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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 24.1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.14171#0075
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BESPRECHUNGEN.

59

in Deutschland (denn dieses hat entscheidend auf Ungarn eingewirkt!) bereits eine
blühende Disziplin, und man beeilte sich die verschiedenen Richtungen nachzuahmen,
welche aber hierzulande viel zu schnell wechselten, um tiefere Spuren hinterlassen
zu können. So können wir erst seit der zweiten Hälfte des XIX. Jahrhunderts selb-
ständigere Werke auf diesem Gebiet verzeichnen. Alitrovitsch teilt dementsprechend
sein Werk in 4 Abschnitte: 1. Die Zeit der Bahnbrecher, 2. Der Romantizismus,
3. Der Realidealismus, 4. Das neue Jahrhundert.

I. Gleich die allerersten Versuche zeigen teils französische (Voltaire, Seron de
la Tourt), teils deutsche (Voß, Sulzer) Einflüsse. Das erste System stammt von
dem Jesuitenpater G. Szerdahelyi (Aesthetica 1778), in welchem er neben Baum-
garten, Sulzer, Meier, Riedel, Batteux auch die antiken Klassiker ausbeutet. Der
Führer der großen ungarischen Spracherneuerung F. Kazinczy steht in seinen
Kritiken unter dem Einflüsse des alten (Horatius) und neuen Klassizismus (Goethe)
und nebenbei kannte er gründlich das Sulzersche Lexikon.

II. Der erste bedeutende obwohl eklektische Ästhetiker der zweiten Epoche ist
der Dichter F. K ö 1 c s e y. Er beginnt unter französischem Einflüsse, wendet sich
dann aber immer mehr Lessing, Schiller, Jean Paul, Bouterwek und Fr. Schlegel
zu. Kants Einfluß zeigen Aurel Dessewfy, St. Marton, S. Köteles (die beiden
letzteren folgen besonders den Spuren Krugs), dasselbe tut aber mit mehr Kritik
S. Fabriczy. Bouterweks Anhänger ist M. Greguß, während S. B r a s s a i zuerst
auf die Wichtigkeit des psychischen Prinzips und die induktiven Methoden hinweist.
Unter Schellings Einfluß stehen: J. Varga, S. Almäsi-Balogh und besonders
L. S c h e d i u s. Zugleich beginnen in dieser Zeit die dichterische Praxis und die
ästhetische Besinnung sich einander zu nähern, und das literarische Leben bringt
seine eigenen Theorien hervor, so die Dichter: Bajza, Vörösmarty, Eötvös. Und
besonders vertieft sich die Verbindung von Literatur und Theorie in der Behandlung
der Frage des Idealen und des Individuellen; für das letztere sprechen sich Hensel-
mann und Erdelyi aus, während G. Szontagh für das „Ideale" plädiert.

III. Zur Zeit des Idealrealismus ist der erste bedeutende Ästhetiker Aug. Gre-
guß (f 1882), besonders unter Einfluß von Schelling, Solger, Schopenhauer, später
auch Herbarts stehend, versucht er eine Verbindung des objektiven Idealismus mit
dem psychologischen Subjektivismus. Aber immer siegreicher dringt die psycho-
logische Richtung vor, wie dies besonders bei den Dichtern A r a n y und G y u 1 a i
zum Ausdruck kommt. Letzterer ist bis zu seinem Tode (f 1909) der gefürchtetste
Kritiker der Epoche, neben ihm S. Komeny und F. Salamon. Nicht unerwähnt las-
sen wir die jetzt beginnenden thomistischen Bestrebungen (Martin, Piszter). Viel
wird auch auf dem Gebiete der Poetik gearbeitet. Das bedeutendste Werk auf diesem
Gebiete ist „Das Tragische" (1885) von Z. Beöthy (heute schon überholt); daneben
Eug. Räkosi und der genialste, früh verstorbene Ästhetiker dieser Epoche:
Eug. Peterfy.

IV. In der letzten Epoche finden wir ein eifriges Wirken auf sämtlichen Ge-
bieten der Ästhetik. Besonders erwähnenswert ist die eindringende Analyse des
nationalen Kunstgeistes von Z. Beöthy, K. P ek är, J. M i t r o vi cs, G. Mol-
när u.a.; die ungarische Verstheorie untersucht L. Negyesy. In der allgemeinen
Theorie finden wir die verschiedensten Richtungen vertreten. In psychologischer Rich-
tung arbeiten: B.Alexander, L. Denes, Fr. Riedl, P. Pitroff, S. Szemere und
J. Mitrovics; der biologischen Richtung folgen: K. Pekär, O. Schiller. Als deka-
dente sind zu bezeichnen: G. Lukäcs und B. Baläzs. Auf werttheoretischem Ge-
biet leisten Hervorragendes K. Böhm und seine Schüler (Bartök, Tankö u. a.),
während der bedeutendste ungarische Philosoph der Gegenwart, Universitätspro-
 
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