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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 13.1907

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Heft 6
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Gischler, W.: Drei rheinländische Ausstellungen: (Mannheim, Düsseldorf, Köln)
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https://doi.org/10.11588/diglit.26231#0228

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rei rheinländische Ausstellungen.

(Mannheim, Düffeldorf, Köln.)

Ich beginne nn't Mannheim, weil es als Ausftel-
lung die konsequente Erscheinung und grundsätzlich zum
mindeften beachtenswerter isft als die berden andern.
Nicht in einer böchft persönlichen Auswabl liegt ibr
Vorzug, wie meist berichtet und geglaubt wird; und
wenir ich neulich an mcht geringer Stelle las, daß sie
meift Werke ersten Ranges und wenige nur zweiten
Ranges zeige, so scheint mir das gründlich salsch: ich
könnte Werke sünsten und sechften Ranges nennen, die
noch dazu an guter Stelle bängen, und der einzig be-
trübliche Eindruck dieser Ausftellung ift gerade der, daß
man ein wenig verdrossen an dem allzuvielen, tonig-
dekorativen Durchschnitt wird, obwobl doch Sachen darin
hängen wie die kleine van Gogh-Landscbast „mit dem
pointillierten Baum", die Bilder von Karl Hoser, Klimt
und anderseits von Stuck und Kbnopff, die eine leiden-
schaftliche Auseinandersetzung wahrhaftig verlangen. Und
nicht was der persönliche Geschmack von Dill gesammelt
hat, ift das Entscbeidende — er ginge, dünkt inich, am
liebsten in der Nacht hermn und schmisse recht vieles
hinaus, was gar nicht seines Sinnes sein kann —
sondern wie ausgehängt und geftellt ift; und hierin ift
ratsächlich ein Prinzip so grundsätzlich ersüllt, wie wirs
noch nicht erlebten:

„Das Bild im Raum". Das heißt: die dekorative
Verwcndung des Taselbildes — wie der Plastik — nn
bürgerlichen Aimmer, und auch ein klein wenig im
Museum, wie mir scheint.

Von Aeit zu Zeit befällt unsere Malerei ein wahrer
Katzcnjammer, daß sie gleich der Plaftik von der Archi-
tektur als Mutter aller Künste losgerissen und als
L-taffeleibild eigentlich verächtlich sei. Nur was direkt an
die Wand, in einen Raum hinein gemalt seinen dekora-
tiven oder gar monumentalen Zweck erfülle, habe Wert;
alles andere sei nur Surrogat. Eilfertig wird dann das
^taffeleibild aus seine dekorative Wirkung angesprocben, es
wird Wandlchmuck, Dekorationsgegenstand, Kunftgewerbe.

Es wird vergessen, daß eine Differenzierung durch-
aus noch nicht Versall bedeutet, daß mir der Loslösung

H. Blüingl Nückseite der Kunsthalle zu Mannheiin.

jeder einzelnen Kunftarr eine Verseinerung und Ver-
tiesung verbunden sein könne, daß, wie ein Goethesches
Gedicbt (Über allen Wipfeln ift Ruh) durchaus nicht
des Rabmens einer großen dramatischen Dichtung be-
dürfe, auch ein Taselbild ganz andere Werte entwick'eln
kann als nur seine dekorativen. Wenn wir Nachgeborenen
vor einenr Bild von Stesan Lochner, Grünewald, Rem-
brandt stehen, so bleibt uns nichts so sern als der Ge-
danke einer dekorativen Verwertung: über Jabrbunderte
hinweg grüßt uns das Leben, zwingt uns eine Welt-
anschauung. Alle „gutgemalten Rüben" und „dekora-
tiven Wandflecken" in Ebren: es dünkt mich eine herr-
liche Ausgabe, einen Rembrandt so einzubauen, daß seine
ganze Herrlichkeit uns unwiderftehlich übersällt, aber es
wäre ein Unsinn, ihn danach zu schätzen, ob er eine
Stuben- oder Kirchen- oder Festballenwand dekorativ zu
schmücken vermag. Freilich ift nicht jedes Tafelbild von
Rembrandt, und man könnte wohl unsere Maler in
zwei Gruppen einteilen, ob man von ihren Bildern
einen dekorativen Wert, eine Gebrauchsfähigkeit als
Wandschmuck zum mindesten verlangen kann, oder ob
sie durch höhere O.nalitäten die Berechtigung zu einem
eigenen Dasein haben. Nach dieser Unterscheidung ge-
hörten dann die Bilder der Mannheimer Jubiläums-
auöftellung zur erften Gruppe.

Was natürlich nur ein böser Scherz ist, aber doch
aus die grundsätzlichen Vorzüge und Mängel dieser höchft
durchgebildeten Veranstaltung hindeutet. Es ijt in Mann-
beim jeder Ranm zunächft als Einheit dekorativ aus-
gebildet worden unter Auswendung großer Mittel und
nach Angaben unserer besten dekorativen Kräste, natür-
lich auf Grund der Raumdispositionen von Billing, dem
Baumeifter der Kunfthalle, der auch die provisorijchen
Anbauten erstellt hatte. Schon in dem Kölner Aus-
stellungsbau hatte sich Billing als ein Meister gerade
in der Raumbildung gezeigt, der es trefflich verfteht,
Räume der verschiedenften Ausdehnung zu einer Ge-
samtwirkung zu bringen, die man durchschreitend als
eine glückliche und planvolle Abwechslung wohlig wabr-
nimmt. Bedenkt man dies, die monumentale Ruhe der
äußeren Erscheinung sowie die Pracht und helle Dchön-
heit des Kuppelraumes, hinter deffen Marmorsäulen das
Licht zauberhast einfällt und alles in einer altjilbernen

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