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(Lübecker Bibel 1494). Nirgends mehr gewahren wir das buntscheddge Bild, das die
Illustrationen des Narrenschiffs zeigen. Hier untersdieiden wir neben den Werken des
führenden Künstlers mehrere Gruppen, die, vom Hauptmeister abhângig, doch ihre
boscheidene oder unbescheidene Eigenart treu wahren.

Die Aufteilung der 105 Bilder des Narrenschiffs3 ist von den wenigen, die sie vor-
genommen haben, immer übereinstimmend vollzogen worden, was die Arbeiten des
Hauptmeisters (Dürer) betrifft. Unabhângig davon bin ich zu derselben Zahl von Holz-
sdmitten des führenden Reißers gekommen, ungefâhr drei Viertel des Ganzen. Weisbach4
und Fr. Schultz5 führen diejenigen an, die von ihm herrühren; es sind mit geringfiigigen
Ausnahmen dieselben, welche auch ich ihm zuschreibe. Weisbach hat die Werke des
neben diesem meistbeschäftigten Reißers zutreffend gruppiert. Flechsig6 spricht in
einer Weise von den „74“ Holzschnitten des Hauptmeisters (Dürer) und zwei anderen
Reißem, als ob die Aufteilung keine Schwierigkeiten bôte. Seine Andeutungen verraten
aber nicht, wieweit er sich um sie bemiiht hat7.

Als Ergebnis der Forschung diirfen wir feststellen, daß ein Hauptmeister und zwei
Reißer neben ihm unterschieden werden. Der fruchtbarere der Letztgenannten wird nach
dem „Haintz Narr“ beschrifteten Holzschnitt benannt. Im allgemeinen kennzeidmet das
Ergebnis den Sachverhalt zutreffend. Man môchte aber doch Genaueres und Sichereres als
diese Behauptungen haben, und hier versagen alle mit Ausnahme Weisbadis. Er allein
unterzieht die Holzschnitte einer stilkritischen Prüfung. Aber auch er hat nicht gesehen,
daß die drei Reißer ihre Holzschnitte gewissermaßen signiert haben.

Diese „Signatur“ besteht in einem Abzeichen, womit jeder der Drei die Narrenkappe
durchgângig versieht. Beim Hauptmeister sitzt eine Reihe von Schellen, die sidh
wie ein Scheitel über den Schâdel ziehen, zwischen den Ohren. Statt der Schellen tragen
die Gestalten des „Haintz Narr-Meisters“ einen Kamm, der wie bei einem Hahn gezackt

3 Die Zahl der Bilder sdrwankt. Auflagen der folgenden Jahre zeigen einige andere Holzsdmitte, sogar
die erste ist wohl nidit einheitlich gedrudct. Idi halte mich im Folgenden an Sdiramms Abbildungen
(Bildersdimuck der Frühdrudce Bd. XXII, 1940). Diese Publikation ist zum sdmellen Identifizieren der
Holzschnitte unerläßlich. Um Stilunterschiede mit voller Sidierheit zu erkennen, genügt weder sie nodi
die von Fr. Schultz (Jahresgabe der Gesellschaft für elsäß. Literatur Bd. 1 Straßburg 1913), obgleidr
diese nach dem besonders guten Exemplar der Berliner Staatsbibliothek gemadrt ist. Hierfür reidit nur
Hans Koeglers Ausgabe (Basel 1913, Gesellsdi. der Bibliophilen) aus, die (nadi dem Gesamtkatalog der
Wiegendrudce) die besten Vorlagen aus versdiiedenen Exemplaren zusammengestellt wiedergibt. Auf glattem,
satiniertem Papier gedruckt, das die Liniensdiârfe der Vorlage gut bewahrt, kommt sie den Sdmitten im
Original, die immer zarter und bestimmter als photomedranische Wiedergaben sind, nahe. Da auch in den
besten Drucken die Holzschnitte ungleich ausfallen, ist Koeglers Ausgabe neben ihnen kaum zu entbehren.

4 Der Meister der Bergmannsdien Offizin 1896 S. 23. 5 A.a.O. S. XXVIII f. 6 Dürer II S. 526.

7 Die einzige Kritik, der Weisbachs Aufteilung begegnet ist, steht in F. J. Stadlers „Michael Wolgemut

uftd der Nümberger Holzschnitt“ (Straßburg 1913 S. 200 Anm.). Sie ist überholt, ich gehe deshalb

nicht darauf ein.

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