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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 15.1921

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Adama van Scheltema, Frederik: Beiträge zur Lehre vom Ornament
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https://doi.org/10.11588/diglit.3623#0430
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426 F. ADAMA VAN SCHELTEMA.

nung. Über den engen inneren Zusammenhang dieser beiden Vor-
gänge später einige Worte.

Das neue Ziel, das die Kunst des Bronzealters sich setzt, tritt
schon bei einer Betrachtung der Keramik selber in die Erscheinung,
obwohl diese nicht mehr die Trägerin der neuen Form ist und inso-
fern auch unser Interesse hier nur nebenbei beanspruchen darf. Die
verschiedenen Gruppen der Bronzezeitkeramik gehen außerordentlich
auseinander, sie zeigen aber alle einen gleichen Unterschied der Stein-
zeit gegenüber dadurch, daß das geradlinige Ornament, das uns im
Laufe der dritten Phase reif schien, sich abzutrennen, nun in der Tat
abgestoßen oder doch höchstens nur geduldet wird. Dagegen greift
man wieder ganz allgemein auf das primitive Tupfenornament zurück,
schneidet und stempelt ein geometrisches Ornament tief ein (Zellen-
schnitt in Frankreich, »geschnitzte« Gefäße Süddeutschlands), arbeitet
gerne mit plastischen Verzierungen, Riefen oder Buckeln, die zu spitzen
Hörnern auswachsen können (Lausitzer Buckelkeramik). Noch bezeich-
nender ist, daß man in einigen keramischen Gruppen, besonders in
Süd- und Mitteleuropa, nicht mehr von der natürlich gegebenen Zweck-
form ausgeht und diese nachträglich mit einem eingeritzten oder auf-
gemalten Ornament verziert, sondern daß man die Form selber stili-
siert und dabei vielfach auf jede weitere Verzierung verzichtet. Der
Träger selber unterzieht sich einer Formveränderung, das Gefäß wird
von Grund auf neu aufgebaut, nicht nach den natürlichen Anforde-
rungen, sondern nach einem künstlerischen Grundsatz, der alle Teile
beherrscht, sie nach einem vorgefaßten Plan scharf einander gegen-
überstellt und durch kantige Profile trennt, die oft durch das Auf-
einanderstoßen von konkaven und konvexen Teilen entstehen — das
natürlich-keramische, weiche, runde Profil geht verloren. Man hat in
diesen Formen, die schließlich in die bekannten schönen Typen der
klassischen Keramik münden, den Einfluß von Metallgefäßen sehen
wollen. Das ist zum Teil sicherlich unrichtig, denn eine solche scharfe
Profilierung und künstlerische Unterscheidung der Teile finden wir
schon in der frühesten Metallzeit Spaniens (El Argar), wo von Metall-
gefäßen noch keine Rede sein kann. Unter dem Gesichtspunkt einer
solchen Stilisierung der Zweckform ist weiter die Hypertrophie ein-
zelner Teile zu betrachten: Henkel mit flügelartigen Auswüchsen (Ansa
lunata der Terramaren, Böhmen); auch die soeben erwähnte Buckel-
keramik könnte in diesem Zusammenhang genannt werden. Eine be-
sondere Form dieses Verlassens der natürlichen Gestalt und ein Über-
greifen in das Gebiet der bildenden Kunst bedeuten schließlich die
Hausurnen der späteren Bronzezeit und die anthropomorphen Urnen,
die im Süden (Troja) gleichzeitig mit dem Erscheinen der Metalle auf-
 
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