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DIE LITERATUR

ÜBER DIE NARRENSCHIFF-HOLZSCHNITTE

Vor Daniel Burckhardts Budi (1837—1890)

leich die erste Erwähnung der Holzsdmitte des Narrenschiffs als bemer-
kenswerte Leistungen durch den Begriinder der neueren Kunstforschung
und Antipoden Winkelmanns C. Fr. F reiherrn von Rumohr140
bringt diese mit Diirers Namen in Verbindung. Rumohr kennt Scheurls
Nachricht von Diirers Aufenthalt 1492 in Kolmar und Basel und meint,
„den Umständen nach könnte er also wohl an den Holzschnitten ... ge-
holfen haben. Einzelne Blätter ... scheinen Diirers spätere Entwicklung vorauszubedeuten“.
Er macht Schramm 1125/26, 1131, 1133,1153 namhaft: Narr imBauernhof (Taf.8),närrischer
Bauherr (Taf. 19), Schatzfinder (Taf. 12), Weisheit auf der Kanzel (Taf. 30), Spottvögel
(Taf. 32) und hebt besonders den jähzornigen Narren (Schramm 1121, tmsere Tafel 42 oben)
hervor. Es ist der Holzschnitt, der durch seine abweichende technische Ausfiihrung auffällt.
Einzelheiten, wie dem Kopf des Geschlagenen, ist sie zugute gekommen, sie ist aber nicht
beibehalten worden. Die anderen Holzschnitte sind bis auf die Weisheit auf der Kanzel
gut geschnittene und durchweg vorziigliche Leistungen des Hauptmeisters, die Rumohrs
Scharfblick ebenso sehr Ehre machen wie seine Zuschreibung an Diirer. Möglicherweise
hatte er nur ein unvollständiges Exemplar. Aus dem Zitat von einem Halbdutzend Bilder
zu schließen, daß Rumohr nicht mehr als Werke Diirers hätte ansehen wollen, wiirde seine
Auffassung arg verkennen. Er wollte mit der Nennung der sechs nur die Richtung weisen,
in der zu suchen wäre, wenn man seiner Diirerthese zustimmte.

Fr. Zarncke147, einer der besten Köpfe aus der Germanistengeneration der Lachmann
und Haupt (der die noch immer gnmdlegende Ausgabe des Textes des Narrenschiffs
herausbrachte), hat sich zwar nicht ausfiihrlich, aber scharfblickend mit den Holzschnitten
beschäftigt. Er möchte sie geradezu für die schönsten halten, die im 15. Jahrhundert ge-
fertigt sind, und findet — als Einziger beinahe bis zum heutigen Tage —, daß die Komposi-
tion fast dramatisch sei. Außerdem hebt er die Fiille des Humors und die Feinheit der
Charakteristik hervor. Zamckes Aufteilung der Hände („man unterscheidet mit Leichtig-
keit fünf verschiedene Arbeiter und geiibteren Augen wird es wohl möglich sein, diese

146 Zur Geschidite und Theorie der Formschneidekunst 1837 S. 81.

Seb. Brants Narrenschiff, 1854 S. L. ff. — Vgl. desselben Verfassers Aufsatz im Serapaeum (hrsg. v.
K. Neumann) „Zur Vorgeschichte des Narrenschiffs“ (29. 2.1868).

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