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und Erfinder tätig war. Sein Werk „Chironomia or a treatise on rhetorical delivery: com-
prending many precepts, both ancient and modern, for the proper regulation of the Voice, the
Countenance and Gesture“ erschien 1806 in London mit tast 600 Seiten. Bereits 1818 publi-
zierte der namhafte Philosoph und Schriftsteller Christian Friedrich Michaelis (1770-1834)
eine auf 184 Seiten gekürzte deutsche Version mit allen Abbildungen des Originals unter dem
Titel „Die Kunst der rednerischen und theatralischen Declamation“25 in Leipzig. Das als
Handbuch für Redner und Schauspieler gedachte Werk nennt in Kapitel XIII mehrere „Stel-
lungen und Bewegungen der Hände“, die Gebetshaltungen sind. Es sind auf den Tafeln 13
und 1426 (Abb. 5) die Figuren:
Fig. 75: Aneinander gelegte Hände, „wenn die flachen Hände zusammengedrückt und die
Finger und Daumen gegenseitig auf einander gelegt sind“.
Fig. 76: Zusammengelegte, oder ineinandergreifende Hände, „wenn die Finger alle zwischen
einander eingreifen, und die Hände dicht zusammengedrückt sind, besonders an den Ballen
der Daumen und an dem fleischigen Muskel unter den kleinen Fingern, in ihrer ganzen Länge
bis zu den Gelenken“.
Fig. 77: Gekreuzte Hände, „wenn eine Hand an die Brust und die andre kreuzweise über sie
gelegt ist“.
Fig. 80: Sich berührende Hände, „wenn die Fingerspitzen jeder Hand leicht in Berührung ge-
bracht sind“.
Die Figuren 78, 79 und 81 kann man lediglich als „Andachtshaltungen“ verstehen.
III.
Die erste Forschungsarbeit zu Gebetshaltungcn stammt wohl von dem Karlsruher Theolo-
gen und Gymnasiallehrer Karl Friedrich Vierordt (1790-1864)27, der 1851 seine Abhandlung
„De junctarum in precando manuum origine indogermanica et usu inter plurimos Christianos
adscito quaestionem indici lectionum“ veröffentlichte. Mit fünf Stichen ließ er eine eigene
Bildfolge illustrieren. Die fünf Handhaltungen (Abb. 6) benannte er folgendermaßen:
IA: „manus manui arcte conserta“,
1B: „manus cava cavae adplicata“,
II: „manus manuum extremis digitis fangens“,
III: „manus manui pectinatim immissa“,
IV: „manus manui decussatim imposita“.
Alle Handhaltungen könnte Vierordt, da er die vor 1500 entstandenen Originale kaum kannte,
an Grabdenkmälern28 in den von ihm genannten Handbüchern studiert haben. Unter den ihm
bekannten Kunstwerken ist nur ein Rittergrabdenkmal: das nur als Halbfigur abgcbildete des
Herzogs Berthold V. im Freiburger Münster. Vierordt29 glaubte, daß das Händefalten durch
Germanen nach Europa gekommen sei und daß sich eine der ältesten Darstellungen betender
Germanen auf der Theodosius-Säule30 in Konstantinopel befunden habe. Für Grabmäler lie-
gender Ritter sind nur die ersten vier verwendbar.
25 1970 erschien davon in Hanau ein Nachdruck mit einem Nachwort von Hans Pfeifer.
26 Die Beschreibungen im Nachdruck 1970, 109 f.
27 Karl Friedrich Vierordt, De junctarum in precando manuum origine (Carlsruher Lyceums-Programm), Carls-
ruhae 1851; Christian Friedrich Gockel, Dem Andenken an Carl Friedrich Vierordt (Beilage des Carlsruher Ly-
ceums-Programms für das Schuljahr 1864/65, Carlsruhe 1865, 1-56, 53.
2! GockeVVierordt 1865, 28-31.
29 Vgl. Karl Friedrich Vierordt, Das Händefalten im Gebet, in: Theologische Studien und Kritiken 16 (1853) 89-
93.
30 Zur um 1510 zerstörten Siegessäule des Theodosius vgl. Wolfgang Müller-Wiener, Bildlexikon zur Topogra-
phie des antiken Istanbuls, Tübingen 1977, 264/265. Rudolf Stichel, Kaiser Theodosius I. „melior Traiano“, in:
Ralph Einicke u.a. (Hg.), Zurück zum Gegenstand - Festschrift Andreas E. Furtwängler, Langensaßbach 2009,1
151-158.
und Erfinder tätig war. Sein Werk „Chironomia or a treatise on rhetorical delivery: com-
prending many precepts, both ancient and modern, for the proper regulation of the Voice, the
Countenance and Gesture“ erschien 1806 in London mit tast 600 Seiten. Bereits 1818 publi-
zierte der namhafte Philosoph und Schriftsteller Christian Friedrich Michaelis (1770-1834)
eine auf 184 Seiten gekürzte deutsche Version mit allen Abbildungen des Originals unter dem
Titel „Die Kunst der rednerischen und theatralischen Declamation“25 in Leipzig. Das als
Handbuch für Redner und Schauspieler gedachte Werk nennt in Kapitel XIII mehrere „Stel-
lungen und Bewegungen der Hände“, die Gebetshaltungen sind. Es sind auf den Tafeln 13
und 1426 (Abb. 5) die Figuren:
Fig. 75: Aneinander gelegte Hände, „wenn die flachen Hände zusammengedrückt und die
Finger und Daumen gegenseitig auf einander gelegt sind“.
Fig. 76: Zusammengelegte, oder ineinandergreifende Hände, „wenn die Finger alle zwischen
einander eingreifen, und die Hände dicht zusammengedrückt sind, besonders an den Ballen
der Daumen und an dem fleischigen Muskel unter den kleinen Fingern, in ihrer ganzen Länge
bis zu den Gelenken“.
Fig. 77: Gekreuzte Hände, „wenn eine Hand an die Brust und die andre kreuzweise über sie
gelegt ist“.
Fig. 80: Sich berührende Hände, „wenn die Fingerspitzen jeder Hand leicht in Berührung ge-
bracht sind“.
Die Figuren 78, 79 und 81 kann man lediglich als „Andachtshaltungen“ verstehen.
III.
Die erste Forschungsarbeit zu Gebetshaltungcn stammt wohl von dem Karlsruher Theolo-
gen und Gymnasiallehrer Karl Friedrich Vierordt (1790-1864)27, der 1851 seine Abhandlung
„De junctarum in precando manuum origine indogermanica et usu inter plurimos Christianos
adscito quaestionem indici lectionum“ veröffentlichte. Mit fünf Stichen ließ er eine eigene
Bildfolge illustrieren. Die fünf Handhaltungen (Abb. 6) benannte er folgendermaßen:
IA: „manus manui arcte conserta“,
1B: „manus cava cavae adplicata“,
II: „manus manuum extremis digitis fangens“,
III: „manus manui pectinatim immissa“,
IV: „manus manui decussatim imposita“.
Alle Handhaltungen könnte Vierordt, da er die vor 1500 entstandenen Originale kaum kannte,
an Grabdenkmälern28 in den von ihm genannten Handbüchern studiert haben. Unter den ihm
bekannten Kunstwerken ist nur ein Rittergrabdenkmal: das nur als Halbfigur abgcbildete des
Herzogs Berthold V. im Freiburger Münster. Vierordt29 glaubte, daß das Händefalten durch
Germanen nach Europa gekommen sei und daß sich eine der ältesten Darstellungen betender
Germanen auf der Theodosius-Säule30 in Konstantinopel befunden habe. Für Grabmäler lie-
gender Ritter sind nur die ersten vier verwendbar.
25 1970 erschien davon in Hanau ein Nachdruck mit einem Nachwort von Hans Pfeifer.
26 Die Beschreibungen im Nachdruck 1970, 109 f.
27 Karl Friedrich Vierordt, De junctarum in precando manuum origine (Carlsruher Lyceums-Programm), Carls-
ruhae 1851; Christian Friedrich Gockel, Dem Andenken an Carl Friedrich Vierordt (Beilage des Carlsruher Ly-
ceums-Programms für das Schuljahr 1864/65, Carlsruhe 1865, 1-56, 53.
2! GockeVVierordt 1865, 28-31.
29 Vgl. Karl Friedrich Vierordt, Das Händefalten im Gebet, in: Theologische Studien und Kritiken 16 (1853) 89-
93.
30 Zur um 1510 zerstörten Siegessäule des Theodosius vgl. Wolfgang Müller-Wiener, Bildlexikon zur Topogra-
phie des antiken Istanbuls, Tübingen 1977, 264/265. Rudolf Stichel, Kaiser Theodosius I. „melior Traiano“, in:
Ralph Einicke u.a. (Hg.), Zurück zum Gegenstand - Festschrift Andreas E. Furtwängler, Langensaßbach 2009,1
151-158.