DAS SCHLOSS ORTEWEHG.
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U nterhalb der freundlichen Stadt Gengenbach tritt die Kinzig, von hier an ruhiger
fliessend, aus der breiter gewordenen Thalebene in das offene Land. Gleich einer
Warte an dem Eingänge des Thales erhebt sich die Veste Ortenberg, auf steilem
Hügel, dessen Halden treffliche Reben bekleiden. Die Spitze krönet der Fels, mit
schroff zugehauenen Wänden, auf welchen die hohen Mauern und Thürme der
Veste erbaut sind. Die untere Ringmauer schliefst einen beträchtlichen Hofraum,
mit Wirtschaftsgebäuden, ein; aber auch der Hof der eigentlichen hohem Burg
ist sehr geräumig und trennt weitläufige Gebäude, deren schönerer Theil wohl gegen
das Thal hinauf schaute. Dagegen ist die Befestigung am stärksten durch innere und
äufsere Thürme an der Ostseite, wo der Schlofsberg mit den höhern Gebirgen zu-
sammenhängt. Hohe starke Mauern trennen hier die gewaltigen Vorwerke, und
umschliefsen tiefe Gewölbe, über welchen vorsichtig der kühne Neugierige weilt,
denn halt und schaurig steigt aus den verschlossenen unergründeten Räumen die
modernde Kerkerluft entgegen, und vielfach wiederholt schlägt der Schall des
hinabgeworfenen Steines an die feuchten Wände. Viele dieser Bauten sind wohl
kaum ein Jahrhundert vor der Zerstörung der Veste errichtet worden, dies beweist
das eingeschriebene Jahr , und die häufige Benutzung älterer Baumaterialien
in neuern Mauerwerken.
Doch der Blick schweift hin in weite Fernen, an den Wasgau, dessen Thäler
die aufgehende Sonne beleuchtet; er weilt an den deutlich erkannten Trümmern
von Landsberg, Truttenhausen, Andlau mit seinen hohen runden Thürmen, und
sucht auf der Höhe des Odilienberges die alte Hohenburg, einst der Sitz der
Herrscher über alle diese Lande, welchen Attich’s Tochter in ein frommes Stift
umgewandelt hat. Leber die weite Ebene hin ziehen die dunkeln Schatten der
Wolken und erzeugen unendlichen Wechsel auf der reichbewässerten Fläche. Denn
allmählig sind die Nebel von den Bächen und Strömen gestiegen, und es strahlen
diese bald heiter und blendend von der Morgensonne beleuchtet, oder vermehren
das Dunkel, welches die Wolkenzüge auf das Thal hinwerfen. Unten an dem Berge
liegt freundlich unter Obstbäumen das Dorf Ortenberg, in kleiner Entfernung
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U nterhalb der freundlichen Stadt Gengenbach tritt die Kinzig, von hier an ruhiger
fliessend, aus der breiter gewordenen Thalebene in das offene Land. Gleich einer
Warte an dem Eingänge des Thales erhebt sich die Veste Ortenberg, auf steilem
Hügel, dessen Halden treffliche Reben bekleiden. Die Spitze krönet der Fels, mit
schroff zugehauenen Wänden, auf welchen die hohen Mauern und Thürme der
Veste erbaut sind. Die untere Ringmauer schliefst einen beträchtlichen Hofraum,
mit Wirtschaftsgebäuden, ein; aber auch der Hof der eigentlichen hohem Burg
ist sehr geräumig und trennt weitläufige Gebäude, deren schönerer Theil wohl gegen
das Thal hinauf schaute. Dagegen ist die Befestigung am stärksten durch innere und
äufsere Thürme an der Ostseite, wo der Schlofsberg mit den höhern Gebirgen zu-
sammenhängt. Hohe starke Mauern trennen hier die gewaltigen Vorwerke, und
umschliefsen tiefe Gewölbe, über welchen vorsichtig der kühne Neugierige weilt,
denn halt und schaurig steigt aus den verschlossenen unergründeten Räumen die
modernde Kerkerluft entgegen, und vielfach wiederholt schlägt der Schall des
hinabgeworfenen Steines an die feuchten Wände. Viele dieser Bauten sind wohl
kaum ein Jahrhundert vor der Zerstörung der Veste errichtet worden, dies beweist
das eingeschriebene Jahr , und die häufige Benutzung älterer Baumaterialien
in neuern Mauerwerken.
Doch der Blick schweift hin in weite Fernen, an den Wasgau, dessen Thäler
die aufgehende Sonne beleuchtet; er weilt an den deutlich erkannten Trümmern
von Landsberg, Truttenhausen, Andlau mit seinen hohen runden Thürmen, und
sucht auf der Höhe des Odilienberges die alte Hohenburg, einst der Sitz der
Herrscher über alle diese Lande, welchen Attich’s Tochter in ein frommes Stift
umgewandelt hat. Leber die weite Ebene hin ziehen die dunkeln Schatten der
Wolken und erzeugen unendlichen Wechsel auf der reichbewässerten Fläche. Denn
allmählig sind die Nebel von den Bächen und Strömen gestiegen, und es strahlen
diese bald heiter und blendend von der Morgensonne beleuchtet, oder vermehren
das Dunkel, welches die Wolkenzüge auf das Thal hinwerfen. Unten an dem Berge
liegt freundlich unter Obstbäumen das Dorf Ortenberg, in kleiner Entfernung
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