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KUPFERSTICH UND RADIERUNG

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Weih Wasserkessel

Entwurf und Ausführung von Joseph Seitz in München

eine feingliedrige Struktur, gebildet aus dem
Asphaltkorn und den winzigen, mikro-
skopischen Zwischenräumen. Da sich der
Asphalt im Säurebad nicht auflöst, so ätzt
dieses nur das erwähnte Netzwerk. Stellen,
welche ganz weiss bleiben sollen, sind zuvor
mit Schellack eingedeckt. Auch eine ganze
Reihe von Abstufungen lässt sich erzielen,
indem die leichter gewünschten Partien vor
jedem weiteren Ätzbad geschützt werden,
während die Tiefen der gewünschten Ton-
stufen mit Hilfe des Ätzprozesses weiter-
schreiten. Dabei ist zu bemerken, dass die
Aquatinta im Gegensatz zur Mezzotintatechnik
keine weichen Übergänge kennt, sondern eine
Ätzfläche scharf von der anderen trennt.
Leprince machte übrigens von ihr nicht den
ausgiebigen Gebrauch, wie viele seiner späteren
Kollegen, welche insbesondere Landschaften
ganz darin herstellten, mit völligem Verzicht
auf die Strichradierung.
Im Zusammenhänge damit wäre an erster
Stelle der jetzt wieder so viel genannte
Spanier Francisco Goya zu nennen, der sich

als Malerradierer mit grosser Vorliebe diese
Flächenbehandlung zunutze macht.
Wie die Lithographie ihre Punktiertechnik
hat, die aber handwerks- und fabriksmässig
betrieben wird, so erhiilt die Kupfertechnik
ihre Punktiermanier aber aus der Hand von
ernsten Künstlern; Beispiel Bartolozzi. Dabei
kommt der gewöhnliche Ätzgrund in An-
wendung, und die Punkte werden durch ihn
hindurch mit unterschiedlichen Nadeln ver-
schiedener Grösse und Spitzigkeit gestochen.
Es folgt darauf die Ätze und zuletzt werden
noch ganz leichte, zarte Töne in Punkten mit
der Nadel unmittelbar auf die Platte gebracht.
Noch sei auf eine Variation hingewiesen,
der wir auch in den modernen Radierschulen
öfters begegnen, das Durchdruck-Verfahren
Vernis-mon. Dasselbe lässt sich leicht mit
den anderen Manieren der Radierung ver-
einigen, sowohl auf einer Platte, mit Aquatinta,
oder im Mehrfarbendruck mit Tonplatten.
Statt des gewöhnlichen Ätzgrund findet sich
auch spezieller Durchdruckgrund für den Be-
ginn der Arbeit im Handel. Das Typische
bei Vernis-mon besteht nun darin, dass die
Zeichnung nicht auf den Überzug der Platte,
den Ätzgrund, aufgetragen wird, sondern auf
dünnes (sogen. Architekten-) Papier. Dieses
Zeichenblatt wird auf die Radierplatte leicht
befestigt, und der Entwurf mit einem spitzen
Instrumente, einer Nadel oder einem Nagel
durch Papier und Ätzgrund enei gisch durch-
gedruckt. Die Ätzprozedur erfolgt zumeist
mit mehrmaligem Abdecken.
Bei dieser knappen Zusammenstellung und
gedrängten Übersicht, die keineswegs Anspruch
auf Vollständigkeit erheben kann, sei schliess-
lich noch des mehrfarbigen Kupferdrucks ge-
dacht, der von Anbeginn Ziel und Wunsch
vieler Stecher war. Zur Zeit des Linienstiches
musste er ein ungelöstes Problem bleiben;
denn es ist ganz klar, dass die Platte mit ihrer
schraffierenden, linierenden oder punktierenden
Darstellungsweise keine Mehrfarbigkeit ver-
tragen konnte; es wäre doch immer das Weiss
des Papiers überall störend und ruhelos durch-
geplatzt. Als jedoch die Flächenmanier erfunden
worden war, drängte die neue Errungenschaft
 
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