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Verein Historisches Museum der Pfalz [Hrsg.]; Historischer Verein der Pfalz [Hrsg.]
Pfälzisches Museum: Monatsschrift d. Historischen Vereins der Pfalz und des Vereins Historisches Museum der Pfalz — 5.1888

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Nr. 6 (1. Juni 1888)
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https://doi.org/10.11588/diglit.29790#0042
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.- - -
— 4
Doch schlugst du mit eiserner Brücke den Psad
Über wolkentragender Berge Grat,
Und täglich vernimmst du am goldenen Port
Von den fernsten Gestaden der Völker Wort.
Du bewahrtest das Feuer der Jugend dir,
Den Geist, dem Arbeit des Lebens Zier,
!
2 —
Der wagt und ringet und nie verzagt,
Und, wo es sich zeiget, das Glück erjagt.
Ja! ich liebe dich, blühendes, westliches Land,
Wo die neue, die schöne Heimat ich fand.
Wer srüge wohl noch, der dich Herrliche sah,
Warum du mir lieb, California?
Nie Felsenkönigin.
Von H. Waldeina r.
Wei Wanderer schritten rüstig durch den dichten, lauschigen
Buchenwald, der in gerader Linie von Kaiserslautern nach
Hohenecken, der zerfallenen Burg der Grafen gleichen
Namens führt. Der Kleinere der Beiden, ein zierliches
Herrchen im grauen Jagdrock mit grünen Ausschlägen,
welches das Gewehr über der Schulter hängend trug, verriet
nicht allein durch sein Äußeres den Forstmann, sondern kenn-
zeichnete denselben durch sein ausmerksames Umspähen, durch die
Art, wie er die blähenden, Hellen Augen bald in die Wipsel der
dichtbelaubten Bäume, bald gerade aus durch das Dickicht
schweisen ließ. Der Andere dagegen ging gesenkten Hauptes,
nachdenklichen Sinnes neben dem Freunde her. Er war von
hoher, schlanker Gestalt, die, wenn aufgerichtet, das erlaubte
Maß fast zu überschreiten schien. Sein Antlitz konnte nicht
gerade schön genannt werden, doch erregte es durch seine durch-
geistigten Züge, denen die dunklen, düsterschimmernden Angen
fast einen melancholischen Stempel verliehen, durch die breite
Narbe, die quer über die linke Wange lies, das Interesse des-
jenigen, dem es vergönnt war, Erich von Scharfenstein gegen-
über zu stehen, zu beobachten, wie beim Sprechen seine Züge
sich aufhellten, wie die traurigen Augen sich belebten und durch
ihren Glanz, durch das Feuer, das ihnen entströmte, sein Ant-
litz hinreißend schön werden ließen.
Eine weite Strecke waren die Herren stumm neben ein-
ander hingegangen in dem lautlos stillen Walde, in dem selbst
ihre eignen Schritte auf dem Weichen, elastischen Wege verhallten.
Mehr denn einmal hatte ein neugieriges Eichhörnchen uner-
schrocken die schweigsamen Wanderer bis dicht an sich heran-
kommen lassen, um dann in ausgelassenem Mutwillen eine ver-
einzelt zwischen den Buchen stehende Rot- und Weißtanne in
bewundernswürdiger Geschwindigkeit zu erklimmen. Auch zwei
Rehe, die, an einer Kreuzung des Weges äsend, langsam weiter-
schritten, und Plötzlich, den Kopf erhoben, in graziöser, fast
koketter Stellung, das Herannahcn der Herren abwarteten, be-
eilten sich nicht, aus dem gefährlichen Bereiche der Büchse zu
kommen, wissend oder ahnend, daß dieselbe für sie nicht ge-
laden war.
Graf Erich von Scharfenstein bemerkte nichts von dem,
was seinen Freund und Begleiter mit Entzücken erfüllte, er
achtete nicht des Zaubers, der sie in dem stillen Walde umfing,
der ihnen aus dem Zirpen der Insekten, aus dem bald Hellen,
bald klingenden Ton einer Amsel entgegenklang. Wohl erhob
er das Haupt und ließ seinen Blick auf dem Gezweig ruhen,
das von der schräg hindurchfallenden Sonne wie in flüssiges
Gold getaucht erschien, es geschah aber so sinnend, als ob er
mit seinen Gedanken in weiten Fernen weilte, und Mühe hätte,
dieselben auf seine Umgebung zu konzentrieren.
Da zog Franz Lenthal, der junge Förster, seine Uhr,
blickte darauß blinzelte dann schalkhaft den Grasen an und
sagte lachend:
„Über allzu große Redseligkeit kann man bei Dir nicht
klagen, Erich. Znm Kuckuck, wo hast Du gelernt, stundenlang
so stumm dahinzugehen? Ich dächte, Gottes prächtige Natur,
der herrliche Wald, jede Blume, jedes Tierlein müßte Dich zu
ausrichtiger Bewunderung hinreißen! — Verzeihe, Erich, wenn
ich Dir indiskret erscheine", fuhr er in weicherem Tone fort,
als er bemerkte, wie sich des Freundes Antlitz rötete, „aber in
den wenigen Stunden, die wir feit Deiner Rückkehr aus dem
Orient zusammen verleben, habe ich mit Schmerz entdeckt, daß
Du nicht mehr der frühere, heitere und lebenslustige Junge
bist, der Du ehemals gewesen. Du verheimlichst mir etwas aus
Deinem Leben, das Ursache Deiner sichtlichen Veränderung ge-
worden, oder" — auch Franz' Stirn krauste sich — „hat man
Dich gelehrt, in mir nur den Sohn Eures Verwalters, den
Mann aus dem Volke zu erkennen? Dann sag' es frei heraus,
ich kann es hören ohne Vorwurf für Dich, aber — nun, wer
frügt nach dem Schmerz, den es mir bereiten würde, Dich s o
verlieren zu müssen? — Sprich, was ist es?"
„Ich mag Dir unbegreiflich erscheinen, Franz, ich glaube
es Wohl. Den Grund hierzu will ich Dir offenbaren, nicht nur,
weil es mich drängt, Dir dies Erlebnis mitzuteilen, sondern um
Dir zu beweisen, daß Zeit und Entfernung auf unsere Freund-
schaft keinerlei Einfluß ausüben konnten", sagte der Graf mit
tiefer, etwas vibrierender Stimme.
Der Forstmann räusperte sich und meinte: „Hm, da hat
gewiß wieder ein Frauenzimmer seine Hand im Spiele."
„Laß Deine Scherze, Franz, ich bitte Dich, und versuche,
mir wenige Minuten Gehör zu schenken, dann wirst Du mich
völlig begreifen. Willst Du?"
„Von Herzen gerne, also — beginne!"
„Einige Tage, ehe ich Konstantinopel verließ, schlenderte
ich, in Ermangelung besserer Beschäftigung, durch einen der
vielen Bazare, die vermittelst eines fast unerhörten Raffinements
zufammengestellt sind. Im Anschauen einiger Auslagen kost-
barer Schmucksachen versunken und innerlich staunend über den
immensen Reichtum und die geschmackvolle Anordnung der Waren,
vernahm ich plötzlich, wie eine Helle, weibliche Stimme den Ver-
käufer um goldene Armfpangen ansprach. Die Stimme ließ
auf ein jugendliches Wesen schließen, und als ich, meine Neugier
zu befriedigen, mich wandte, sah ich in ein unverschleiertes Ant-
litz von so wunderbarer Schönheit, daß ich Zeit, Ort und An-
stand völlig vergaß und nur unverwandt die reinen, jungfräu-
lichen Züge betrachtete, aus denen große, graue Augen mich ver-
wundert, doch nicht strafend anblickten, dabei huschte um den
zartgeformten Mund ein Lächeln, das mich bedingungslos zum
Sklaven des schönen Mädchens machte. Ich war viel in der
Welt umhergewandert, hatte manche Schönheit gesehen und be-
wundert, doch kein weiblicher Wesen war bis zu jenem Augen-
blick im Stande mich ernstlich zu fesseln. — Die Fremde er-
 
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