Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Wilpert, Joseph [Hrsg.]
Die römischen Mosaiken und Malereien der kirchlichen Bauten vom IV. bis XIII. Jahrhundert (Band 2): Text: 2. Hälfte — Freiburg i.Br., 1916

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.1404#0512
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
1022

Drittes Buch. Untersuchungen über einzelne Darstellungen.

ein kostbares Geschenk mit: die Reliquien des in der Verbannung gestorbenen Papstes
Klemens; dieselben wurden zunächst in der Basilika des Apostelfürsten niedergelegt und dann
in feierlicher Prozession in die Klemenskirche übertragen. Cyrill überlebte diese Ereignisse
nur um wenige Wochen. Er starb am 14. Februar des Jahres 869 als Mönch und wurde
in S. demente in einem Marmorsarg bestattet. Der Sarkophag existiert seit langem nicht
mehr; er war dem römischen Brauch gemäß in der Vorhalle aufgestellt.

Zum Glück hat sich das Fresko, welches die Wand über dem Grabe zierte, großenteils
erhalten (Taf. 214). Wie so viele andere Grabmalereien, bestand es aus der Inschrift und
dem eigentlichen Bilde. Die beiden gemalten Säulen, welche das Ganze einrahmen, trugen
entweder ein Giebelfeld] oder, was mir wahrscheinlicher dünkt, eine Art Attika, in welcher
die obere Hälfte des Epitaphs geschrieben war; dieser Teil der Malerei ist mitsamt dem
Stuck zerstört. Von der zweiten Hälfte der Inschrift, die das niedrige Feld zu unterst aus-
gefüllt hat, ist mehr als ein Drittel übrig. Da die erste Zeile sichere Reste einer bekannten
Bibelstelle, die vier folgenden solche von liturgischen Formeln bieten, so ist es, wenn man
die zahlreichen Epitaphien aus jener Zeit zu Hilfe nimmt, nicht schwer, den Inhalt der ganzen
Inschrift zu erraten. Der zerstörte Teil wird aus dem Namen, der Angabe der Heimat, des
Standes und der Lebensdauer des Verstorbenen zusammengesetzt gewesen sein. Hieran
schloß sich eine Stelle aus dem zweiten Briefe des Heidenapostels an Timotheus (4, 7): „Den
guten Kampf habe ich gekämpft, den Lauf vollendet, die Treue bewahrt; im übrigen liegt
mir bereit der Kranz der Gerechtigkeit, welchen mir an jenem Tage geben wird der Herr,
der gerechte Richter." Mit den letzten Worten dieser Stelle begann die erhaltene Hälfte
der Inschrift; es folgte dann die Bitte, Gott möge unsere Gebete erhören und Cyrill in die
Gemeinschaft der Heiligen aufnehmen, durch Jesus Christus unsern Herrn, der zum zweiten-
mal (zum Gericht) kommen wird. Den Schluß endlich bildete, nach der damaligen Sitte,
ein kurzes Stoßgebet2 um die ewige Ruhe des Sünders Cyrill, mit der Bekräftigung Amen.
Für die beiden Gebete wäre demnach folgender Wortlaut vorzuschlagen:



\chaei

DEVS HOMINVM REPARATUR BENIGNVS AC RECTOR PRECES NOSTRAS
EXAVDI VT CYRILLVS ^VO^NOM™! ne SANCTORVM TVORVM SOCI
ETATE LAETETVR PER IESVM CHRISTVM DOMINVM NOSTRVM QVI VENTVRVS EST
ITERVM LECTOR DIC: DEVS DA CYRILLO PECCATORI REQVIEM AETERNAM AMEN.

r

Um bei der Rekonstruktion der zweiten Hälfte dieser wichtigen Inschrift für die weiten
Abstände eine mathematisch genaue Grundlage zu haben, ließ ich sie eigens photographieren
und fertigte danach das auf Taf. 216 gebotene Faksimile an. Selbstverständlich liegt es

1 Eine ähnliche Anordnung- war auf einem von Luca Jelic Taf. XXXII, mit dem Faksimile der Inschrift Hadrians IL; auf
veröffentlichten Relief zu sehen (Rom. Quartalschr. 1891 Taf. V). dieser lautet das Stoßgebet: QVI LEGIS HOS VERSVS

2 De Rossi, Bullett. 1863,12; 1870,141; Revue archeol. 1879, COMPVNCTO DICITO CORDE | CVM CHRISTO REG-
130, und namentlich Sarti-Settele, De cryptis vatic. append. NES O HADRIANE DEO.

]
 
Annotationen