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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 13.1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.3622#0415
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410 BESPRECHUNGEN.

Einfluß erwähnt, den der »Versuch einer deutschen Prosodie« (Berlin 1786) von
K. Ph. Moritz auf Goethe gehabt hat (S. 62, 175 ff.), und dabei sei zugleich auf die
von Koch im Anschluß an dessen Lehre (S. 182 ff.) gemachten Ausführungen über
deutsche Bezeichnungen in der deutschen Verslehre hingewiesen.

»Wie eine ewige Krankheit schleppen sich in den Gesetzbüchern deutscher
Versmessung die griechischen und lateinischen Ausdrücke Jambus, Trochäus, Cäsur,
Diärese usw. fort, und bis zum Überdruß wird immer wiederholt, daß alle diese
Wörter im Deutschen etwas ganz anderes bedeuten als in den alten Sprachen.«
Weggefegt wissen möchte er »diese traurigen Reste langer lateinischer Verbildung«.

Ich darf da neben den von Koch genannten Versuchen, ein zweckentsprechen-
des deutsches Genam zu schaffen, die von Moritz, Perschke, Grotefend und Schmecke-
bier gemacht sind, sich aber nicht haben durchsetzen können, wohl noch den
meinen erwähnen, der zuerst in der »Bindung der deutschen Rede« (Berlin 1916)
ausgeführt ist.

Wie ich schon zum Teil in einem kleinen Aufsatz »Deutsche Zeilfußnamen«:
(Lehrerfortbildung, 1918) näher dargestellt habe, erscheinen mir jetzt folgende — im
einzelnen zwar neue, der Hauptsache nach aber unveränderte — vor allem kürzere
Bezeichnungen als noch brauchbarer.

Die zwei- und dreisilbigen Füße — ohne Rücksicht auf einen Unterschied der
Senksilben — heißen: Faller (Trochäus), Steiger (Jambus), Tanzer (Daktylus),
Woger (Amphibrachys), Springer (Anapäst). Beachtet man dagegen den Unter-
schied der — entweder unbetonten oder schwach betonten — Senksilben, so erhält
man je nach ihrer Art — zunächst von zweisilbigen Füßen — die näher be-
stimmten: Tieffaller (enden) und Flachfaller (Westwind), Tiefsteiger (Ge-
brauch) und Flachsteiger (umsonst), dann — an dreisilbigen Füßen—: 1. die
Tieftanzer (breitete), Tiefwoger (verwenden) und Tiefspringer ([war] tete
hier) — nur mit unbetonten Senksilben —, 2. die Flachtanzer (Reichtum und
[Macht]), Flachwoger (am Teich stehn) und Flachspringer ([war] noch nicht
reif) — nur mit schwachbetonten Senksilben —, 3. die Falltanzer (anhalten),
Fallwoger (durchwaten) und Fallspringer (überging) — wenn die Senksilben,
für sich betrachtet, fallen d. h. wenn die stärker betonte der schwächer betonten
voraufgeht — und endlich 4. die Steigtanzer (Unterschied), Steigwoger (Gefahr
sehn) und Steigspringer ([hiel]ten ihn auf) — wenn umgekehrt die Senksilben,
für sich betrachtet, steigen, d. h. wenn die stärker betonte der schwächer be-
tonten folgt.

Alle Füße mit einer schwach betonten Silbe können dann noch wie schon in
der »Bindung« unter dem Namen Schwebfüße (Sehwebfaller, Schwebsteiger,
3 Schwebtanzer, 3 Schwebwoger und 3 Schwebspringer) zusammengefaßt werden.

Der Vorteil dieses neuen Genams dem in der »Bindung« gegenüber liegt
1. darin, daß die mit Fuß zusammengesetzten Namen (Fallfuß usf.) fortfallen, daß
für den Obernamen jetzt vielmehr der den Unternamen (z. B. Tieffaller und Flach-
faller) gemeinsame Bestandteil, hier: Faller, gewählt wird, wofür man allerdings in
Kauf nehmen muß, daß die tiefen Füße jetzt auch durch dreisilbige Wörter (z. B.
Tiefspringer) benannt werden müssen, anstatt wie bisher durch zweisilbige (einfach:
Springer), und 2. liegt der Vorteil darin, daß dafür die lästigen zählenden Beiwörter
für alle dreisilbigen Schwebfüße fortfallen, ohne daß die neuen Hauptwörter länger
als die alten werden, d. h. daß z. B. statt der erste, der zweite und der dritte
Schwebtanzer jetzt nur noch kurz der Fall-, der Steig- und der Flachtanzer — nicht
einmal mehr der Fall-, der Steig- und der Gleich-seh web tanzer, wie ich in dem
Aufsatz über deutsche Zeilfußnamen noch vorschlug — gesagt zu werden braucht.
 
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