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208

Religionsgeschichtliches.

Religionsgeschichtliches.

Die Natur der Götter.

Im Widerspruch gegen Renans Lehre von dem monotheisti-
schen Instinct der Semiten ist die Behauptung aufgestellt worden,
es sei im Gegenteil der sexuelle Dualismus, mit dem daraus ent-
springenden Process des Zeugens und des Gebärens, das wichtigste
Merkmal ihres Gottesbegriffes. Allerdings gibt _es Gottheiten männ-
lichen und weiblichen Geschlechts, aber sie gehören nicEj paar-
weise zu einander, sondern jede für sichjsijselbständig und keine
crgänzungsbedürftige Hälfte. Die Einrichtung 5eTTT5nTTst ver-
hältnismässig jung, und der Cultus des Sexuellen führt nicht mit
Notwendigkeit auf den Dualismus des Gottesbegriffs. Wenn (Baal]
und ^starte) bei den Nordsemiten ein Paar bilden, so fliesst doch
die Bedeutung der Astarte nicht aus diesem Verhältnis, denn bei
den Südsemiten ist sie männlich. Bei den Arabern werden Allah
und alLät, Isaf und Näila zusammengebracht. Aber ursprünglich
und durchschnittlich werden die Götter doch niemals paarweise,
sondern immer nur einzeln verehrt; ~alLät in Täif ist mehr als das
Weib Allahs und etwas ganz Anderes; wenn sie in einer nicht rein
arabischen, sondern arabisch-syrischen Gegend die Mutter der Götter
heisst, so erscheint doch nirgend eiii Vater der Götter als ihr Gatte.
Es ist muslimische Erfindung, dass Ilubal nach dem Glauben der
Mekkaner den Winter bei alüzza in Nachla, den Sommer bei alLät
in Täif zugebracht habe. Vielmehr gaben die Mekkaner diese
Göttinnen für Töchter Allahs aus. Das taten sie indessen auch
nicht nach einem hergebrachten Credo, sondern bedrängt durch
eine Frage Muhammads, die sie sich selber niemals vorgelegt hatten.
Sie dachten dabei schwerlich an eine Geburt der Göttinnen aus
Allah oder aus einem Weibe Allahs, sondern wollten nur sagen,
es seien ihm nah verwandte und zugleich ihm untergeordnete
Wesen. Von Empfangen und Gebären der weiblichen Gottheiten
ist überhaupt niemals die Rede. Es mag übrigens zugegeben wer-
den, dass der sexuelle Charakter bei ihnen mehr hervortritt als
bei den männlichen; nur überwiegt derselbe durchaus nicht und
ist nicht das constituirende Merkmal ihres Begriffs. Man hat zu
berücksichtigen, dass die Herrschaft, das Hauptattribut der Gott-
 
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