Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
XIV

Bei den älteren Schriftstellern, wie z. B. Plinius, wird des hierapolitischen Marmors
gar nicht gedacht. Der Zusatz bei Strab. IX. c. 5. §. 8.: xac Sxn'i'arffjcrjc « IsjiocKoA/irtje fjc,»
ist von Krämer und Meineke mit Recht als acht bezweifelt. Daher Meineke's Ansicht,
Vindic. Strab. p. 155, dass der hierapolitische Marmor erst in späteren Zeitenden Körnern
bekannt geworden sei, richtig ist. Indess kann man wohl noch weiter gehen und die
Zeit der Entdeckung des [Marmors näher bestimmen. Denn gewiss ist es doch wohl auf-
fallend, dass dieser ausgezeichnete Stein (Corsi p. 139 zählt ihn mit Recht zu den breccie
antiche) bei dem Bau der Sophia Justinian's gar nicht berücksichtigt worden, da der in
der Beschreibung der Kirche mehrmals erwähnte phrygische Marmor nur der synnadische
ist. Wäre neben dem letztern auch der hierapolitische schon verwendet worden, so
würde der Dichter zuverlässig nicht versäumt haben, ihn seiner Schönheit und besonders
seines Namens wegen zu erwähnen.

Es liegt daher die Vermuthung nahe, die Brüche bei Hierapolis seien erst unter
.lustinianus entdeckt worden und hätten vor dem Bau der Sophia noch nicht hinreichende
Ausbeute geliefert, diese aber habe sich innerhalb eines Zeitraums von 21 Jahren in dem
.Masse dargeboten, dass der schöne Marmor nicht nur für den Sarkophag der Kaiserin,
sondern auch für den Neubau des Amhon in der wiederhergestellten Kirche gewählt
werden konnte.

Es fragt sich nur noch, welche Stadt Hierapolis hier gemeint sein kann? Plinius

H. n. kennt nur je eine Stadt dieses Namens in Kreta, Syrien und Phrygien. Die letzte,
von der Strabon XIII. c. 4. §. 17. ausführlicher handelt, lag in demjenigen Theil von
Phrygien, der nach Westen an Lydien und Karien, im Süden an Lycien, im Osten an
Pisidien grenzte, also zu der nachmaligen Phrygia Pacatiana gehörte. Sie lag Laodicea
gegenüber, in einiger Entfernung vom Lykos, dem Nebenflusse des Maeander. Strabon
gedenkt ihrer warmen Quellen, welche die Bildung grosser Tuffmonolithe veranlassten.
Es ist kein erheblicher Grund vorhanden, die späteren hierapolitischen Marmorbrüche
dort zu suchen.

Dagegen zieht eine andere Hierapolis die Aufmerksamkeit auf sich, nämlich die von
Hierokles Synekdemos (Wesseling, Itin. Anton, p. 67G) citirte, in der Eparchie (Präfectur)
Phrygia salutaris. Diese Landschaft ist nämlich, wie auch aus Fellow's Journal wr. during
an excursion in Asia Minor p. 124 seq. zu ersehen, ausserordentlich reich an bunten Mar-
morarten, zu denen auch der von dem Anonym, angeführte sangarische und der bithy-
nische gehörten. Ja es dürfte selbst die vorerwähnte Interpolation der Stelle des Strabon,
nämlich das eingeschobene Wort 'lEyuxohiTDirn;, die Annahme, dass die von Paulus er-
wähnte ' Ispä-xakit; die in Phrygia salutaris sei, unterstützen, da, nachdem der hierapoliti-
sche Marmor allgemein bekannt geworden war, es dem Abschreiber des Strabon nahe
lag, bei der Erwähnung von Synnada auch an die marmorreiche Hierapolis derselben
Präfectur zu denken.

) Vers 113. Lassen der Knaben Gesang u. s. w. Constant. porphyrog. de caerem.

I, 10. p. 74 erwähnt ebenfalls des Gesanges im Ambon bei Gelegenheit der xuyio^iTocWxr]
(siaroöog), d. i. der Osterprocession, zu der das Volk in ungeheurer Zahl sich einfand,
nach deren Eintritt der Chor im Ambon das «Christ ist erstanden» anhob (xai eijp-eoj^
ol^ovtm sv 7c3 «ju^iox'i t6 «Xyicrroi; uvf.u-ti] »). — Ausser den gewöhnlichen gottesdienst-
lichen Handlungen, bei welchen der Ambon benutzt wurde, war derselbe auch der Ort,
wo im Angesichte des Volks die Krönung des Kaisers und der Kaiserin stattfand, woraus
sich schon auf die Geräumigkeit der obersten Fläche desselben schliessen lässt. Die Cere-
monie der Krönung war nach Kantakuzenus, bist. I. 4L, folgende:

«Nachdem der zu krönende Kaiser am Königlichen Palast von dem etwa noch
lebenden älteren Kaiser und dem Patriarchen einerseits und von andern hohen Würden-
trägern und den angesehensten Senatoren andererseits auf den Schild erhoben ist, und
die Acclamation des Volks empfangen hat, begiebt sich der Festzug in die St. Sophia.
In einer dazu besonders erbauten Loge legt der Kaiser den Purpurmantel und das
Diadem an, nachdem die vornehmsten Priester darüber den Segen gesprochen haben.
Das Haupt hat er mit einem Kranz oder nach Belieben in anderer Weise bedeckt. In-
zwischen beginnt die Messe. Der Kaiser verlässt die Loge und ersteigt auf Stufen die
in der Nähe erbaute Tribüne, die nach allen Seiten mit rother Seide umgeben ist. Dort
stehen hohe goldne Throne, zu denen vier bis fünf Stufen hinauf führen. Hier nehmen
die zu Krönenden Platz. Vor dem dreimal «Heilig» verlässt der Patriarch die Altarnische
und besteigt den Ambon, mit ihm die vornehmsten Priester. Diese holen auf den Wink
des Patriarchen den zu krönenden Kaiser ab und führen ihn ebenfalls auf den Ambon.
Tiefe Stille herrscht umher. Der Patriarch spricht die für die Salbung vorgeschriebenen
Gebete, einige still für sich, andere allen vernehmbar. Der zu Krönende legt seine Kopf-
bedeckung ab. Alle im Tempel Anwesende entblössen ebenfalls das Haupt. Nun salbt
der Patriarch des Kaisers Haupt mit dem heiligen Oel in Kreuzesform und spricht mit
lauter Stimme «Heilig» (a^toc), und nach ihm eben so alle auf dem Ambon Stehenden,
endlich auch das ganze Volk. Dann bringen Diakonen die Krone aus dem Allerheiligsten
zum Ambon herbei. Ist ein schon gekrönter Kaiser zugegen, so setzt dieser zugleich mit
dem Patriarchen dem neuen Kaiser die Krone auf und der Patriarch spricht «Würdig»
(üt'^toc), nach ihm eben so, wie bei der Salbung geschehn, dreimal die auf dem Ambon
Stehenden und das ganze Volk. Nach gesprochnem Gebet des Patriarchen verlässt der
Kaiser nicht auf der westlichen Treppe, auf welcher er hinaufgestiegen war, sondern auf
der der Solea zugewendeten den Ambon. Ist der Kaiser noch unvermählt, so begiebt er
sich sogleich wieder auf die Tribüne und setzt sich auf den Thron. Hat er eine Gemahlin,
so muss auch diese gekrönt werden. Sie wird von den vornehmsten Verwandten oder
auch, wenn solche nicht vorhanden sind, von Verschnittenen bis an die Treppe des
Ambon an der Seite der Solea dem Kaiser entgegen geführt, wo er die Krönung vollzieht.
Sie kniet vor ihm nieder und beweist ihm die dem Gemahl und König gebührende Ehr-
furcht. Der Patriarch, der auch zur Solea hinabgestiegen, spricht das Gebet für den
Kaiser, seine Gemahlin und ihre Unterthanen. So krönt der Kaiser die eigne Gemahlin.
Dann kehren beide auf die Tribüne zurück und nehmen ihre Throne ein. Die Messe

wird fortgesetzt. Bei dem dreimal «Heilig» so wie bei der Vorlesung der Epistel oder
anderer Abschnitte der heiligen Schrift erheben sich auch die Gekrönten. Auf den zu
beiden Seiten des Schiffs errichteten besondern Tribunen tragen die ersten Hofsänger
(sytaroi^a^rui und öo^eo-tlxol) und andere dazu geschickte Geistliche, welche x<,hxxtcu,
clamatores (Schreier) genannt werden, Gesänge vor, die für die Feierlichkeit besonders
componirt sind. Wenn indess die grosse Procession (rj (,le-yixhr\ etcrodoc;) zur Herbeiführung
der Elemente des heiligen Abendmahls beginnt, treten die vornehmsten Diakonen zum
Kaiser und geleiten ihn zur sogenannten Prothesis. Dort wird ihm das goldne Pallium
((Uai'tf ua) über Diadem und Purpurmantel angethan. In der Rechten hält er das Kreuz,
in der Linken den Stab (vapP-r]£,, ferula) des sogenannten Deputatus, dessen kirchliche
Function er übernimmt. (Der Deputatus [ösTtoTaroc] war ein Diener der Kirche, der
unter Anderm bei den Processionen in der Kirche der Geistlichkeit voranging, um ihr
den freien Durchgang durch das Gedränge des Volks zu bahnen. (Du Cange, gloss. gr.
m. ae.) Die Procession beginnt. Dem Kaiser folgen zu beiden Seiten die Barangen mil
ihren Beilen (d. i. die Kaiserliche Leib- und Schlosswache, sogenannt von den nordischen
Wäringern, die im neunten Jahrhundert in Constantinopel Dienste nahmen) und die Söhne
des Adels bewaffnet und unbewaffnet; hinter diesen die Diakonen und Priester mit den
heiligen Gelassen. Nachdem sie den Umgang durch die Kirche gehalten und wieder zur
Solea gelangt sind, bleiben alle Andern draussen stehen, nur der Kaiser allein tritt in
dieselbe ein und vor den Patriarchen hin, der an den heiligen Schranken des Altarraums
steht. Sie verbeugen sich vor einander. Der Kaiser bleibt vor dem Altarraum, der Pa-
triarch in demselben stehen. Dann ergreift ein dem Kaiser zunächst stehender Diakonus
das Rauchfass mit der Rechten, mit der Linken das Humerale ((uaq>dsuov) des Patriarchen
und räuchert den Kaiser an. Dieser neigt sein Haupt, während der Diakonus mit lauter
Stimme spricht: «Der Herr gedenke der Macht Eures Reiches in seinem Reiche überall,
nun und ewiglich, Amen!» Eben so die übrigen Diakonen und Priester, während sie an
dem Kaiser vorübergehen. Der Kaiser verbeugt sich nochmals vor dem Patriarchen, legt
dann das Pallium ab, welches der Referendarius der Kirche wegträgt. (Referendarien
hiessen kirchliche Beamte, deren sich der Patriarch zu Missionen an den Kaiser bediente.
Cod. Just. Novell. 2 und G, 3. Du Cange gloss. gr. m. ae.)

Der Kaiser besteigt dann wieder die Tribüne und setzt sich auf den Thron, doch
erhebt er sich während des Credo (o-u^ujio/WL' rrje «LortsQoq), des Vater Unser und der
Elevation des heiligen Leibes. Nach der Elevation bleibt er, wenn er an der Communion
nicht Theil nimmt, bis zum Ende der Messe sitzen. Ist er aber zur Communion vor-
bereitet, so holen ihn die Diakonen auf's Neue ab und gehn mit ihm in das Adytum (die
Nische des Altars). Dort räuchert er mit dem ihm gereichten Rauchfass den heiligen Tisch
an nach Morgen, Mitternacht, Abend und 3Iittag. Nochmals das Rauchfass nach Morgen
schwingend räuchert er auch den Patriarchen an. Dieser verbeugt sich demnächst vor
dem Kaiser, nimmt ihm das Rauchfass ab und erweiset ihm dieselbe Ehre. Dann nimmt der
Kaiser die Krone ab und reicht sie den Diakonen. Der Patriarch giebt ihm einen Theil
des heiligen Leibes in die Hand, dann auch von dem Blute, nicht, wie es sonst geschieht,
aus dem Löffel (A,oc|3/$), sondern aus dem Kelche selbst. Dann setzt der Kaiser die Krone
wieder auf und verlässt das Allerheiligste. Nach der Communion empfängt er mit dem
Volke den Segen und diesen noch besonders von dem Patriarchen und den Priestern,
und begiebt sich dann hinauf zu den sogenannten Katechumenen (m. s. Salzenberg's Be-
schreibung, Rubrik: Einrichtungen für den Cultus), um dort, aus der Ferne gesehen, die
Acclamation des Volks entgegen zu nehmen. Wenn auch dieses vollbracht ist, setzen
sich der Kaiser und die Kaiserin zu Pferde und reiten, während alle Andern zu Fusse
folgen, zum Kaiserlichen Palast zurück, um dort mit der Krone auf dem Haupte das
Festmahl einzunehmen.»
GG) Vers 119. Chelone, d. i. Schildkröte. Der griechische Name hat beibehalten werden
müssen, weil das deutsche Wort sich dem Verse nicht fügte und wegen des im folgenden
Verse vorkommenden Wortes «Schild» auch in der Form Schildpatt unerträglich gewesen
sein würde. Im Texte steht itv^{>Lx,oq, der Name des Erfinders des Waffentanzes (cf.
Strab. X. p. 4G7 C), für «ujly/xi- Der hier beschriebene Tänzer findet sich als ein archi-
tektonischer Schmuck dargestellt in Zahn's Ornamenten aus Herkulanum und Pompeji,
2te Folge Taf. 72.

G7) Vers 139. Auf mygdonischer Höh', für Phrygien überhaupt. Die Mygdonen waren
nach Strab. VII. c. 3. §. 2. und XII. c. 3. §. 20. wie die Mysier, Bithynen, selbst die Phry-
gier von Thracien aus, wo sie einen Theil ihres Stammes in der später nach ihnen
benannten Provinz Makedoniens «Mygdonia» zurückgelassen hatten, in Kleinasien einge-
wandert und wohnten zwischen den Mysiern, Bithynen und Phrygiern, welchen letztern
sie, nachdem sie schon vorher von den Bithynen unterworfen waren, später unterthänig
wurden, daher auch nicht nur ihr von den Phrygern erobertes Land EitLxTx\Toc), son-
dern auch ganz Phrygien von den Dichtern Mygdonia genannt wurde. — Der in dieser
Stelle angeführte Marmor ist übrigens kein anderer als der synnadische pavonazzetto.
Dagegen wird der als Schmuck des Geländers mit dem thessalischen Stein wechselnde
hierapolitische Marmor (s. Vers 292) auch ein phrygischer genannt (Vers 2GG).
G8) Vers 143. Mit Anemonen etc. Dioskorides II. c. 27. unterscheidet gesäete und w ild-
wachsende (ijtiepot xui äyoioii), jene mit rothen, blass- und schneeweissen und violetten
Blumen. Wer einen Frühling in Rom verlebt hat, wird sich der grossen Farbenmannig-
faltigkeit der schönen Anemonen in der Villa Pamfili gern erinnern.
G9) Vers 181. Nach dem Boreas zu. Der Text hat:

aXXa ro /llev nou
£<riie$loVj To d' sxr]£a.v ecdcov ■ eo-itsyiov p.iiv
itooq Boprrjl", vqtLx\ öe tidXlc, cpas^-orra Soxexiei.
Das Ungereimte in den Worten vqrlt\ öe it-uXic; cpa^ovra Soxeuel scheint in der
That auf Rechnung des Dichters zu kommen. Er hätte schreiben sollen:

saitspiov ^.le'v

npöq £,öq>ov, r\olov 6e At'ßui» q)cx££roV7« öoxevei. Meineke.

Berlin, gedruckt in der Deckerschen Geheimen Ober-Hofbnehdmckerel.
 
Annotationen