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Monatsblätter für christliche Kunst, praktische Kunstfragen und kirchliches Kunsthandiverk
V. Jahrgang, 7. Heft, April 1913
Verlag der Gesellschaft für christliche Kunst, München. — Preis des Jahrgangs inkl. Frankozustellung M3 —

SCHUTZ UND PFLEGE DER
KUNSTDENKMALE
ehr vielfach kann man die Wahrnehmung
machen, dass alte, wertvolle Gemälde,
Figuren, auch ganze Altäre usw., die nach
Meinung der Besitzer oder hierzu berufenen
„Beschützer“ nicht mehr schön genug aus-
sehen oder ruinös geworden sind, entweder
entfernt und durch kunstlose, neue Gegen-
stände ersetzt oder aber, was manchmal fast
ebenso schlimm oder noch schlimmer ist, von
unkundiger Hand „renoviert“ werden, ohne dass
man bedenkt, wie dadurch manch äusserst wert-
volles Kunstdenkmal, manches Zeugnis glänzen-
den Schaffens früherer Jahrhunderte gedanken-
los entwertet, wenn nicht vernichtet wird.
Wir, die wir doch nur vorübergehend Nutz-
niesser der von unseren Vorfahren geschaffenen
Kunstwerke sind, haben zwar die Pflicht, neue
Kunstwerte im Sinne der Gegenwart zu schaffen,
besitzen]’edoch sicher kein Recht, die alten nach
unserem Geschmack abändern oder „verbes-
sern“ zu wollen. Nein, wir haben vielmehr die
Pflicht, die uns überlieferten Originale durch
sachgemässe schonende Behandlung vor dem
Ruin zu bewahren und die beste Art des Denk-
malschutzes ist vielfach die, die Kunstgegen-
stände so, wie sie sind, unberührt stehen zu
lassen. Renovieren — Restaurieren — ist:
Wiederherstellung des ursprünglichen Zustan-
des. Wenn also ein Kunstwerk im Laufe der

Jahrhunderte, sei es nun durch den Zahn der
Zeit oder aber, was vielfach noch schlimmer ist,
durch unsachgemässes „Restaurieren“ Schaden
gelitten, so haben wir die Pflicht, auf das ge-
wissenhafteste nachzuforschen, wie die Figur,
der Altar usw. ursprünglich von ihrem Schöpfer
erdacht und behandelt waren. Einem kundigen
Fachmann wird es auf Grund seiner Kenntnisse
und Erfahrungen möglich sein, den originalen Zu-
stand festzustellen und ist dieser einmal fest-
gestellt, dann ist auch der Weg vorgezeichnet,
wie mit dem Kunstdenkmal weiter zu verfahren
ist. Findet sich z. B. die originale Fassung
einer Figur unter der späteren Bemalung noch
vor, so ist selbe vorsichtig blosszulegen, zu
reinigen und in der ganz gleichen Tech-
nik zu ergänzen, neue Zutaten sind nach Mög-
lichkeit zu vermeiden. Ganz besonders wichtig
ist aber auch, auf das sorgfältigste nachzu-
forschen, welches die Ursachen des Ruinös-
werdenswaren, und diese dann auch von Grund
aus zu beseitigen. Es wäre zwecklos, z. B.
ein Ölgemälde, dessen Überzugsfirnis infolge
Mangels an entsprechender Luftzirkulation grau
angelaufen ist, zu regenerieren, ohne die Ur-
sache des Übels zu beseitigen, d. h. für Luft-
zufuhr zu sorgen. Ebenso unzweckmässig wäre
es, eine Holzfigur, die vom Holzwurm beschä-
digt ist, durch Ergänzung der abgebröckelten
Holzteile und Neuherstellen der Fassung wieder
instandzusetzen, ohne vorher auf Beseitigung
des Holzwurmes bedacht zu sein. Aber dieses
 
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