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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 25.1931

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Kampmann, Wanda: Goethes "Propyläen" in ihrer theoretischen und didaktischen Grundlage
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https://doi.org/10.11588/diglit.14174#0062
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WANDA KAMPMANN.

giöser Kunst schon vollzogen war. Die romantische Kunstphilosophie ist
also nur der Hintergrund, noch nicht die Angriffsfläche für die didak-
tische und polemische Seite der „Propyläen".

Seitdem Harnacks optimistische Würdigung der klassischen Kunst-
anschauung1) sich als unzulänglich erwies, wechselten positive und nega-
tive Urteile ab, je nachdem Goethes theoretische Schriften, die gewiß an
der Peripherie seines Welt- und Lebenskreises liegen, von kunstwissen-
schaftlicher oder literarhistorisch-biographischer Seite aus betrachtet wur-
den. Das kunstgeschichtliche Urteil wurde lange bestimmt durch den völ-
ligen Mißerfolg der Weimarer Kunsttätigkeit, die mittelmäßige Talente
unterstützte und die bedeutenden jener Zeit verkannte. Erst Waetzoldts
Werk „Deutsche Kunsthistoriker" konnte Goethes Aufsätzen über Werke
der bildenden Kunst wieder die überragende Stellung in der Entwick-
lung der ästhetischen Erkenntnis und kunstgeschichtlichen Begriffs-
bildung anweisen, ein Ergebnis, das um so wichtiger ist, weil nicht das
Gesamtbild Goethes das Urteil bestimmte, sondern Wert und Gewicht
seiner Gedanken im Rahmen einer Wissenschaftsgeschichte.

Hier war es dagegen nur um die Interpretation eines einzelnen, nicht
sehr einheitlichen, in seiner Bedeutung problematischen Werkes zu tun,
das vom Standpunkt der Kunstgeschichte aus nicht zu den führenden und
wegweisenden gehört, sondern zu den rückwärts gewandten. Erst aus dem
Zusammenhang mit Goethes naturwissenschaftlichen Gedanken und aus
der lebendigen Verwurzelung im Weltbild der Renaissance ist das Ab-
strakte und Lehrhafte der Propyläen-Aufsätze zu deuten und zu begrei-
fen. Auch das vom Mittelpunkt Entfernte ordnet sich so unter Gesetze,
die eine von Grund aus geformte Welt allseitig umspannen.

J) O. Harnack, Die klassische Ästhetik der Deutschen, Leipzig- 1892, und:
Goethes Kunstanschauuung in ihrer Bedeutung für die Gegenwart, Goethe-Jahrb. XV.
 
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