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DIE HOLZSCHNITTE DER ANDEREN REISSER
UND IHR VERHÄLTNIS ZUM HAUPTMEISTER (DÜRER)

ie ansehnlichste Gruppe unter den Bildem, die nicht vom Hauptmeister
(Dürer) gerissen worden sind, umfaßt die 15 Illustrationen, die sich
um den „Haintz Narr“ beschrifteten Holzschnitt (Taf. 67) schart. Weis-
bachs einwandfreie Zusammenstellung seiner Werke hätte eigentlich die
Spezialisten anregen sollen, seinem Wirken in Baseler Biichern nach-
zugehen. Es ist seltsamerweise nie dazu gelcommen und ist um so
unverständlicher, als von diesem Reißer Holzschnitte im Narrenschiff herriihren, die beson-
ders häufig reproduziert worden sind. Ich nenne nur denBiichernarren (Taf.68oben). Hatman
sich ein wenig in seine Art hineingesehen, erkennt man seine Hand rasch. Ich begniige mich
zur Bekräftigung der Weisbachschen These mit der Wiederholung meiner Feststellung, daß
ich selbst unabhängig von Weisbach zu genau derselben Zusammenstellung gekommen bin
und in der Form der Narrenkappe mit dem Steg nach Art eines Hahnenkammes sozusagen
eine Signatur erkenne. Weisbach hat freilich seiner Gruppierung gar keinen Wert beigemes-
sen44, trotzdem halte ich es fiir unnötig, die Gruppe stilkritisch zu begriinden. Es ist kein
Problem. Die Kennzeichnung seiner Art ist hingegen um so weniger iiberfliissig, als dieser
Reißer offenbar der einzige Rivale von nennenswerter Bedeutung in Basel gev/esen ist.
Seine Tätigkeit dürfte so umfassend sein, daß es zu weit fiihren wiirde, wollte man das
Werk dieses untergeordneten Mitarbeiters hier in seinem ganzen Umfang erörtern
(siehe S. 90 f.).

Was den Reißer von dem Hauptmeister (Diirer) unterscheidet, ist vor allem der fast durch-
gängig größere Maßstab der Narrengestalt. Umfänglich und ansehnlich fiillt sie das Bild
weitgehend aus. Gem umgibt er sie mit einer Landschaft, die in ihrer gleichförmigen
Bildung der Phantasie des Reißers zwar kein giinstiges Zeugnis ausstellt, die Gmppierung
seiner Arbeiten aber emeut bestätigt. Man erkennt daran auch, wie wenig das Beiwerk
fxir ihn bedeutet hat. Ihm ist der Holzschnitt nach alter Weise vor allem ein Figurenbild.
Dem neuen Geist macht er Konzessionen, indem er den reinen Umrißstil aufgibt, modellie-
rend verfährt und Beiwerk um die Gestalten häuft. Man kann das letztere abdecken, ohne
daß das Ganze an Wirkung einbüßt.

Vorzüge und Schwächen des Haintz Narr-Meisters sind in der Art beschlossen, in der er
seine Narren anlegt und ausfiihrt. Er umrandet die Gestalt, der er ein meist statuarisches
Motiv unterlegt, durch eine besonders breite Umrißlinie. Innerhalb derselben verfährt

44 Baseler Buchillustration S. 68. Der Verfasser betont, er wolle nicht sagen, „daß die in derselben
Gruppe vereinigten (Bilder) demselben Meister zuzuschreiben wären“.

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