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Die Impressionisten

Nebel, lernte während einer zweijährigen Dienstzeit bei den Afrika-
nischen Jägern die Lichtfülle des Orients kennen, war dann,
nach Paris zurückgekehrt, einige Wochen im Atelier Gleyres,
des feinen Klassizisten, und stellte sich dann, hingerissen von der
Schönheit der neuen Malerei Edouard Manets, auf eigene Füße. Das
große Bild der Dame im schwarzgrünen Seidenkleide, die „Camille“
vom Jahre 1866, ist eine Huldigung an Edouard Manet. Aber im
Laufe der Zeit trieb es den jungen Künstler in die freie Natur hinaus.
Er glaubte, gegen den Widerstand Courbets und Manets, die große
Figurenmalerei auf das Gebiet des Pleinairs übertragen zu können
und malte, wie Manet, ein Frühstück im Grünen mit vielen Figuren
im Sonnenlicht. Später aber, je weiter er mit seinen Beobachtungen
kam, gab er die Figurenmalerei auf und wurde reiner Landschafter.
Er findet Gesetz und Lehre der malerischen Lichtkunst und wird der
große Maler der Landschaftserscheinung. Die Stimmungen, die er
aus der Natur herausgezaubert hat, mit der leuchtenden Farbigkeit
und dem strahlenden Glanze der Lüfte, mit der Herrlichkeit des Was-
sers, am Meer und an den Flüssen, mit der bunten Poesie des Him-
mels bei Sonnenaufgang und Sonnenuntergang, mit der Zartheit
der Frühlingsfelder und der tollen Buntheit seiner Blumengärten,
alles dies gehört zu den größten Kostbarkeiten der modernen Malerei.
Man genießt und bewundert an diesen Bildern nicht nur die starke
Naturfülle und die große Empfindung vor der Herrlichkeit der Welt,
nicht nur dieses zauberhafte Festhalten und Verewigen eines schönen,
flüchtig verschwindenden Eindrucks, sondern, künstlerisch, die
schöne Distanz, die er bei aller Liebe zur Erscheinung innehält,
dieses leidenschaftliche Umsetzen der Natur in eine Skala von
Farben und Lichtern, die immer im Gleichgewicht bleibt, wo
jeder Ton von einer zarten Richtigkeit ist und wo das Gesetz der
Valeurs, das Gesetz der Farbe als Lichtstärke, bis in die feinsten
und letzten Beobachtungen gewahrt bleibt.
Es steckt in dieser Kunst neben einer großen und begeisternden
Naturfreude auch ein großes Teil Wissenschaft und wissenschaft-
licher Beobachtung, und es bleibt daher erstaunlich, daß Claude Monet
sich praktisch mit der Schule des Neoimpressionismus nicht eingelassen
hat. Diese Neoimpressionisten, Seurat und Signac zum Beispiel, führ-
ten das wissenschaftliche Studium der Farberscheinung und Licht-
erscheinung bis zu seiner säußersten Konsequenz durch nach der von
Chevreul ausgearbeiteten optischen Lehre vom Sonnenspektrum. Sie
wollten, was auch Monet wollte, der Natur hinter ihr Geheimnis bei
 
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