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Das 500jährige Jubiläum der Heidelberger Universität im Spiegel der Presse: Ostpreußische Zeitung — 1886

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https://doi.org/10.11588/diglit.17452#0006

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MskttWE ^ir M
Ostpreußisch« ZttMNg
wcrdcn von dcr 8x-
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Langgasse.4! 2H ent»
gegcllgenommc« und
mtt tk Ps. sür den
Rnum etser Petttzeikr
berechnet.

Das Bclog-Excmplar
kojtet 25 Ps.

M 179.

ASuigsicrg i« Pr., Mittwoih Le» 4. August 1888.

38. Äahrgang.


Amtliche».

«erltn, 2. Nngust. Se. MasestSt der «Sni, babeu
«llergnäbigst geruht: Dem PrSfidenten de-Lanve«.Aonfisto.
riums ro Oannover, vr. Meser. drn Rotben Ndlerordrn
dritter Klaffe mit der Stdleife; svwie dem Bildhauer, Pro.
feffor Ealandrelli ru Berlin daS Areuz der Ritter drS
Aönisltchen HauSordenS von vobenzollern zu verleihrn.

— Se. Mascstät der KSnig haben Allrrgnädigst gr»
ruht: Den ssorstmeister von Mengersten zu Erfurt »um
Ober.Forstmeister bei derHofkawmer der KSniglichen Famiiien.
«üter mit dem Range eineS Ober-RegieruogSralhS und zum
Mitglied deS HossagdamlS zu «rnennen.

Dem Kaiterlichen Konsul R- Schoeller in Zürich «st die
nachgrsuchie Entlaffan, auS dem ReiLSdienst rrtbeilr «orden.

Politische Ueberstcht.

Jn Berliner politischen Kreisen ist e» der ,Nat.-Ztg."
zufolge nicht unbemerkt geblieben, daß der preutische Grsandte
beim Batikan, H-rr v. Schlözcr. noch immer iu Rom
weilt, und daß über den Beginn seineS üblichen Sommer-
urlaubS noch immer nichtS verlantet. trohdem die Berband-
lungen zwiscken der preußischen Rrgierung nnv der Kurie
schon längst zu einem befriedigenden Abschlnß gelangt find.
Bekanntlich bat die preutzische Regiernng für da» süngst vom
Papste gemachte Zugeständnitz dinflchtlich der Anzrigepflicht
«inc weitere Revision der Maig«f«»e in Nu«stcht ge»
stelll. Dic Annahme, meint daS genannte Blatt. liege des-
halb nahc, datz die verlängerte Nnwesenheit de- Hrrrn von
Scklözer auf seinem Posten mit dieser Frage »usammrn.
hänge und datz augenblicklich eine nLhere BerstSndigun»
über dcn Umfang und die Nrt der llmgestaltung der Mai«
gesetze durch direktr Berhanblungen de» preußischen Ber«
treterö mit dem Vatikan gesucht «ird.

Jn einer Reihe von BlSttern finden «ir die Notiz. daß
die englischen liberalen Unionisten «bereit» wieder"
in zwei Parteien zerfallen «Sren, nSmlich in die Bir«
minghamer „Radikale Union" Mr. Chamberlain'« und
den „liberalcn Unionisten-NuSschuß Lord Hartington'S.
DaS ist eine ganz sonderbare und sedenfalls nicht« wcliiger
als „bedeutsamt" Mittheilung; denn diese deiden Flügel drr
aitrn Gladstone'schen Partei haben sich Lberhaupt nur ,u
dem einen Zweck, dic Gewinnung riurr Mrhrheit für da-
Homerulc.Prcsekt zu vereiteln, bei dert leszten AlShlen vcr»
einigt, während ieinMensch fich darüber täuschrn kann oder
darüber geläuscht hat, daß in Btzog aus alle übrigen pc-
titischen Programmpunkte der radikale Ehamberlain
Gladstone viel nLher steht, al« dem whiggiftischen Lord
Hartington. DaS Bedeutsame der grgenwärtigm Si»
tualion in England liegt im Gegentheil gerade darin, daß
rine innere Annäherung zwischen Torie« und Whig» fich
vollzieht, daß beide alten Parteicn dem Zeitpunkt drr völligen
Zusammenschmelzung anscheinend immcr nSher rücken und
daß diese Koalition England endlich von einer lSngst über»
lebten Schadlone seineS inneren Parteileden« befreieo nnd
auf den Boden der wirklichen, thatsächlichen Parteigegrns仫
stellen wird, wie sie sr»t allentbalben in d« Welt im hartrn
Kamps mit einander begriffen stnd, die aber »or allen
Dingen gerade zwischen Chamderlain «inttfeil» und Har-
tington und SaliSbut» andererseitS eine breite Alufl »iehrn.
DleUebercinstimmung in dem Widttstand g«gen daSGlad-
stone'jche Homerute-Proiekt bildet in dieserBtziehoo«
nur eine Episode, dle gegen die Tragwcit« d» sonft vorhan-
denen, tief greisenden Gcgensätzc nicht« bewrist. Man muß stch
nur immcr gegenwärtig halten, daß die allen Whig«, von
rinzelnen ihrer Führer abgesehen, in keiner Wrise rlwa eine
«liberale" Partei nach fcstländischem Muster waren, daß
>hrc Grundanschauungen auf dem Gebietr deS StaateS «nd
der Kirche vielmchr durchauS „konservative" find uod daß
dcr ganze alte Strcil zwischen TorieS und Whig» wenig.
stcns früber im Grvnde nur auf ein Hinüber. und Hrrüber-
schieben deS RegimenIS zwischrn zwei Gruppen der engli-
schen Aristokralie und Gentrtz die »ach alter Familicn-
tradiiion entweder zu der einen oder tzer anderen «ichtung

Pyr»muS und ThiSbe.

^ SuS den Erinncrungen eineS altea ArzteS »on B. Renz.

(Fortsetzung.)

Scbon wcnige Tage spLtcr fand ich Gelegenheit. Herrn
Gteltzbcrg zu jchcn. Scin Sohy Werner Gleißberg haite
mich um einen Besuch bitien loffen. Sie wrrden ihn kaum
wlcder erkcnncn, Hcrr Doktor". sagte er zu mir in seinem
Konlor. wo wir unS allcin befandcn. ,so srhr hat mein
Valer stch rn den letzten vierzehn Tagen verändert; rr
'st hockzradl» verstimmt. mcdr als jrit Jahren, »S laftek
auf Franz bringt jhn noch untcr

vle iLrde.

Franz war drr jüngere Bruder, von dem ich zwar schon
vicl, adcr nic ctwas GutcS gehörl hatte. Datz vie Arank-
heitöursachc deö alten Herrn gleichbrdeutend sei mit diesem
Sohne Franz. wutzl« ,ch lange. Je»t schicn ader nroer
Kummer btnzugekvmmen zu sein.

»Hat stch wieder rtwas zugrtragen?" fragtr ich mit Bezug
auf den Bruder.

Er nickte. „Reden Sic doch meinem Bater zo. Herr
Dokior; h-itern Sie lhn auf, wenn Sie kSnnen. Jch ver.
mag es nicht, ich pabe den kopf schwer voll Sorgrn."

,Und Karl?° — Karl war der Tnkcl deS Hcrrn Gleiß.
der Sohn deS ManneS, mit drm ich eben sprach; rin
bübschcr. allzctt vcrgnügtcr. junger Herr von feltenrr Tüchtig-
Umstcht. vlerundzwanzig Jahre alk, und Ihälig im
Geschaft der Firma."

„Karl ist zu heflig, wrnn dir Rede auf seinen Onkel
Franz kommt. und dieS geschjeht «ohl immer, weyn er den
Gcoßvater bcsucht. Die Hinzige, die cktz» em wenig er-
munternd auf den alten Mann wirkt, ist meine Frau, allein,
es hat nichl den rechlrn Schick, er ift kein Frrund von
Wcibergcschwätz."

I» benutzie die Gelegenheit und brachtr daS Gelpräch
ouf daS NachbarhauS und ben Verkauf deffelden. om mi»
uver d,e Sache zu orirntlren

„J^wenn mein Vater darei-n willigen wollte", «einte
Herr Werncr Gteitzber», „gebrauchen könntrn wir daS Geld
?>. ? ^«"F^^"^n günstigenChancen. und rinbringen
thut daS Erbe nichlS, im Gegelttheil. — Mein vat« ist
abcrHunbercchendar. «r verkauft nicht."

„KennensSie dte Gründe, Herr Gleißberg?"

so.thrilwcise^ —/Kaffen Sie stch daS von,LH»
selbstLauSeinand-rsetzen: ich häbr kein VrrstSndniß für
Motivr. w,e bie, die ihn leiten. Jch würde vrrkanfm.«

«ehrrten, hinau-lief. Beidr Parteien grhören aber dem
RadikaliSmuS gegenübtt durchau« zi, «inander» wi« denn
die auf alleu Gebieten zersetzend wirkende THStigkeit Glad-
stone'S thatiächlich die WhigS von der alten SchuleZnicht
weniger zurückgestoßen hat alS die LorieS. Wird die Nich-
tigkeit deS alte» Parteigegensatze» also jetzt endlich ia Eng-
land von beiden betheiligtrn Seiten klar «rkannt, so fintze
nicht nur drr RadikaliSmuS dort von setzt ab «inr feste, kom«
patte Mauer fich gegenüber, sondern auch die auSwärtig«
Politi k England» würde rndlich eio stabile» Fahrwaffer
grwinnev, welcheS den UmstSnden nach nur da» der alten
Tortz-Politik sein könnte und England in aufrichtlgcr und
auch Daoer versprrchender Fteundschast auf die Seite
Deutschland» und OestrrreichS stellen würde. So liegt denn
also allrr Grond für unS vor, den Dingen in En»land uod
ihrer weitere» Entwickelung volle Aufmerksamkcit zuzuwenden

Wie verdienstlich die ThLtigkeit und die Prrson d«S
rusfischen Miaisttt« de» NuSwSrtigen. Herrn v. Gier», um
dir Nufrtchttthaltuog dr» FrirdenS ist. daS er»iebt stch auS
dem Haß, von wrlchem die Panslavisten gegen ihn erfüllt
stnd. Hiervon lcgt daS „Tagebuch eiueS «nglischen Ofst-
-ier«" Zeuzniß ab, der seine Reiseeindrücke bei riuer Fahrt
durch den kaukasuS schildert. DaS Buch, au» welchem ein
englische» Blatt NuSzüge mittheilt, ist dazu bestimmt, die
EnglSoder von drm Haffe der Roffen gegen die Deutschen
und zumeist gegen die Oesterreichrr zu übrrzeogen. Di«
Offiziere i« TistiS, mii «elchen der «nglische Offizier speist«,
machten angeblich au» diesen ihren Gefllhlen kein Hehl.
„Wir haffen die EnslSnder nicht — sagten fie —. durchauS
nicht; und r« ist IScherlich, aozllnehmen, al» wenn wir Jn-
dien begehrten. Lber wir wünschen da» al» Schreckmitlel
beizubrhalten, so lange Sie un« an unserer Bestimmung
hindern, da» Kreuz aof der St. Sophia aofjllpslanzrn."
Den Beiftand von Frankreich glaubten fie im kommeuden
Krieg« entbehren zu könneu; fie fürchten, wie fie drm Eng.
länder angeblich vorprahlten, Oesterreich und Deutschland
weder zusommen, nvch rinzeln. Der Krieg mit Oesttttcich
liege ollen im Blnte. Für Herrn v. GierS sei ihnen kein
Schiwpswort zu derb; „ohne ihn" — sagte dcr Fürst
Doodukow-Korsako«, wrlcher dem Liebe-mahl« bei«
wohntr — ^würden unsere Aosaken hrute schon im
Prater z« Wirn seio." BorlSufig wird hierau« wohl
nicht« werden, da s»«den (am 2S. Juli) dtt Erzherzog
und di« Erzhrrzogin Aarl Ladwig v», Oestrrreich ihr«
Reife zum freundschaftlichen Besuch der russtschen Aaiser.
familie nach Peterhof angetreten haden.

Die Regierong dr« Congostaate« hat mit der frao-
zösischen rinen Greozstreit ooSzufechten, wobei die letzter«
sehr hochfahrend auftritt. vnd «i« gewöhnlich wollen dadri
dir Lritn der Geschicke der Repudlik die M«hr» de- Reiche»
spielrn. StaaiSminifter Pirme» war von der Congo-Re-
»ierung in besonderem Auftrag nach Pari« gesandt wordeo,
um drn Streit zn schtichten, doch dliebeu seine Btmühungcn
ersolgloS. Uebtt den Gegenstaud drr llaetnigkrit »eht fol-
gende halbamtliche Mittheilung um. In drm Bertrag vom
tz. Febroar v. I. zwische« der «ff-eiation internationalr do
L»ngo und Frankreich word« dn Congo bi» -u einem näher
zu deftimmenden Punkte oberhalb d«S Fluffe» Licona-Nkandja
al» Grenz« zwischen den Besttzungen beider Staaren bestimmt;
von dem betrrffenden Puokte sollte die Grenzc stch writer nach
17« westl. L. von Greenwich nnd, soweit möglich, an der Schei-
dungSlinie de» Licona-Nkundsa-BeckenS, wrlcher Fluß,u Frank-
reich «ehrrt, binziehen; der17.?ängengrad sollte die Grenzc dis
anS Ende drr grgrnsritigen Befitzunzen bilden. Dem Ber-
trag worde ein« Karte deigrlegt. Maa glaudte damalS,
Llcona und Nkundsa seien nur ein einzigrr Slrom, und
zwar wird dies« Angabr dem französtschen Forschcr de Brazza
zugeschriede». SpLtrrhin ad«r fand «S fich, daß rin ander«
Slrom, dn Ubangi, von den Eingeborrnen «benfalls Nkundja
genamtt wird. Der Licona war gemeint, nun aber verlangt

Den alten Hrrrn sand ich oben in seinem überheizten
Zimmcr, in Deckcn gehüllt om Aamin sttzend; vor ibm
lageu Zeitnngen und einige Bricse. Er sah sehr versallen
aaS; den von wenig spärlichen Haarcn bedeckten Aopf htelt
er «esrnkt, die rrchtr Hand znr Faust gedollt ruht« aus einer
englischen Zeitung. AI« ich zu lhm tral, und seine Hand
«rsaßle, dlickl« rr auf, unb em «»hlwollendeS Lächeln zog
üder daS gesurchtr, so edle Antlitz.

„Wie geht e» Jhnen, liedcr Herr Gleißberg?" sagte ich
und tetztr mich zu ihm. „Drr harte Winter ik auch Jhnen
kem Frrond gewesen, wir ich annrhmeo dars? Wie »tehl'»
mit der Gesundheit?"

Er machte einr adwrhrende Hundbewegung. „Der Winter
ist nicht meiu Feind; rS giedt SchlimmereS, vtcl Schlim-
«err», unb daS srißt bierl" Tr zeigt« aof da« Herz.

„Wer hättr nickl Sorgen, dester Herr Gleißbergl"

„Padl WaS wiffen Sie von Sorgenl Die kennen nicht
die solternde Angst um den Rus einer alten, rhrcowerihrn
Firma; die Angst vor Schande, die «in enlanrte» Kind üder
un« Lringt; dir Angst vor dcm Elrnd, daS wit jeder neuen
Post in diesrS Hau« zo schleichen droht. Wa« soll ich'S
Jhnen verhehlen, Sir rrfshrrn eS ja längst — mrin zweit«
Sohn ist «m Vttworfener. der Schande auf meinen Namen
häuft, der meinea Wohlstand zerrüttet, der mein Haar gr-
dlcicht und mein Herz gebrochen h-tt; sa, der mein Gcwiffen
schwerer belastete, al« eS zu tragrn vermag! Und doch —
gerade er war meio LiedlmaSsohn, dem ich v»r allem Ver-
trauen schenkte. Berlogenl Memeidig! Schuftig! Vor-
üb« — vorbeil"-

Der alte Mann war außer fich heute. Ob er neue
HiobSposten von dem Sohne erhalten? Ob eS nur ein
neoer Affekt war ous alter Lasts? Jch ersaßle seine Hand
nm ihn zu deruhigrn.

„Wttther Herr Gleißberg, der vrrnünstig« Wensch, und
wenn ibn avch da« schwerste Geschick trifft, wüthrt nicht
grgen seine Grlundheit; >— e« wird znm Selbstmord, wenn
Sie so sortfahren. Ein BiSchrn mehr Philosophie hatte ich
Jhnen doch zngetrallt! Bedenken Sie nur, Sie haden noch
einen Sohn, einen tüchtigen, ehrenwerthrn Sohn, Sie haben
cine Schwiegertocbttt, dir stch HLrmt um Sie, und Sir
haben rinen prächtigen Enkel, drm Si« nicht den Glauben
an die MensLbeil rauben dürfen» dem emstigen Vertreter
Jhrer alten Firwa. — Tie waren mir immer ein solgsamer
zPqlient pnd haben mtr immer rückhaitle« 9hr« Leiden ge-
klagt — sprechen Sir fich an-, wrnn «S Ihnrn Erleichterung
fchaffen kann."

FrankreichßsürßfichHnichtznur daS Licona-Nkundja-, sondern
daS ganzr bedentende Ubangi-Nkundja-Grbiet, obgleick daS
selb« über den ausdrücklich al« Grenze bezeichneten 17. LSngrn
grad weit hinauSreicht. Dirs« Frage soll nun auf Grund
deS Berliner VertrageS auf schiedSrichterlichem Wege auS-
getragen wrrden.

Di« Parnrlliten stnd mitderErnennon, ihreSnroen
vicekönigS und de» neuen StaatSsekretärS für
Jrland gar nicht zufrieden. Da« Dubliner „Freeman'S
Journal" Sußnt stch darüber folgendermatzen:

„Jst> e» rin 'unionistischer Theatercoup oder nur rin
widerliche» Zusammeotreffen, daß uoS em Castlerragh an
die Spitz« der Regierung gesetzt wird? Wir wiffen wenig
von den FSHigkeiten Lord Londonderrtz's. Sein Name
wird ibn dem irischen Bolke vicht empfehlen. Er wird
hierher kommen, um die verhSngnißvolle, von dem notori-
schen Caftlereagb maugurirtrPolitik aufrecht zu erhalten;
aber rr wird daS Bolk diese« LandeS nicht auS so weichcm
Stoffe stnden, wie sem BorgSng«. Such HickS-Beach
wird die Dingr etwa» verändert vorstnden, seit er zuletzt
General-Sekrelär war, und wir zweifeln, ob idm seine Er-
fahron» von früber viel nützen wird. Ein Eastlereagh
alS Viceköni», ein Beach alS Sekretär schein: auf Zwang
zu deuten."

Aebvlich spricht sich „United Jreland" anS: Man könn«
gar kemen beredteren TyvuS der Politik, di« englische Herr-
schaft wit Gewalt di« Jrländer hinterwürgen zu laffen,
finden, alS einrn BieekSnig, der ein Abköwmlmg sei und
deoselben Ramen trag«, wie sener HalSabschneider und
verruchte UebelthSter. der Urheber der Union und Hohe-
priester aller sener schmutzigen Aorruption, durch welche fi«
ermSglicht wordrn.

Die Ekeigniffe in Serbien »nd Bulgarjen, nament-
lich dtr Agitation der OppostlionSpartei gegen den Fürsten
Aleranver nnd die Unruhen in Macedonien rufen, in
Berbindon» mit dem AabmetSwecbsel in England, in der
„Nowoje Wremja" neue Besorgniffe sür die Erhaltun» deS
8t»tu» qoo aof d«m Balkan wach. Bielleicht schon zum
JahrrStage der Phiiippopeler Revilution «rwartet daS Blatt
solche Störungen aof dem Balkan, daß allr Noten fich gegen
dieselben nutzlo» erweisrn würden; «S meint:

«Neue Berwickelungen find u« so wahrscheinlicher, al»
in Eogland die Tag« drr Regieroug der Torie» hrran-
nahcn. Die Politik der Torie« geht von der LorauS-
setzv " au». daß Rußland »nd Oefterreich ganz «ewiß
m eiaen Kriez gezogen wnden, wenn die Angrlegenheiten
aof der valkanhatbinsel am Ende fich verwirren, und die
Agenten der TorieS werdcn flc verwirren, ohne Geld und
Mühe zu schonen. Schon macht fich der Wunsch EnglandS
bemnkbar, an jrdr Sachr, so Batum wie Bulgarien, die
Frage über dic türkischen Meerengen anzukoüpfen. Wie vor
zrhn Jahren, beginnen auch setzt die Dardanellen die
Engländer zu vttlocken."

D-atich-- R-ich.

<K vertt«. 2. August. Zu drm gestrigen Diner bei
Seiner MasestLt dem Kailer Wilhelm warra, oach
den au» Wildbav Gaftein direkt hierher grlangten Mit.
tbeilangen, der Obrrbofmeister Freiherr von Notzcsa und
General v. Rillrr gtladen. Nach dem Diner hörte Seine
MajtkSt den Bortrag de« BertreterS dc» AoSwärtigrn
AmteS. Wirklichen Geheimen Legalioarraths Kammerberrn
v. Bülow. Um 8 uhr nahm Seia« Masestät den Thee bri
der Gräfin Lehndorff. Heute Bormittag Nahm Seine Ma<
seftät dea Bortrag de LhekS deS Eivit»KadiaetS, Wirklichen
Geheimen Raths von WilmcwSki. entgegen ond machte
NachmittagS 2 Uhr eine «o-fahrt mit dem Flügeladsutanten,
Oderftlientenaoi v. Brösicke.

Jhre Majeftät die Saiserin und «önigin hat,
wi« au- Schtangrnbad gemeidet wird, die Badekar fortgrsetzt,
täglich AuSfahrtrn »emacht und kleine Spaziergäoge uitter.
nommen. Geüttn wodnte Jbre Majestät dem GolteSdienste
in der evangelischen Kirche dei.

Srin« Kaiserliche nnd Sönigtiche Hoheit der
Kronprinz ift, wie a«S Bayrruth gemeldet wird, heole
Bormilta» mit Jhrer Königlichrn Hoheit der Prin«
zessin Tochter Lictorta hier eingelroffen und von dcr
VvlkSmenge, die stch am Bahnhofe ond in den Slraßcn zu
Tauscnden angesawmelt hatie, mit stürmischen Hochrufen
begrüßt worden. Der BerwaltongSrath dcr Festspirlauf-
sührungen und dcr Bürgermeister Muncker hatlen fich zum

Er saß dann still, da« Haupt auf eine Haod gestützt,
die Augen gelchtosten, langeZeit. „Jch hade viel Traurige«
nfahren im Leben". bcgann cr endlich und richtete stch auf.
„und immer nur durch diesen Sohn. Ceine Geburt raobte
mir dae grlirbte Weib. brachle mich der Lerzweiflung nahe;
ich habe dielen Verlust nie verschwerzt. Er war ein hübfcher
Knabe, talentvoll, gewandt in Allem, aber schmiegsam, listig.
Wegen schlechter Sireiche mußtc er die Schule verlaffcn; ich
licß ihn dann in Lübeck erzikhen und nahm lhn mit stebzehn
Jahren in mein Geschält. Wa» er anfaßte, grlang thm.
aber «r war und blieb der Leichtflnuigsten einer, wie ich
später erfuhr. Jch hoffte auf die Wirkung der Zeit, auf
daS treffliche Brisviel seine» BrudrrS Wernrr, und schließ.
lich aus den Einfluß. den ein IchöneS, junges Mäbchen auf
ihn zu übrn dtrmSchle, die Tochter meineS Nachbarn, in die
rr verlirbt war. nicht wie ein vernünftiger Mensch. nrin.
wie ein Berrückter. Und dieser Nacbbar war mein Jugend-
freund. ich schätzt« ihn wie einrn Bruder, ich HLttr sein Kind
mit ofsenen Armen «mpfangrn alS Tochter. Wir feierteo
hier in diesen Räumen den Sylvestrrabend 1838 zusammen,
und am folgrndcn Morgen ging Franz hinüber und —holt«
stch einen «ord von dem Vater dcS MädchenS.

Jch kannte damalS noch nicht alle die schwttwic»enden
Gründr, di« diesen Entscheid herbeiführten, aber Reinhard
wußte nur -u gut, waS «r that; er haltc recht. Indeß. wi«
e» so zu gehcn vflrgt, unser nachbarlicheS Verhäikniß war
nun kein sreondliLeS mehr, der Umgang stockte und Franz
— sann aus Rache. Und nun kam einc schreckilche Z-it, und
schloß mit einem noch schrecklichrren Tage. Reinhard hatte
sich zu tirf ringelaffen in gewiffe Untttnehmungen. meine
Warnun« »ahm er übel, glcichwohl von mir große Sum.
men in HLnden hatte, und eineS TageS mvßle er seine Jn«
solvevz erklärcn. — Wärc er doch zu mir gckommen! Allei»
dazu konnte er flch nicht entlchließen, «r hatte lotal den Kops
verloren. Er lchrieb mir nu-, ob ich alS Hauptgläobiger
willigen würde in einen Akkord? DieS war nämlich in
scintt Lagr daS rinzig Richtig« und HStte fich aoch giatt ab.
gewickelt, aber e» kam anderS!

O, wäre ich sofort zu idm geeilt! Jch that rS nicht, ich
beauftragte meine« Sohn Franz. ihm zu schreiben, daß ich
aern rinwilliglr, daß ich idm in jeder Weise zurBerfügung
stehe, um den Accord zu Wege zu bringen. — DaS mochte
zwiscden 9 und 10 Uhr VormittagS sem, um 11 Uhr stürzte
Werner in» Comptoir mit drmMuSruf: ^Reinhard ist todt!
Er hat fich eben erschoffenl"-

(Fortsetzung solgt.)

Empkang auf dem Bahnhofe eingefunden. ein offizieller
Empfang fand nicht statt. Dtt Pririzrsfln Vict oria wurdt
von der Gemahtin deS BanguierS Feustel ein Bouquet
überrricht. Se. K. vnd K. Hoheit dcr Kronprinz sohr
sofort nach der Ankonft in daS Königlichc Schloß, b»S zu
welchrm die' Kkiegervereine Spalier btlveten. Die Stadt
ik auss Reickste wit- deutschen und bayerjschcn Fahnen ge-
schmückt. — Der Krontzrin, drsuchtr heute früh dir Eremi-
tagr, die Brandenburger OrdenSkirche und die Freimaurer»
logr. Um 4 Uhr begab fich der Kronprinz im offrnen
Wagen nacb dem Lbealer, auf dem ganzen Wege »on
kürmischen Hochrufen drr zahlreich anwesenden BolkSmenge
begrüßt. — Zum Dinrr bei Sr. Kailtzrl. und »önigl.
Hoheit dem Kronprinzen warrn der Stadtkommandant Graf
Zrch, der RegiernngS.Dirtktor Gosstngrr. der Vrrwal-
tungSrald der Bübnrnfrstspielr, drr Bürgermeister Muncker.
Bankier Frustel, sowie mebrerc Mitgliever der Freimaarer»
loge grladen.

Am KönigliLrn Hofe wurde heute der GeburtStag
Ihrer Königlicben Hoheit der Frau Prinzessin
Albrecht von Preutzen, Höchstwelche zur Aeit mit
ihrrn drei Söhnen noch in Seilenberg in Schlefien weilt.
währeod Seine AönigliÄe Haheit d e« Prinz
Albrecht von Preußen flch zur Kur in Scheveningen
aufdält. feftlicb begangen: Mitte deS Monats August ge«
denkt der Prinz-Regtktt mit seiner Fawilie in Braonschweig
«iedrr rusawmrnzutreffen.

— Der Obcrprästvent der Provinz Ostpreußen »on
Schlieckmann hal fich von hier nach LönigSberg zurück-
begeben.

— Der grollbritannische Botschafter am hiestgen Hofe,
Sir Edward MalPt, wird Mitte dieseS Monat« auS
England hier zurückerwartet, wädrend seine Gemahlin nst
später nach Berlin zurückkebren dürfre.

— Der Kaiserlich russtsche Gebeimrath und Mitglied
drS ReichSralhcS GregoriuS Galagan. welcher kürzlich
au« Teplitz di« eiatraf, hat stch nach Pitn-bur» degeben.

— Drr-Königlich schwedische Gesandte voo Sört-rup
traf grster« Mitlag von Stettin kommend in Bnlin ei«
unb nadm im Hotel Katserbof Wohnung.

— Der rechtSkundige Bürgttmeistrr von Kissingen,
vr. Full, war am vorigrn Sonntag von dem Fürften
BiSmarck zur Tafel gezogrn worden. Der Fürst, wetchtr
fich mit dem Gaste aof daS Hriterste unterhielt, äußerte, wie
die „AugSburgn Abend-Zeitong" vrrnimmt, seine Befriedi-
gun» über die gebrahtichen Wirkungen seine« Kiifing«
BadeaufenthalteS. Allein die kräftigende Luft der Rhöo.
berge rriche hin, um ibn gesund werden zu laffen, der BSder
Nichl zu gedenken. D« FSrk bemerktc noch, daß er ,«ne
die Zeit, die er noch in Gastein »ubringen müßt«, lirber in
Kisstngen verleben würde, wo eS ihm so sehr gtfalle. DaS
a«he aber nicht an. DaS Beßnden deS KanzlerS sal in tz«
That zur Hikt cin rrcht günstrgeS sekn; nür daS pctnigrnde
GefichtSreißen. welcheS ihn vorübcrgebind am Sprcchrn hin-
drrl, sucht ihn zuweilen noch deim.

— LuS Kissingen wird der „Jüdischen Preffe" unter
dem2S.Juli berichtet: „HerrDistriktSrabbiner Bamberger
hier hat fich anläßlich der Auwesendeit deS Fürstrn Reich«.
kanzlerS an deoselben mit eincr Eingabe in Bezn, aus die
Agitation der deutschen Thlcrschutzvereine gegen das Schächten
d« Schlachtthiere gewendet. Daraufhin wurde derselbe
heute von dem Chef der ReichSkanzlei, Geb. Obtt-Regie.
rungSrath vr. Rettenbnrg. empfangen. Dieser gab die
berohigendsten Berficherungen und sagte unler andrrrm:
Der Herr Fürst beaoftragtc mich, Jhnen mitzothrilen, daß
di« ReichSregierong demErrlängen der Thierschutzvercine.
da» «inen Eingriff in die religtösen Satzungrn de» Jnden-
tdum« bedeute, niemalS ihre Zostimmung geben werde."
Di« Thittschutzvrreinr vttstcherten in emer sehr ungedtnden
Pelitien, «rlche dem ReichStag« in deffen letzter Sesston
vorgelegen hättr. daß daS „Schächten" «inr Thierquälttei
involvire.

— Der „ReichS-Anzrigtt" verSffintliibt die Btkauni-
machung, betreffend die Kündigung der elsaß«lolbringischen
virrprozentigen LandeS - Odligationcn zur Einlösung gegen
Baarzahlong; sowie daS Gese», betreffend den Bau neuer
GchifffahrtSkanäle und die Berdeffttun, vorhandrner Schiff.
fahrtSftraßen.

— S. M. Srgrlfrrgatt« „Riobe', KommandantKapltän
zur See Aschemborn. ist am I. Augost c. in Göledor»
eingetroffen und beabstchtigt am 5. August wiedrr in See
zo gehen.

AltkNbnrs, l. Augost. Die bier vrranstaltetc Laodk».
SogstkUun» ist heut« durch drn Herzog Erast feittlich
eröffnrt worden.

vad Aebeuftein, 2. August. (Nordd. Allg. Zt» ) Der
ältefteRath dr« JoftlzministeriumS, Herr Hrrzbroch. Prä.
stbenz der Jllstlz-PcüsllngS-Kommlsston, Milglied drS StaatS-
raths, ist hierselbst grftorben.

Die füufte Säeulakfeier der Heidel-erger
R«Perto-Caroli«a.

IV. Heidelberg, Ll. Juli.

Jm Großen ond Ganzeo ist nun AlleS sertig, waS gum
Fest gehört. Mit wahrem Bienenfleiß oder auch „Bier.
etfer". um studentisch ,u reden, ist daS grvße Werk rn dcn
letzien Tagrn gesördrrt worden, rine aüerdingS dazu ganz
besonderS geeignete Stadt in cinen «inzlgen großen Fest-
raum zu verwandeln. Die Festhalle «st nun ganz ftttig
gestellt, auch die Ncstauralion in dttselden, wclche in größ.
lem Maßstabr angelegt ist, bestndet stch berritS im Gaagr.
Bereiis gestern Abenv wurde dir «lekkrijche Beleuchtuog der
Festhalle, sowie die Jlluminalion deS RathhauseS zum tetzten
Male probiri und gulgeheißen. Die Wirtbschaft in der
Frsthalle ift dcm Rcstauraleur Fr. Bruck» vom Eentral.
Bahnhofe in Mainz übertragen worden. Für die Wrin.
liescrung wird die Städtische s,efthaUen»Kommisfion stlbst
sorgen, vom gutrn Tischwein zu 1 Mk. 20 Pf. die Flascde
bis zur .Perle der Pkalz", dem Fokster AuSbruL, der aller«
dingS S Mk. kosten wird. Dle größte Mühe giedt fich die
Fest'Kommisston und die Sladlbrhörbe, die guirn Heidel-
berger von jeder «twa an den Fefibesuchernjgu üdenden
Geldschneiderei abzumabnen. die gtfährlicb sür die künftige
Frequenz drr -Univtrsttät werden tönnte, gilt,es doch jrtzl
schon sür ein recht kofispieligeS Vergnügen. flch SladirenS
halder in.Hcidelbrrg aufzuhalten.

Die Nachricht. datz durch AuSbruch der Rotzkrankheit in
einem hiestgen Stalle. daS Austandckommen deS FrftzugeS.
zu w«l»em an 200 Pferde grbraucht werden. in Frage ge-
steül tei, war nur etn Schreckschuß, der ouSwärtS virl mehr
al» bier in Heidelberg gehört worden ist.

Die Großherzoglichrn Herrschaften werden bereitS
am Montag im Laufe deS Nachmittagö einlreffen, um dte
ganze Woche über hirr zu verwtllen. Auck auf die An-
wesendeit des ErbgroßherzogS, von welcbem erfreuli-de
Nachrickten auS Bab Naubeim vorliezen, hoffl man ruver.
stcdtlich- Der deotsche Kronprinz trlfft am Mitlwoch so
früb ein. daß HLchstderse'be noch am Festakt in ber Heilig.
geiflkircke um 9 Uhr VormittagS trllnehmcn wird. Die
Festredt wird n«cht der Prorektor Pcofcffor vr. Becker,
sondcrn Geheimrath Kuno Fischer halten. Es soll dies
ein Wunsck dcS GreßherzogS sein, und mancke Schwierig-
keiten, welcke sich schon det der tetzten Prorektorwahl im An«
fang dieseS JihreS im AuSdlick auf daS Jubiläum hinstcht.
lich der Pttsonensrage grltend machtrn, flnd auf dirj« Wrisr
 
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