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243 Archäologische Gesellschaft zu Berlin. Sitzung vom 5. Mai 1925

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scheint sie in Demosthenischer Zeit, nach
dem Satrapen-Aufstand, sich wieder ge-
hoben zu haben. Um diese Zeit hegen die
Sigeer im Streit mit den Tenediern um
ihren Landbesitz 1). Der athenische Stra-
tege Chares erwählt in der Mitte der 50er
Jahre Sigeion für sich und seine Flöten-
bläserinnen zum Standquartier, von dem
aus er noch dem Alexander bei seiner Lan-
dung in der Troas gehuldigt hat. Gegen
Ende des Jahrhunderts hat Sigeion unter
der Herrschaft des Demetrios eine Be-
satzung. Denn als zum Kampfe gegen
diese, 302, Lysimachos über den Hellespont
setzt, schließen sich zwar Lampsakos und
Parion ohne weiteres ihm an; aber Sigeion
muß wie Abydos erst belagert und erobert
werden und wird dann von dem Sieger
durch eine dauernde Besatzung gesichert.
Noch unter den Seleukiden ist Sigeion
königliche Marinestation, eine bisher über-
sehene Tatsache, die für unsern Zusammen-
hang von Wichtigkeit ist. Das ist aus der
Stele von Ilion, die in der Schliemannsamm-
lung steht, für die Zeit Antiochos' I. zu lernen.
Es schreibt nämlich der König an den helles-
pontischen Statthalter: Petra und das
Land dabei — nach neuerer Erklärung !
Bally Dagh und Bunarbaschi —, das wir
dem Aristodikides von Assos schenken
wollten, soll dem Athenaios, dem Chef
der Marinestation, verbleiben, wie vordem
ihm zu gewiesen, A!)r,nh(p im erd 100 wo-
aTdbpou. Der Landbesitz Petra grenzte
an das Gebiet von Ilion. io vccjorxHpov
der Urkunde ist daher dasselbe, welches
ein Jahrhundert später Demetrios der
Skepsier bei Strabon nennt 10 moondlpov
7rpö^ Irysho. Das verlangt die Nach-
barschaft. Also hat Sigeion, bis die Herr-
schaft der Seleukiden hier in die Brüche ging
und die Stadt dann von ihren feindseligen
Nachbarn, den Iliern, zerstört wurde, eine
königliche Marinestation gehabt. Aber wo lag
sie? An der Steilküste gegen Westen unmög-
lich, da fegen die Nordwinde, und dazu treibt
auch hier noch die Strömung. Am Sand-
strande von Kumkaleh? Der läge gute 4 km
J Arist. Rhet. I 15. Für das Folgende Demosth.
4, 28, Schol. zu 3, 31. Athen. XII 532 b. Arrian,
Anab. I 12, 1. Diod. XX ioy. DittenbergerO J221,
53. Strab. XIII 1, 36.

von der Hochfläche von Sigeion, eher in
der Gewalt der Mytilenäer von Achilleion,
bei noch reißenderer Strömung den Winden
ausgesetzt. Und bestand wirklich dieser
Strand im Altertum? Daß er seit 163p,
seit der Erbauung des Kastells Kumkaleh,
nicht fortgeschritten ist, hat Fr. Calvert
nachgewiesen J, aber, worauf sich noch
Leaf für das Altertum beruft, des Pseudo-
Skylax Angabe aus dem Ende des 4. vorchr.
Jahrhunderts, daß Ilion Tttto 1?]?
23 Stadien entfernt sei, bezieht sich doch
nur auf die Ostseite desSkamander-Talesund
auf die offene See. Im allgemeinen muß
es bei dem Urteil des Reichs-Marine-Amtes
im Mittelmeerhandbuch bewenden: das
Flußdelta ist seit der Zeit des trojanischen
Krieges infolge von Schlickablagerungen
offenbar stark nach Norden angewachsen.
Nicht anders sahen die Skamander-Nie-
derung Herodot und Demetrios an. Doch
wird im großen Ganzen zutreffen, wie
Herr von Diest die bisherigen Untersuchun-
gen, darunter die Virchows, zusammenfaßt,
daß in der Troja-Ebene nur am äußersten
Rande marine Ablagerungen vorhanden
sind, demnach nur eine geringe Verengerung
des Dardanellentores, etwa 2 km, seit ho-
merischer Zeit anzunehmen ist. Die Er-
wähnung der Einmündung des Simoeis in
den Skamander im E bestimmt die Grenze.
Demetrios sagt nun bei Strabon: seit to
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0 2x9tp.Kv5poy ex5f5<juct, otsycov no Ihtoo
cnSfoo? sixostv, die Marinestation — in
seinem Sinne zugleich die Stelle des
Schiffslagers der Achäer — befindet
sich bei Sigeion, nahe dabei aber mündet
der Skamander, von Ilion im Abstande
von 20 Stadien. Nehmen wir 20 Stadien
von Ilion aus auf der englischen Seekarte
in den Zirkel, so gerät er auf eine Stelle,
wo der Hauptlauf des Skamander eine
scharfe Biegung nach Westen macht um
einen schmalen östlichen Ausläufer des
Höhenzuges der Küste; auf dem Ausläufer
selbst vermerkt das englische Original der
Karte Mauerreste; genauer scheint Forch-
i) Calvert, Zeitschr. f. Ethnol. 1880, 38- Leaf,
Strabo 182. Reicbs-Marine-Amt, Mittelmeer-Hand-
buchs V 22g. Herodot II 11. v. Diest, Zeitschr.
d. Ges. f. Erdk. 1916, 195.
 
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