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Archäologische Gesellschaft zu Berlin. Sitzung vom 9. Juni 1925

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lung der Denkmäler mit eindringlicher
Kritik der literarischen und epigraphischen
Quellen verband, haben wir immer und auch
da gelernt, wo das Ergebnis uns nicht über-
zeugen konnte. Er war ein streitbarer
Kämpfer für seine Sache und schlug zu-
weilen eine scharfe Klinge. Er war aber
zu regsamen Geistes, um starr am einmal
Gefundenen festzuhalten, wo er das Bessere
erkannte. So würde auch seine in Aus-
sicht stehende Untersuchung über die Bühne
gewiß manches allzu Doctrinäre des frühe-
ren Werkes berichtigt haben. Was ihn
zuletzt als große Aufgabe erfüllte, war
die schon in seiner Stipendiatenzeit be-
gonnene topographisch-archäologische Un-
tersuchung der Landschaft Argolis, — sie
hoffte er im vergangenen Winter wieder
aufnehmen und abschließen zu können.
Und daran schloß er neue Pläne über eine
umfassende topographische Bearbeitung an-
derer Landschaften auf Grund neuer grie-
chischer Karten. Noch in den letzten Wochen
vor seinem Tode hat er darüber lebhaft mit
uns korrespondiert.
Das alles ist nun zusammengebrochen,
und es bleibt uns, anstatt die Früchte dieses
heißen wissenschaftlichen Ringens zu
empfangen, nur übrig, dem unermüdlichen
Forscher und Kollegen das letzte Lebewohl
nachzurufen und gewiß auch die Versiche-
rung, daß die Leistung dieser, nach erst
vier Lustren allzufrüh geschlossenen Le-
bensarbeit dankbar von uns bewahrt und
gewertet bleiben wird.
Darauf teilte Herr Noack mit, daß in
der Abgußsammlung der Universität neu
eingetroffen seien
!. sämtliche Friesreliefs des Sikyonier-
schatzhauses zu Delphi,
2. Oberkörper bzw. Kopf der beiden
Koren desselben Schatzhauses,
3. Frauentorso und Akroteriennike vom
Apollontempel zu Delphi,
4. Altaraufsatz aus Boston („Gegenstück"
zum Ludovisi-Relief),
5. Ephebe aus Tralles (dieser als Ge-
schenk der Direktion derOttomanischen
Museen).
Herr Rodenwaldt berichtete sodann im
Anschluß an die Vorlage der Memorias der
Junta Superior de Excavaciones y Antigue-

dades, Heft 1—64, der letzten Arbeiten von
P. Bosch-Gimpera über die iberische Kultur
und ihre Vorgeschichte (Arch. Anz. 1923/4,
i/2ff. ;Prähist.Zeit.schr. 15,1924, 8lff. ;Mitt.
d. Anthrop. Ges. in Wien 55, 69 ff.) und des
Buches von Rhys Carpenter, The Greeks in
Spain (Bryn Mawr Notes and Monographs VI)
über die neueste Entwicklung der archäo-
logischen Forschung in Spanien.
Darauf sprach Herr Karo über Altetrus-
kische Kunst. Ein Versuch, die Eigenart
altetruskischer Kunst festzustellen, muß von
den Denkmälern ausgehen, die vor allem grie-
chischen Einßuß liegen. Griechischer Import
beginnt in Etrurien schon früh im VII. Jahr-
hundert. Indessen handelt es sich da bloß um
kleine protokorinthische Vasen, vor allem
Salbgefäße, nicht um einen wirklichen Einßuß
auf die etruskische Kunst. Dieser zeigt sich
zuerst in den großen Bronze-Kesseln mit
Greifen- und Löwenköpfen, die in mehreren
altetruskischen Gräbern des VII. Jahr-
hunderts erscheinen, ferner in Werken wie
der Stele mit dem Krieger und altetrus-
kisc.her Inschrift von Vetulonia und einer
Reihe zeitlich unmittelbar anschließender
Reliefs und Rundskulpturen, die sämtlich
ins VI. Jahrhundert fallen und zwar ver-
mutlich nur zu einem geringen Teil in die
erste Hälfte dieses Jahrhunderts. Dagegen
besitzen wir aus dem VII. und VIII. Jahr-
hundert einige Denkmäler, die von grie-
chischer Kunst unabhängig sind und höch-
stens orientalische Einßüsse zeigen. Die
wichtigsten Werke dieser Art sind die aus
dem Tumulo della Pietrera, die beträchtlich
ins VII. Jahrhundert hinaufreichen und
überhaupt die ältesten bisher entdeckten
Rundplastiken des Mittelmeergebietes dar-
stellen. Sie sind in ihrem Stil wie in ihrer
Haartracht ganz ungriechisch. Ebenso
unabhängig von Hellas sind die gleichzeitigen
Gräberbauten, sowohl die rechteckigen, spitz-
bogig gewölbten südetruskischen Grüfte
(z. B. die Tomba Regolini Galassi und das
Grab von Formello), wie auch die mittel-
und nordetruskischen Kuppelgräber auf
kreisrundem oder quadratischem Grundriß.
Sie erinnern an die spätesten kleinen Kuppel-
gräber auf Kreta, aus dem Ende der minoir
sehen und der nachminoischen Zeit. Nu-
dort kehrt der merkwürdige quadratische
 
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