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2. Der Sommerseldzug m Ungarn.

Die Unabhängigkeitserklärung vom 14. April erscheint bei einer
retrospectiven Betrachtnng als die That der Verzweiflung einer eptremen
radicalen Partei. Kossnth und seine Freunde sahen sie natürlich nicht
in demselben schlechten Lichte an, hofsten vielmehr, die Unabhängigkeit
Ungarns dnrchfnhren zu können, unter den zwei Voraussetzungen, daß
die ungarischen Heere keinen anderen Feind als Oesterreich bekämpfen
nnd daß Oesterreichs militärische Kraft dauernd in Jtalien werde gebun-
den werden. Die eine wie die andere Erwartung wurde durch die Er-
eignisse widerlegt. Zur guten Stnnde für den Kaiserstaat, als wollte
das Schicksal der zweifelnden Welt von neuem das ewige Bündniß Oester-
reichs mit dem Glücke überzeugend vor die Augen bringen, endigte im
März 1849 der italienische Krieg in unerwartet glänzender Weise. Sie-
ben Monate waren seit der Wiedereroberung Mailands und dem Ab-
schlusse eines Waffenstillstandes zwischen Sardinien und Oesterreich ver-
flossen. Die Hoffnung einer friedlichen Lösung der italienischen Frage,
eines wirklichen Erfolges der vielgenannten Mediation hatte Niemand
ernstlich gehegt, und wenn dieses ein vertrauensseliger Mann einen Au-
genblick gethan, sie längst wieder aufgegeben. Gegenseitige Anklagen,
leidenschaftliche Vorwürfe wurden gleich am Tage nach dem Waffenstill-
stande laut und wiederholten sich seitdem mit ununterbrochener Regel-
mäßigkeit. Jede Partei beschuldigte die andere, die Bedingungen des
Waffenstillstandes verletzt zu haben, es überhaupt mit dem Friedens-
wunsche nicht ehrlich zu meinen. So war es auch, so mußte es sein,
so lange Venedigs Schicksal noch unentschieden schwebte, die Hälfte Jta-
liens bereits der Reaction verfallen war, während in der anderen die
extreme revolutionäre Partei die Zügel sührte, so lange sowohl Oester-
 
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