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NEUNTER ABSCHNITT

Die Impressionisten
Was Edouard Manet dem Impressionismus gegeben hat und was
andererseits er den Impressionisten verdankt, läßt sich nicht
genau ausrechnen. In schöpferischen Zeiten ist nicht jeder Künstler
ängstlich auf sein geistiges Eigentum erpicht, sondern die Beziehungen
zwischen den schöpferischen Naturen bestehen in einem fortwähren-
den wechselseitigen Geben und Nehmen. Sicher hat der junge
Claude Monet von der flächigen Malerei Edouard Manets im
entscheidenden Augenblick wesentliche Anregungen empfangen, und
sicher ist Manet auf seinem Wege zur unmittelbaren Wiedergabe des
Natureindrucks stark beeinflußt worden von dem leidenschaft-
lichen und folgerichtigen Pleinair der impressionistischen Land-
schafter. Aber in der Folge haben sich die beiden Künstler, so sehr
sie sich manchmal berührten, doch ganz verschieden entwickelt, so
daß man ihre Bilder niemals miteinander verwechseln kann. Und
ebenso wie es falsch ist, Manet als reinen Impressionisten zu bezeich-
nen, ebenso falsch wäre es, den künstlerischen Einfluß Manets auf
den Impressionismus allzusehr zu betonen.
Daß man eine bestimmte Gruppe von Künstlern mit dem Namen
Impressionisten bezeichnete, war ursprünglich ein Zufall. Claude
Monet hatte in einer Ausstellung ein Bild, für das er keinen Namen
wußte, betitelt mit „Impression“. Es war ein Sonnenuntergang
über dem Meere, nichts weiter darauf als Wasser und Himmel und
Atmosphäre. Ein Bild, das fühlte Monet, war es nach damaligen
Anschauungen nicht, aber eine Studie war es auch nicht mehr. Hier
liegt der entscheidende Punkt. Courbet und Corot hatten vor der
Natur im Freilicht ihre Studien gemalt und sie dann im Atelier
zu Bildern verarbeitet. Claude Monet, der überzeugte Pleinarist,
kannte den Unterschied zwischen Bild und Studie praktisch nicht
mehr. Er malte nur vor der Natur. Seine Bilder sind vom ersten
bis zum letzten Pinselstrich im Freien entstanden. Die Studie
steckt im Bilde, und das Bild ist nichts weiter als die zu Ende
geführte Studie. Wenn der Künstler seine Natureindrücke voll-
kommen wiedergegeben hatte, war sein Bild fertig, und er wußte
nichts mehr hinzuzufügen.
Waldmann, Französische Maler. 5
 
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