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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Editor]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 13.1907

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Heft 6
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Schäfer, Wilhelm: Zwei Landschafter: (Wilhelm Kalb, Julius Bretz)
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https://doi.org/10.11588/diglit.26231#0222

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Iulius Breh: Godesbusch.

Helligkeir des „alrmodiscben" Licbres und die scdörre
Verreilung nn Raunr, die gar rricbr dekorativ genrachr ist
und doch bildhafr siclrer und ruhig wirkr. Es liegr
denr ersten Blick gleicb naH diese stillen Dinge nrir-
leidig zu belächeln, oder sich erstaunr in ibre Jnnerlich-
keir hüreinzufinden; wer nicht ganz von unscrn nrodernen
Problenren derr Kopf voll hast denr wird das letzrere
wobl gelingen zu seiner stillen Freude.

*

*

Julius Bretz ist anderer Arr. Ich sah auch keine
Auswahl seiner Werke, nur in Köln zwei und in Düssel-
dorf drei Ölbilder und in seiner Wohnuug — ein Atelier
harre er nichl — eine Anzahl von Pastellzeichnungen.
Er ist ein Düsseldorfer, der vor Jahren beiseite ging,
irgendwo in ein Dörfchen an der Agger; das ist ein
Nebenfluß, vielnrehr Bach der Sieg ganz drürnen inr
„Haferspanien", wie nran anr Rhein dieses verlorene
Bauernland zu nenneir pflegt. Nun ist er heinrgekonrnren
und hat seinen Düsseldorfer Landsleuten Dinge gebracht,
mit denen sic sich fürs erste nichr abfinden können.
Seinen „Holunderzweig" haben fie ihnr neben ein lebens-
großes Reirerporrrät — leider niclrt vorr Trübrrer — hinter
den Kanrin gehängt. Es ist aber trotzdem das originellste
Stück, was die Düsseldorfer auf ihrer Ausstellung als
eigene LeiMnrg zeigen können: inr Aeiclmerischen wie in der
Farbe von einer strerrgen Vollendung, daneben einenr
leicht alles andere — talentvoll oder nicht — als Lodderei
erlcheint. Iclr brauche daS Bild nicht zu beschreiben,
die Festigkeit der Zeichnung sagt die Abbildung besser
als nreine Worte. Nur über die Farbe und also die

Malerei nruß ich wohl sagen, daß sie in iener klaren
Kraft und Bestinrnrtheit wirkt, die wir von den alten
Bildern der Deutschen kennen. Dkme alle bramre oder
violette oder graue Sclmnrnrrigkeit, ohne die hundert inter-
essanten Mätzchen, „die Fläche nralerisch zu beleben",
ganz ungcbrochen scheinbar sind die Lokalfarbcn lmr-
gesetzt und wirken dennoch weder hart noch bunt, nur
kräftig und frisch wie der Natureindruck eines solclren
Blütenzweiges inr vollen Tageslicht. Sieht nran freilich
die Malerei genauer an, so erkennt nran nrit Staunen
eine entfernt an Segantini erurnernde Mühseligkeit der
Teclmik, fast wie aus farbigen Steinchen genrauert bauen
sich die so klar und einfach scheinenden Töne auf; dies
in Verbindung nrit einer überstrengen Zeichnung, die
fich keine Schwierigkeit schenkt, alleS zu Ende und zunr
klaren Ausdruck bringt: bringt uns denr Künstler näher,
dessen bester Vorzug eine unerbittliche Selbstzucht ist,
die sich nicht begnügt, Eindrücke festzuhalten, sondern
diese Eindrücke in sachlicher Präzision auf den letzterr
Ausdruck bringt, und die Erfahrungen eines jahrelangen
Studiunrs der Natur in wenigen Schildercien zulanrnren-
drängt, statt sie in lmndert Skizzen leichtsinnlg aus-
zugeben.

Ist es zu viel gesagt, wemr ich behaupte, daß dieser
Zweig sich neben der Tanne auf denr fabelhaften
Cranachbild der „Rube auf der Flucht" wohl zeigen
könne? Freilich ist es hier nur ein Zweig, dort eine
ganze Tanne und Menschen und Engel davor: aber wir
sind doch wieder daran, jene uns uncrreichbar scheinende
Meisterschaft neu zu erobern; inr lauten Fußvolk der
modernen firfertigen Dekorations- und Stimmungsmaler
mehren sich jene, die wir als rreue alte Meister begrüßen

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