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Rooses, Max
Geschichte der Malerschule Antwerpens: von Q. Massijs bis zu den letzten Ausläufern der Schule P. P. Rubens — München, 1881

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https://doi.org/10.11588/diglit.20661#0136
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Frans Pourbus. Gualdorp Gortzius. Jan Snellinck.

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es fteht aufser Zweifel, dafs fie vom erften bis letzten nach dem Leben ge-
malt find. Befonders in dem Bildnifs des »anbetenden Viglius« auf der Aufsen-
fei te des einen Flügels, welches mit fo viel Wärme und Gründlichkeit durch-
geführt ift, fällt uns das Vorherrfchen des Porträtmalers an Pourbus auf. Der
dem Donator entfprechende Chriftus« auf der Aufsenfeite des anderen Flügels
ift mit jenem verglichen kalt und fteif.

Wie Pourbus von Brügge fo kam einer feiner Schüler GUALDORP
GORTZIUS* von Löwen, wo er 1558 geboren wurde, aber fchon im Alter von
1 7 oder 18 Jahren nach Antwerpen zog. Erft bei Frans Francken dafelbft unter-
richtet, dann bei Pourbus befonders zur Porträtmalerei angeregt, erwarb er üch
in diefem Fache folche Gefchicklichkeit, dafs der Herzog von Terra-Nova ihn
zu feinem Maler ernannte und ihn anläfslich der 1579 in Köln geführten Friedens-
verhandlungen mit in die Rheinftadt nahm. In diefer aber fand er fo viel An-
klang, dafs er dort bis an feinen Tod (1616 oder 1618) blieb. Das Mufeum
in Köln befitzt von ihm neben einigen Gemälden religiöfen Inhalts eine Anzahl
von Bildnifsen (Nr. 451—464), die vor den Werken feines Meifters wie vor
jenen anderer aus feiner Zeit wahrlich nicht zurückftehen.

Von Mecheln kam Jan SNELLINCK der Aeltere. Dort 1549 geboren,
verheiratete er fich am 10. Juli 1574 zu Antwerpen mit Helena de Jode, liefs
fich jedoch obwohl bereits längere Zeit in der Scheldeftadt fefshaft, nicht vor
1597, in welchem Jahre er eine zweite Ehe mit Pauline Cuypers fchlofs, als
Bürger einfehreiben. Seine erfte Frau fchenkte ihm drei Söhne, Jan, geboren
1575, Daniel, geb. 1576 und Geeraard, geb. 1577, welche fämmtlich den
väterlichen Beruf erwählten und in den Antwerpener Liggeren verzeichnet find,
während uns von ihren Werken nichts bekannt blieb. Seine zweite Frau gebar
ihm zehn Kinder, darunter fechs Söhne, von welchen der ältefte ANDREAS und ein
fpäter geborner Abraham auch als Maler verzeichnet find.

Jan Snellinck war wie mehrere feiner Kunftgenoffen, Plofmaler des Erzher-
zogenpaares Albrecht und Ifabella, und wurde mit diefem Titel auch von Peter
Ernft Grafen von Mansfeld und Gouverneur der Provinz Luxemburg beehrt:
ein Beweis, dafs er in feiner Kunft zu Anfehen gelangte. Er malte Porträts,
religiöfe und hiftorifche Stücke und fertigte Cartons für die Gobelinweber von
Audenaarde, während van Mander die Art rühmt wie er Schlachten darzuftellen
wufste. Ebenfo an Lebenstagen wie an Kindern gefegnet ftarb er am I. Oktober
1638 im Alter von 89 Jahren. In der St. Georgskirche, wo er begraben ward,
erhielt er einen Grabftein, welcher mit feinem von van Dyck gemalten Bild-
nifse verziert ward und fein Wappen trug: ein Beweis, dafs er von adeliger
Geburt oder, was noch wahrfcheinlicher, von feinen hohen Gönnern in den Adel-
ftand erhoben war.

Im Mufeum von Antwerpen hängt ein fchönes Stück (Nr. 334) »Chriftus
zwifchen den zwei Schächern« darftellend. Hier findet fich manche in Em-
pfindung und Haltung in der That gut aufgefafste Figur: fo der hl. Johannes
mit den Händen auf der Bruft nach Chriftus emporfehend, fo Maria mit ge-
falteten Händen unbeweglich vor fich hin Harrend, und die junge in tiefe
Trauer verfunkene Frau links, lauter Geftalten von gefundem Ausdruck und
Gebahren. Auch Chriftus erfcheint als würdige Hauptfigur. Andere Perfonen
dagegen find in ihrer Bewegung übertrieben, woran z. B. Magdalena, die fich
am Fufs des Kreuzes windet, und die beiden fich am Galgenholz verkrümmen-
den Schächer leiden. Die Farbe ift hell genug, aber etwas kalt, befonders
in dem blafsen bräunlichen Fleifch, auch gebricht es an dem richtigen Ver-

* Van Mander 195 b.
 
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