Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 24.1930

DOI Artikel:
Besprechungen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14171#0265
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
BESPRECHUNGEN.

249

(S. 260). Das Innerste des Geistes aber ist, wie oben schon gesagt wurde, die gei-
stige Eurhythmie mit den für uns faßbaren Vibrationen des Schönen, Wahren und
der Liebe (S. 70; vgl. 15).

Die Loslösung des Künstlerischen von der objektiven Wirklichkeit (S. 73, 77),
der Begriff des Zeichens und seiner suggestiven Funktion rücken Audras Auf-
fassung vom Künstlerischen doch wohl heran an die Lehre vom realen Schein als
dem Wesen des Ästhetischen (Schiller — von Hartmann — Volkelt). Dem ent-
spricht — nach der anderen Seite — die Betonung der relations du concret et de
l'abstrait im Sinne der von der spekulativen Endform noch unberührten Stelle:
L'artiste ... doit degager des physionomies typiques ... reveler ce qui, dans les
phenomenes, contribue ä provoquer la Vibration spirituelle du Beau (S. 47; vgl.
nach der metaphysischen Seite: ... une vie, penetre la nature entiere et, lui donne
sa beaute ... 244. Dagegen S. 33, 77 weniger im Sinne eines „konkreten Idealis-
mus", um mit von Hartmann zu reden.) Dem entspräche auch die Betonung des
Ausdrucks im Sinne der formalen Gestaltung im Dienste des Wesenhaften. Dar-
über legt sich freilich der schon wiederholt betonte Intellektualismus, so sehr der
Verfasser programmatisch bedacht ist, dem sinnlichen Faktor — mehr als dem
emotionalen — sein Recht zu sichern (S. 171 La sensibilite ... est par excellence la
faculte esthetique, 50, 107, 135, 137, 167, 183, 169, 197, 255), und schließlich die
spiritualistische Metaphysik (S. 259 f.), die das Sinnlich-Anschauliche entwertet.
Nicht erst im Abschluß des Systems gewinnt das Spekulative die Herrschaft, schon
die anthropologische Grundlegung mündet, scheint mir, ins Spekulative. Mit voller
Bestimmtheit geht der Verfasser von den psychologisch gegebenen Tatsachen aus
(S. 16) und führt die Struktur des Kunstwerkes genetisch wie inhaltlich auf die
Grundkräfte des Menschenwesens zurück. So wertvoll die Beziehung des Kunst-
werkes auf das Ganze des Menschenwesens ist, es bleibt doch die Frage, ob diese
Beziehung zum vollen Strukturzusammenhang erhoben ist, ob die Ableitung der
Struktur des Kunstwerkes über die auf einer Kausalität überhaupt beruhende mehr
oder weniger große Analogie hinausgeht, zumal wenn das wichtige Glied der Ab-
straktion nicht als rein ästhetische ausgesondert und erwiesen ist. Dort wo der
Verfasser den Strukturzusammenhang noch zu vertiefen sucht: L'homme edifie son
oeuvre comme la nature l'edifia lui-meme (S. 254), erscheint der Geist: Tartiste
monte pusqu'ä son principe; il decouvre l'Esprit en qui l'harmonie vibre eter-
nellement (S. 255). Das ist nicht mehr der Geist im Sinne der empirischen Grund-
legung. Es heißt denn auch: De son ascension eperdue, il rapporte une foi pro-
fonde, nee de son Observation incisive. Gegenstand dieser Schau war das Wesen
des Geistes. Aus ihr folgt die Erkenntnis des Gesetzes der Eurythmie nach Inhalt
und Umfang (S. 255). Damit ist das Formale, das Abschließende der Struktur,
nicht positiv-empirisch begründet (vgl. S. 16 le pouvoir d'abstraction ... ce pou-
voir d'equilibre et d'unite). Der Geist in spekulativem Sinne ist die letzte Gewähr:
l'aboutissement deh'nitif de l'art est dans l'esprit. Dem entspricht es, wenn die Ein-
führung in die reinen Prinzipien der Ästhetik bezeichnet wird als une Ouvertüre
de l'esprit (S. 14; vgl. 10), als une invitation ä etablir des rapports (S. 14)
und wenn für sie Evidenz beansprucht wird (S. 14; 12 schwankend). Selbst
die der spekulativen Richtung in Audras philosophischem Denken entgegen-
gesetzte positivistische Richtung (etwa Comte-Renouvier, gegenwärtig bereits die
ältere französische Richtung in Frankreich), die die anthropologische Ableitung
des Zusammenhangs: menschliche Organisation — künstlerische Struktur philo-
sophisch stützt durch den Satz des Protagoras (S. 12) und die den Menschen von
allem Absoluten ausschließt (S. 12; vgl. 46). in den Kreis seiner Organisation ihn
einschließend (S. 11, 33; vgl. 61, 66, 74, 197, 243, 251), lockert sich zunächst
 
Annotationen