Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 15.1921

DOI Artikel:
Besprechungen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3623#0231
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
BESPRECHUNGEN. 227

galerie, der Albertina und des Stuttgarter Kupferstichkabinetts verwertet« (Vorwort
S. X). Leicht fällt die große Exaktheit in der Bilderbetrachtung auf: die Bild-
beschreibung zeichnet sich durch ihre Treffsicherheit aus. Mit Begriffen logisch
klarer Prägung dringt der Verfasser in die Struktur des Bildorganismus ein, nicht
ihn zerstörend, sondern seine Gesetzmäßigkeit im Sinne des esse est percipi er-
weckend: ». . . Kochs Landschaft ist dort wo sie sich erfüllt hat, normhaft. Damit
rückt sie in die Sphäre jener Kunst, die vom Beschauer mehr verlangt, als bloß
empfängliche Organe: nämlich den Sinn für die Gesetzmäßigkeit alles Lebendigen.
Die Schönheit dieses Gesetzes zu empfinden zwingt uns mit seiner Landschaft
Koch ...« (S. 88).

Um »die besondere Leistung Kochs als Gestalters der Landschaft ..., inwie-
fern Koch die heroische Landschaft, deren Schöpfer Poussin ist, erneuert hat«, darum
ist es dem Verfasser vor allem zu tun (S. X).

Um diese Untersuchung durchführen zu können, mußte auf Poussins Land-
schaftskunst zurückgegangen werden. Ihr ist ein eigenes Kapitel, das erste, gewidmet.
Es ist für den Aufbau der Studie von besonderer methodischer Bedeutung: der Ver-
fasser wollte erst die Poussin eigene Landschaftsform und seinen Weg zu ihr
(wenigstens skizzierend) darlegen und daraus eine Definition des Wesens der heroi-
schen Landschaft gewinnen — W. Friedländer, O. Grautoff, E. Magne hatten ihren
Werken über Poussin ein breiter genommenes Ziel gesteckt und waren deshalb diesem,
freilich am stärksten in die Tiefe führenden Begriff nicht mit der Schärfe der Haupt-
untersuchung nachgegangen. Von J. Gramms Arbeit (»Die ideale Landschaft«) aber
sagt (S. XI) der Verfasser, sie irre vom Wesentlichen ab. Darum das eigene Be-
mühen. Den methodischen Gesichtspunkt, von dem Stein dabei sich leiten ließ,
formuliert er scharf dahin: »ohne den Weg zu einer letzten Form klarzulegen, läßt
sich diese letzte Form nicht definieren« (S. X).

Mag nun auch diese methodologische Behauptung in der Form ihrer Aus-
schließlichkeit angefochten werden können, das bleibt bestehen: für den vorliegenden
Fall, wo es sich um einen Begriff aus dem Bereich des künstlerischen Gestaltens
handelt, nicht um einen urtümlich-formalen, sondern um einen mit einem bestimmten
Lebensgefühl gesättigten, empfiehlt sich der genetische Weg, trotz des metaphysi-
schen Einschlages in jenem Begriff. Ja gerade das metaphysische Moment in ihm
•weist die Untersuchung auf diesen Weg, denn so gewinnt sie für ihren Gegen-
stand und dessen Gefüge eine empirisch nachprüfbare Unterlage: man kann
stufenweise sehen, wie das Heroische Gestalt gewann, wie der Künstler fortschrei-
tend, wenn auch mühsam, sich des Heroischen mit den ihm zu Gebote stehenden
Mitteln bemächtigte, und wie der Begriff des Heroischen, den man schließlich
gewonnen hat, mit der Gestalt des Heroischen, die der Künstler ihm verliehen
hat, verwachsen, ja gewachsen ist. Die längere Erstreckung des Weges zum Resultat
nützt seiner Reifung auch in der Weise, daß hiedurch der Gefahr, die in Frage
stehende Wesensbestimmung von einem zu knapp genommenen oder unrichtig ge-
wählten Bildmaterial abzulesen, mehr vorgebeugt ist. Und in der Tat macht der
Verfasser auch geltend, daß bei der Bestimmung des Stiles der heroischen Land-
schaft, die Poussin geschaffen, nicht die »Polyphem-Landschaft« in den Vordergrund
gestellt werden darf (S. 16, 38), wie es sich bei Friedländer (N. Poussin, S. 95 f.)
findet.

Und nun des Verfassers eigene Auffassung vom Wesen der heroischen Land-
schaft bei Poussin und bei Koch, soweit ihre Besprechung an dieser Stelle von
Interesse sein kann. An einer der Hauptstellen (S. 16 f.) schreibt der Verfasser:
■ »... gerade die Überwindung jenes romantischen oder wissenschaftlichen Hanges
 
Annotationen