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ALT-MEXIKO

Der künstlerische Trieb Mexikos wurde sichtbar durch die Werke zweier
größerer Volksstämme, der Naua, zu denen die Azteken gehörten, und der
Maya, deren eigentlicher Wurzelpunkt aber auch im Aztekischen gelegen
scheint. Doch sind diese beiden künstlerisch so begabten Völker nur wieder-
um Erben, zum mindesten Nachfahren einer noch weit älteren Kultur, die
man nach ihrem Mittelpunkte, der Stadt Teotihuacan, benannt hat. Die uns
allgemeiner geläufige Kultur der Azteken ist somit nur der letzte Ausläufer
früherer produktiver Völker und Geschlechter der Teotihuacan-Kultur. Man
kann die historischen Entwicklungen der Azteken und Maya neuerdings
leidlich verfolgen und weiß, daß die ältesten Naua auf dem nordamerika-
nischen Hochlande, die ältesten Maya auf den Altos von Guatemala saßen.
Im elften Jahrhundert nach Christus ist dann wohl der Niederstieg der Naua
von ihren Höhen erfolgt; im Anfang des dreizehnten Jahrhunderts wurde die
aztekische Hauptstadt Tenochtitlan gegründet, und im fünfzehnten Jahr-
hundert beginnt ihre Ausbreitung politischer Herrschaft. Das elfte Jahr-
hundert war auch Zeuge der Blüte der Maya-Kultur. Doch war wenige
Jahrhunderte später, als die Spanier ins Land kamen, ihre Macht schon im
Niedergange: wichtige Städte bildeten nur noch Ruinenhaufen.
Die kunstgeschichtlichen Zusammenhänge in den Werken dieser Völker
sind noch dunkel. Man kennt nicht einmal die absolute Chronologie der
mayanischen Arbeiten, sondern nur ihre relative Abfolge innerhalb eines viel-
fach datierten Zeitraums, dessen Anbeginn aber doch ungewiß, mit einem
Datum der europäischen Zeitrechnung noch nicht identifizierbar ist.
Der allgemeine Zusammenhang leuchtet aber auf, wenn wir die Leitidee
der mexikanischen Baukunst verfolgen. Denn es handelt sich bei ihr um
die Weiterführung eines Entwurfes, dessen Motiv sich schon bei den nord-
amerikanischen Indianern andeutete. Alle großen Bauten der Mexikaner sind
pyramidenhafte Aufschichtungen, die oben von einem Tempelgebäude ge-
krönt werden. Diese Pyramiden bestanden innen aus Geröll und Erde, in
wagerechter Schichtung von Mörtellagen durchzogen und verfestigt; außen
umzog sie eine Mantelung von Mauerwerk, das häufig mit Stuck verkleidet
war. In großen Stufenreihen, die von einer Treppe durchschnitten wurden,
stieg man zu dem Tempel empor.
In dem allgemeinen Entwurf dieser Bauten äußert sich der gleiche Trieb,
der die ägyptischen Pyramiden hervorbrachte, der in den großen Gräbern der

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