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Das niedere Heidentum.

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übrigens bedenken, dass die alten arabischen Gottesnamen meistens
verschwunden sind. Sie sind durch junge Epitheta verdrängt,
hauptsächlich durch solche mit Dhu; oder sie [sind dem appella-
tiven „Gott, Herr" gewichen, wie Jahve dem Elohim und Adonai.

Das niedere Heidentum.

Wir haben es bisher, wenigstens vorzugsweise, mit dem öffent-
lichen Cultus der Götter zu tun gehabt. Davon zu unterscheiden
ist das niedere Heidentum. Es ist unauflöslich mit Sitte und
Leben verwachsen und verbirgt sich oft hinter dem Schein der
blossen Anstandsregel, der Convention und Etikette. Es überträgt
sich unausrottbar von einer Stufe der Religion auf die andere und
ist ziemlich gleichförmig über die ganze Welt verbreitet. Selbst
der Monotheismus mit seiner Forderung, dass man nur Gott und
sonst nichts fürchte, treibt den Aberglauben nicht aus. Der heid-
nische Opferdienst, mit den Idolen und Priestern, wurde durch den
Islam, ausser zu Mekka, beseitigt und vernichtet; das niedere
Heidentum aber blieb, wenngleich teilweise wider den Willen
Muhammads. „Der Teufel hat keine Aussicht mehr öffentlich
von euch verehrt zu werden, aber er sucht sich schadlos zu halten
durch allerhand Kleinigkeiten, die ihr für unbedeutend anseht und
beibehaltet." So lautet eine sehr treffende Äusserung, die der
Prophet bei seiner Abschiedsrede an die versammelten Araber in
Arafa getan haben, soll. Der Hadith ist Hauptquelle für dies
Kapitel, sowol in dem was er in die Sünna aufnimmt als in
dem was er bekämpft und verbietet; er enthält auch eine Menge
churäfät, Absurditäten und Schnurren. Nicht Alles geht in das
arabische Altertum zurück, Manches ist neu und importirt; indessen
kommt meistens nicht viel darauf an, nach Herkunft und Ursprung
zu fragen. Die' Formen des Aberglaubens sind eben sonderbar
kosmopolitisch.

In dieser alten dunklen Sphäre herrschen nicht die Götter,.
sondern die Dämonen. Jedoch lassen sich die Gebiete keineswegs
reinlich scheiden, das höhere taucht aus dem niederen auf und ver-
sinkt auch wieder darin, die Grenzen sind fliessend und die Über-

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