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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 13.1919

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Völpel, Robert: Zum Formproblem der antiken Tragödie
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https://doi.org/10.11588/diglit.3622#0199
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194

BEMERKUNGEN.

* Oidipus—... Oidipu

' Priester-J Chor

Kreon||| Teiresias|

84 66 ( 66 J

Oidipu s-
Chor Kreon----------

Jokaste-

©

Diener

Jokaste.

84 163 f 50 1 18 100 18

27

27 47 109

Chor
U 1

44

Bote-

Oidipus-----------------------------

13 26 123 13 (20 } 13 63

KU

b) Exposition Epeisod I

Exaggelos Oidipus.
Chor

©

74

15

41

tj Beginn der
Anagnorisis

Kreon
47 113

„Vollendung £ d
der Anagnor.

84 66 ( 66 ] 84 163 ( 50 J 163 74 109 J 44 J 162 109 [36
KU Teir. I VZ^Kreon | \_J Jok. | Vi.

Die erste Szene hat wie in der Elektra 84 Verse. Die Responsion innerhalb der

D

Exposition ist klar: Schema a b b a, 84.

66. {66

v::

6 J84 -

300 Verse. Während Elektra

außer in der Prologszene beständig auf der Bühne ist, wird die Handlung des Oidipus
belebter durch die Chöre bei leerer Szene; der kurze vierte Chor macht hiervon eine
Ausnahme. Dieser Chor ist ebenso in die Responsion einzubeziehen wie die Chöre in
der Elektra, während die bei leerer Szene gesungenen hier außer Responsion stehen.
In der Elektra ist die Entwicklung der Handlung durchaus in die Seele der Elektra
gelegt. Ihre icpoatpeai« ist, Rache zu nehmen für die Ermordung ihres Vaters; sie
hofft also auf die Rückkehr ihres Bruders Orest, den sie nicht von Angesicht kennt.
Da hört sie den erdichteten Bericht vom Tode des Orestes an und beschließt nun,
selbst den Tod des Agamemnon zu rächen. Der tiefen Niedergeschlagenheit ihrer
Seele folgt die jauchzende Freude, als sich ihr Orest zu erkennen gibt. Nun muß
die Tat geschehen. Klytaimnestra ist durch den Bericht sicher gemacht, Aigisth ist
herbeigelockt durch ihn; die blutigen Ereignisse selbst sind in den kurzen Exodos-
szenen zusammengedrängt. Der Umschwung der Handlung liegt in der Erkennung
des Orest, zur Anagnorisis steigt die ^Handlung an, von ihr fällt sie wieder. Die
Responsion der Teile, die durch die Vollendung der Anagnorisis gegeben ist, kann
also in jenem Drama nicht zufällig sein; der antike Theoretiker der Kunst ging von
ihr aus, weil der antike Dichter bewußt die Gestaltung der Handlung von ihr aus
anlegte. Der Oidipus tyrannos nun läuft auf eine doppelte Anagnorisis hinaus:
Oidipus will den Mörder des Laios finden und muß erkennen, daß er selbst den
Laios erschlagen, ja daß er seinen Vater in ihm erschlagen hat. Die Exposition bietet
die icpoaipsat? des Oidipus, den Mörder des Laios zu finden. Die Enthüllungen des
Sehers bringen psychologisch notwendig den Oidipus gegen Teiresias und Kreon
auf. Jokaste sucht die Autorität der Mantik zu entkräften und erzählt, wie das Orakel,
das dem Laios gegeben war, sich auch nicht erfüllt habe; denn der sei ja von Räu-
bern an einem Drei weg erschlagen worden. »An einem Dreiweg! Wo ist der Drei-
weg? Wann ist es geschehen? Wie sah Laios aus? Wie reiste er? Allein oder
in Begleitung?« »Mit fünf Begleitern.« Eins knüpft sich ans andere. In einer
Szene von atemraubender Spannung wird es dem Oidipus gewiß, daß er selbst den
Laios erschlug: alai, xäS5 rfi-q Siaipav-rj, mit diesem Verse ist die erste Anagnorisis
eingetreten. Aber Oidipus hält sich ja für den Sohn des korinthischen Königs-
paares, so läuft die Handlung nun auf die zweite Anagnorisis hinaus, daß er der
Sohn des Laios ist. Der Bote aus Korinth zerstört seinen bisherigen Glauben, der
 
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