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Die Impressionisten
Dies klingt nach sehr wenig, ist aber im Grunde sehr viel. Claude
Monet wollte den ganzen Natureindruck auf der Leinwand fest-
halten. Das ganze Spiel von Luft und Licht, von Atmosphäre und
Farbe in all seinen so unendlich vielfachen Erscheinungen und Durch-
dringungen, in dem ganzen reichen Wechsel von gegenseitigen Be-
ziehungen. Den Einfluß des Lichtes auf die Farben in all seinen
tausend Brechungen und Spiegelungen, aber auch den Einfluß aller
atmosphärischen Elemente, nicht nur der Luft als Ton, als Luftton,
als Farbe, sondern auch den Einfluß der Trockenheit oder der Feuch-
tigkeit, den Einfluß des Windes und der bewegten Luft, kurz, jenes
unfaßbare Spiel der ewig veränderlichen Elemente. Ob der Himmel
bedeckt oder klar ist, ob die Wolken schnell oder langsam ziehen,
und wie die Teile einer Landschaft, die dem unmittelbaren Sonnen-
licht ausgesetzt sind, in der Durchsichtigkeit ihrer Schatten die Re-
flexe des Himmels empfangen. Der Künstler, begeistert über die
Schönheit der Welt, von der er weiß, daß sie nur eine Sekunde dauert,
will dem Augenblick Dauer verleihen.
Hierzu gehört ein ungeheures Studium, ein Studium ewig wachsamer
Beobachtung von schnellstem Erfassen der Erscheinung, mit fort-
während geschärften und verfeinerten Sinnesorganen. Die ewig wech-
selnde Naturerscheinung aufzunehmen und blitzschnell als ein Ganzes
vor sich hinzustellen, immer mit dem Hintergedanken an die Ver-
änderung der farbigen Erscheinung, dieses Sehen, — und am Ende
ist es dieses Sehen, das man als impressionistische Sehweise be-
zeichnen muß — ist ein schöpferischer Akt, nicht etwa nur ein ge-
duldiges, passives Stillehalten der Organe, nicht nur ein mechanisches
Aufschreiben der Beobachtungen. Paul Cezanne hat einmal gesagt:
„Monet ist nur ein Auge, aber, mein Gott, was für ein Auge!“ Seit
Monet und durch Monet hat die Welt erst gelernt, wie reich und wie
bunt die Welt ist, wenn man sie als ein Spiel von Farbe und Licht
ansieht, und wir alle sehen die Natur heute so wie Claude Monet
als erster sie sah. Noch ein anderes Wort von Cezanne ist auf-
schlußreich, das berühmte Wort: „Nicht wahr, der Himmel ist
blau; sehen Sie und das hat Monet entdeckt.“ Man sah vorher
die Natur nicht als Farbe.
Dieses konsequente Arbeiten im Freien, immer unter freiem
Himmel, ganz gleich, bei welchem Wetter, hatte nun nicht nur die
künstlerische Folge, daß die Malerei heller wurde. Farbe ist Licht,
und wenn von allen Seiten das Licht strömt, bekommen nicht nur
die F arben eine starke Lichtkraft, sondern alles wird hell, auch die
Die Impressionisten
Dies klingt nach sehr wenig, ist aber im Grunde sehr viel. Claude
Monet wollte den ganzen Natureindruck auf der Leinwand fest-
halten. Das ganze Spiel von Luft und Licht, von Atmosphäre und
Farbe in all seinen so unendlich vielfachen Erscheinungen und Durch-
dringungen, in dem ganzen reichen Wechsel von gegenseitigen Be-
ziehungen. Den Einfluß des Lichtes auf die Farben in all seinen
tausend Brechungen und Spiegelungen, aber auch den Einfluß aller
atmosphärischen Elemente, nicht nur der Luft als Ton, als Luftton,
als Farbe, sondern auch den Einfluß der Trockenheit oder der Feuch-
tigkeit, den Einfluß des Windes und der bewegten Luft, kurz, jenes
unfaßbare Spiel der ewig veränderlichen Elemente. Ob der Himmel
bedeckt oder klar ist, ob die Wolken schnell oder langsam ziehen,
und wie die Teile einer Landschaft, die dem unmittelbaren Sonnen-
licht ausgesetzt sind, in der Durchsichtigkeit ihrer Schatten die Re-
flexe des Himmels empfangen. Der Künstler, begeistert über die
Schönheit der Welt, von der er weiß, daß sie nur eine Sekunde dauert,
will dem Augenblick Dauer verleihen.
Hierzu gehört ein ungeheures Studium, ein Studium ewig wachsamer
Beobachtung von schnellstem Erfassen der Erscheinung, mit fort-
während geschärften und verfeinerten Sinnesorganen. Die ewig wech-
selnde Naturerscheinung aufzunehmen und blitzschnell als ein Ganzes
vor sich hinzustellen, immer mit dem Hintergedanken an die Ver-
änderung der farbigen Erscheinung, dieses Sehen, — und am Ende
ist es dieses Sehen, das man als impressionistische Sehweise be-
zeichnen muß — ist ein schöpferischer Akt, nicht etwa nur ein ge-
duldiges, passives Stillehalten der Organe, nicht nur ein mechanisches
Aufschreiben der Beobachtungen. Paul Cezanne hat einmal gesagt:
„Monet ist nur ein Auge, aber, mein Gott, was für ein Auge!“ Seit
Monet und durch Monet hat die Welt erst gelernt, wie reich und wie
bunt die Welt ist, wenn man sie als ein Spiel von Farbe und Licht
ansieht, und wir alle sehen die Natur heute so wie Claude Monet
als erster sie sah. Noch ein anderes Wort von Cezanne ist auf-
schlußreich, das berühmte Wort: „Nicht wahr, der Himmel ist
blau; sehen Sie und das hat Monet entdeckt.“ Man sah vorher
die Natur nicht als Farbe.
Dieses konsequente Arbeiten im Freien, immer unter freiem
Himmel, ganz gleich, bei welchem Wetter, hatte nun nicht nur die
künstlerische Folge, daß die Malerei heller wurde. Farbe ist Licht,
und wenn von allen Seiten das Licht strömt, bekommen nicht nur
die F arben eine starke Lichtkraft, sondern alles wird hell, auch die