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5. Anno 1478 uf die rechte kyrweih am
Sontag starb die erber Fran Dorothea Ross-
hoptin Ulrich Ehingers gen. Oesterreicher
Bürgermeisters zn Vlm seel. Hausfrau..,
6. Anno Dni 1493 auf den Tag Marie
Magdalene ist gestorben der erber Jüngling
Heinrich Ehinger, Walter Ehingers Sohn des
eitern Bürgermeisters; dem Gott gnad.
7. Anno dni 1501 am Sonntag vor Johannis-
tag .... (das Übrige unleserlich; auf dem
Stein das Ehingefsche und Seckendorf sehe
Wappen).
Anfänge eines oberschwäbischen
Idiotikons.')
Von Justizassessor Beck in Ulm.
Jede Provinz liebt ihren Dialekt: denn er
ist doch eigentlich das Element, in welchem
die Seele ihren Äthern schöpft.
Groethe. Aus meinem Leben Dichtung
und Wahrheit. II. Theil. 6. Buch.
Abend -—- in der Verbindung „in z’Abend
gehen“ = in die Kunkelstube g’ehen, was man
im Unterland und auf der schwäbischen Alb
theils mit „in Hoierlaus“, „Hoirles“ gehen“,
theils mit „in Karz (auch Lichtkarz) gehen“,
im bayerischen Gebirge mit „in Heimgarten“
bezeichnet (im Alemannischen sagt man
„z’Licht gehen“, d. i. auf Nachtbesuch), die
Abendbesuche heisst man „Abendgänger“.
Ähren — Ährenlesen. (Eine in Ober-
schwaben weit verbreitete Sitte, aber im Ge-
gensätze zum schwäbischen Unterlande mit der
Abweichung, dass das Volk der Ährenleser
häufig nicht aus Einheimischen besteht, son-
dern meist dem Vorarlberg (Montavon) und
der Vorderschweiz angehört. Diese Ährenleser
kommen nach der Ernte oft zu Schaaren mit
leeren Säcken und kehren mit vollen wieder
’) Die Herstellung eines oberschwäbischen Idioti-
kons empfiehlt sich so sehr als eine Aufgabe unsres
Vereins, dass der geneigte Leser gewiss nicht umsonst
gebeten wird, das Unternehmen des Herrn Vf., von dem
liier Auszüge mitgetheilt werden, durch einschlägige
Mittheilungen zu fördern. D. R.
heim. Ihr Strich geht bis zu den Oberamts-
bezirken Biberach und Waldsee, theilweise
noch einschliesslich derselben.)
Augst, Ängsten = August = Ernte,
z. B. in der Verbindung „nach dem Äng-
sten“, d. i. nach der Ernte. Zeitwort:
angst en = einheimsen.
Apate = apart (franz, ä part) besonders.
Anns er, der, — Brodsack.
Auf lassen — in der Verbindung z. B.
„der lasst (loht) sich auf“, d. i. der ist stolz,
der thut gross, der spielt sich auf.
Adle = artlich, eigenthümlich, besonders,
curios; dann heisst „’s ist mir so adle“ — es
ist mir so schlecht. Vgl. das vorarlbergische
ädili auch ärdele, ordentlich, in der Ord-
nung, wie es sich gehört.
Ass ~- dass.
A fange = anfangen; adverb. = endlich,
nach und nach; bereits, nun schon, -nun wohl,
doch mit dem Nebenbengriff des Langsam-
kommens und Erwartens. Vgl. an heb en mit
derselben Bedeutung.
A unselig = närrisch.
Batten 3= Nutzen, Fruchten; etwa von
bass, besser, z. B. es „battet“ mir. Vergl.
beschiessen, verb. •—- das ital. bastare, das
engl. to boot, das. holländ, baater. baten.
Bara = Kornscheune, Heuboden.
Barnen — wird gesagt, wenn man die
Garben im Stadel auf den Stock bringt.
Bärig = kaum, soeben, z. B. in der Ver-
bindung „bärig hot er’s g’seit“; „bärig sind
sie do g’sein.“
Bähr.e, die, — Tragbahre.
Bährn en = den Mist auf einer Bahre
fortschaffen (Schussenried).
Bet he (Lisebeth — Elisabethe). Dieser
Vorname findet sich häufig in Oberschwaben
zu Ehren der am 25. November 1386 zu
Waldsee geborenen, 1420 im Rufe der Heilig-
keit und Wunderthätigkeit gestorbenen, 1766
von dem Pabst Clemens XIII selig gesproche-
nen, unter dem Namen der „guten Betha“
(„die gut’ Beth’“) bekannten Franziskanerin-
Ordensschwester in Reute, 0.-A. Waldsee,
5. Anno 1478 uf die rechte kyrweih am
Sontag starb die erber Fran Dorothea Ross-
hoptin Ulrich Ehingers gen. Oesterreicher
Bürgermeisters zn Vlm seel. Hausfrau..,
6. Anno Dni 1493 auf den Tag Marie
Magdalene ist gestorben der erber Jüngling
Heinrich Ehinger, Walter Ehingers Sohn des
eitern Bürgermeisters; dem Gott gnad.
7. Anno dni 1501 am Sonntag vor Johannis-
tag .... (das Übrige unleserlich; auf dem
Stein das Ehingefsche und Seckendorf sehe
Wappen).
Anfänge eines oberschwäbischen
Idiotikons.')
Von Justizassessor Beck in Ulm.
Jede Provinz liebt ihren Dialekt: denn er
ist doch eigentlich das Element, in welchem
die Seele ihren Äthern schöpft.
Groethe. Aus meinem Leben Dichtung
und Wahrheit. II. Theil. 6. Buch.
Abend -—- in der Verbindung „in z’Abend
gehen“ = in die Kunkelstube g’ehen, was man
im Unterland und auf der schwäbischen Alb
theils mit „in Hoierlaus“, „Hoirles“ gehen“,
theils mit „in Karz (auch Lichtkarz) gehen“,
im bayerischen Gebirge mit „in Heimgarten“
bezeichnet (im Alemannischen sagt man
„z’Licht gehen“, d. i. auf Nachtbesuch), die
Abendbesuche heisst man „Abendgänger“.
Ähren — Ährenlesen. (Eine in Ober-
schwaben weit verbreitete Sitte, aber im Ge-
gensätze zum schwäbischen Unterlande mit der
Abweichung, dass das Volk der Ährenleser
häufig nicht aus Einheimischen besteht, son-
dern meist dem Vorarlberg (Montavon) und
der Vorderschweiz angehört. Diese Ährenleser
kommen nach der Ernte oft zu Schaaren mit
leeren Säcken und kehren mit vollen wieder
’) Die Herstellung eines oberschwäbischen Idioti-
kons empfiehlt sich so sehr als eine Aufgabe unsres
Vereins, dass der geneigte Leser gewiss nicht umsonst
gebeten wird, das Unternehmen des Herrn Vf., von dem
liier Auszüge mitgetheilt werden, durch einschlägige
Mittheilungen zu fördern. D. R.
heim. Ihr Strich geht bis zu den Oberamts-
bezirken Biberach und Waldsee, theilweise
noch einschliesslich derselben.)
Augst, Ängsten = August = Ernte,
z. B. in der Verbindung „nach dem Äng-
sten“, d. i. nach der Ernte. Zeitwort:
angst en = einheimsen.
Apate = apart (franz, ä part) besonders.
Anns er, der, — Brodsack.
Auf lassen — in der Verbindung z. B.
„der lasst (loht) sich auf“, d. i. der ist stolz,
der thut gross, der spielt sich auf.
Adle = artlich, eigenthümlich, besonders,
curios; dann heisst „’s ist mir so adle“ — es
ist mir so schlecht. Vgl. das vorarlbergische
ädili auch ärdele, ordentlich, in der Ord-
nung, wie es sich gehört.
Ass ~- dass.
A fange = anfangen; adverb. = endlich,
nach und nach; bereits, nun schon, -nun wohl,
doch mit dem Nebenbengriff des Langsam-
kommens und Erwartens. Vgl. an heb en mit
derselben Bedeutung.
A unselig = närrisch.
Batten 3= Nutzen, Fruchten; etwa von
bass, besser, z. B. es „battet“ mir. Vergl.
beschiessen, verb. •—- das ital. bastare, das
engl. to boot, das. holländ, baater. baten.
Bara = Kornscheune, Heuboden.
Barnen — wird gesagt, wenn man die
Garben im Stadel auf den Stock bringt.
Bärig = kaum, soeben, z. B. in der Ver-
bindung „bärig hot er’s g’seit“; „bärig sind
sie do g’sein.“
Bähr.e, die, — Tragbahre.
Bährn en = den Mist auf einer Bahre
fortschaffen (Schussenried).
Bet he (Lisebeth — Elisabethe). Dieser
Vorname findet sich häufig in Oberschwaben
zu Ehren der am 25. November 1386 zu
Waldsee geborenen, 1420 im Rufe der Heilig-
keit und Wunderthätigkeit gestorbenen, 1766
von dem Pabst Clemens XIII selig gesproche-
nen, unter dem Namen der „guten Betha“
(„die gut’ Beth’“) bekannten Franziskanerin-
Ordensschwester in Reute, 0.-A. Waldsee,