, ſo haſt
Leg jede3 erſparte gehnerl da hinein, ſa haſt, Du mehr
davon als von dieſer Sommerfriſche,“ Damit ſtellte er das
önerne Ungethün auf die Kommode Frau Amalie war
wuͤthend. Sie wandte ſich ſchweigend ab, aber vor ihrem
Geiſte ſtand es klar: „Juſt nicht!“ Die Sommerfriſche
wurde nicht bezogen, aber Frau Amalie ſparte auch nicht.
Im Gegentheil, e& verdarb ihr jedesmal die Laune, ſo oft
ihr Blg auf das moralpredigende Schwindl fiel, und ſie
wiederholte daun allemal bei ſich: „Juſt nicht! Am meiſten
aber fonnte fie in Wuth kommen, wenn Herr M. von Zeit
zu Zeit die Sau in die Hand nahm, recht ſchüttelte und
mit einem vielſagenden Blick auf die Gattin bemerkte :
Aber es ſcheppert ja gar nicht!“ Sie hielt aber an ſich
und ſchwieg. Neulich aber wurde es ihr doch zu arg; da
ſagte Herr M-, als er eben ſeinen Ueberrock anzog: „Siehſt
Dır, Mali, jetzi wäre der Sommeraufenthalt auch zu Ende,
aınd dır hätteſt auch nichts davon. Wenn Du jetzt die Spar-
ſau abſtichſt, ſo wirſt Du Dich erſt frexen, daß wir das
Geld nicht ſo hinausgeworfen haben!“ Es war ein Glüg,
daß Herr M. ſchleunigſt die Wohnungsthür hinter ſich
ſchloß, denn Frau Amalie war außer ſich. Eben wollte ſie
ihren Zorn an dem unſchuldigen Theile, dem harmloſen
Schwindl, auslaſſen, als ihr Neffe Hans ein dürftiger,
junger Student, hereintrat; natürlich, um die liebe Tante
wieder einmal anzupumpen. Da kam er gerade recht. „So?
Geld brauchſt Du ſchon wieder? Natürlich, wenn man den
ganzen Tag in der Kneipe ſitzt, kann man ſelbſtverſtändlich
zicht austömmen. Aber, Du irrſt dich, wenn Du glaubſt,
daß ich Dir länger den Narren machen werde. Nicht einen
Kreuzer befommft Du mehr von mir . . Hans ſtand wie
betäubt. Da zuckte in der erzurnten Tante ein iſchlimmer
Eedanle auf. Sie ergriff die Unglitcksſau, reichte ſie dem
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verdutzten Studenten mit höhniſchem Lachen hin und rief:
„Da! Das kannſt Du Dir nehmen, damit Du endlich ein
mal ſparen lernſt!' Mechaniſch nahm Hans die Sau und
trat ſchweigend den Rückzug an. Draußen aber packte auch
ihn der Zoͤrn, er ſchleuderte mit einem Fluch die thönerne
Mißgeburt zu Boden, daß ſie in tauſend Stücke zerſprang.
Da 'erblickte er unter den Scherben ein zuſammengefaltetes
Papier und bückte ſich danach. Eine Hundertguldennote!!
Mit einem Freudenſchrei ſprang er in die Höhe und rannte
eiligſt davon.. — Abends kam Herr M. nach Hauſe und
vermißte die Sau. Er fragte und erfuhr das Schreckliche.
Haus wurde dringend geſucht, aber er kam dieſe und die
nächſte Nacht nicht nach Hauſe. Bis man ihn findet, wird
es wohl ſchon zu ſpät ſein.
— Zur Bekämpfung der Trunkſucht veröffentlicht
der Straßburger Kalender im Jahrgang 1893 ein eigen-
thümlich geſtaltetes anſchauliches Gedicht:
Das Glas:
Warum doch herrſcht in manchem Hans
So viel Krakehl, Gefluch, Gebraus?
Warum ſchlägt mancher ſeine Frau
Und kommt in Elend, trüb u. grau,
Wodurch kommt man in Schuld,
Büßt ein der Edlen Huld?
Warum giebt toll man preis
Der ſchwielgen Hände Schweiß?
Warum verſtoͤßt der Sohn
Die Veutter ſchnöder Lohn!
Es kommt vom Glas,
Daß das
Der Seel'
Krakehl,
Uuruh-
dazu
Geſchrei,
Viel Reu'
Und Unmuth ſchafft.
Den Beutel leert's, den Kopf beſchwerts,
Das Zuchthaus, Henkertod beſcheert's.
Literariſches.
— Diener der Barmherzigkeit Kathol. Monats-
ſchrift zur Förderung der Werke der Barmherzigkeit, beſon-
ders der Kranken⸗, Armen⸗ und Waiſenpflege. Halbjährlich
(6 Hefte) Mark. Adolph Russelss Verlag in Münſter
. W.) In vielen Familien verbreitet, wird dieſe Zeit-
ſchrift durch die ſtete Anregung, welche in derſelben gegebe-
ben wird, den Sinn für waͤhre und ächte chriſtliche Naͤchſten-
liebe bei den Familienmitgliedern mächtig fördern. Die
belehrenden Aufſätze und Mittheilungen über Geſundheits-
und Krankenpflege welche der Praxis entnommen ſind, geben
zuverläſſigen Rath, wie man Krankheiten verbeugen kann,
und wie ſie zu behandeln ſind. Zweck und Ziel der Zeit-
ſchrift ſind noch zu neu, um voll und ganz gewürdigt zu
werden Iſt dieſelbe erſt einmal in den Familien einge-
bürgert, ſo wird man ſie zu ſchätzen lernen. Die hisher
erſchienenen zwei Hefte liefert jede Buchhandlung
gratis.
— Praktiſches Lehrbüglein der Geſundheits-
und Kraukenpflege. Für Haushaltungspenfionate ſowie
für kluge und wohlthätige Haugfrauen. Von Matth Kinn,
Rektor am Kloſter der Dominikanerinnen in Arenberg bei
Koblenz. Zweite Auflage. Eleg karton. 60 Pfg. Die erſte
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