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Monatsblätter für christliche Kunst, praktische Kunstfragen und kirchliches Kunsthandwerk
V. Jahrgang, 8. Heft, Mai 1913
Verlag der Gesellschaft für christliche Kunst, München. — Preis des Jahrgangs inkl. Frankozustellung M3 —

MISSIONS- UND FELDKREUZE
Zu den Abbildungen dieser Nummer
Ein Pfarrer schreibt an die Deutsche
Gesellschaft für christliche Kunst, deren
Mitglied er ist, in seiner Pfarrei werde eine
Mission abgehalten und bei diesem Anlass
ein steinernes Missionskreuz errichtet. Dieses
habe zugleich als Wetterkreuz und um Fron-
leichnam als Rückwand eines Prozessions-
altars zu dienen. Er möchte nun etwas
Neuartiges haben; freilich stünde nur ein
Betrag von etwas über 200 Mark zur Ver-
fügung, aber vielleicht könne ihm die Gesell-
schaft zu einer originellen Skizze verhelfen.
Dergleichen Aufgaben pflegen jenen kinder-
leicht vorzukommen, die der Kunst fernstehen
oder es mit ihr nicht ernst nehmen. Des-
halb meinen sie, es sei nicht der Rede wert,
wenn ein Künstler so einen Entwurf einmal
in einer müssigen Stunde ohne Entschädigung
für Zeit, Mühe und Auslagen entwerfe, „um
Gotteslohn“, wie sie euphemistisch sagen.
In Wirklichkeit stecken gerade in unschein-
baren Arbeiten grosse Schwierigkeiten, deren
Bewältigung viel Nachdenken, Geschmack,
Zeitaufwand und Liebe erfordert. In unserm
Falle hat der Herr Fragesteller sich von vorne-
herein erboten, den Entwurf einigermassen zu
honorieren.
Originelle Entwürfe sind bekanntlich nir-
gends auf Lager, sondern müssen von Fall

zu Fall erfunden werden; sie sind nur bei
wirklichen Künstlern zu erlangen. Bei den
bescheidenen Geldmitteln, mit denen zu rechnen
war, wäre die Jury der Deutschen Gesell-
schaft für christliche Kunst kaum in der Lage
gewesen, in der Sache etwas zu tun, wenn
sich nicht die Mitglieder des aus Kunst-
studierenden bestehenden Albrecht Dürer-
Vereins in München bereit gefunden hätten,
das Thema „Missionskreuz“ zum Gegenstand
eines „Komponierabends“ zu machen. Was
ist unter Komponierabend zu verstehen? Die
jungen eifrigen Künstler des Vereins stellen
sich eine gemeinsame Aufgabe, die sie bis
zu einem bestimmten Termin von mehreren
Wochen in Entwürfen lösen. Am vereinbarten
Tage werden die Entwürfe ohne Namens-
angabe im Vereinslokal aufgestellt, wo sie bei
der abendlichen geselligen Zusammenkunft
in freundschaftlichem Gedankenaustausch be-
sprochen und von einem angesehenen Künstler,
gewöhnlich einem Akademieprofessor, beur-
teilt werden. Es lässt sich denken, wie an-
regend diese Einrichtung wirkt. Diese Be-
handlung erfuhr nun auch die Angelegenheit
mit dem Missionskreuz; mit welch schönem
Erfolge, das ersieht man aus den 15 Ab-
bildungen der vorliegenden Nummer des
„Pionier“, die eine Auslese aus den einge-
reichten Ideenskizzen darstellen. Eine grössere
Zahl der Entwürfe aus dem Kompositions-
abend wurde der Jury der Deutschen Gesell-
 
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